Einem Redakteur des Freiburger Radios Dreyeckland wird Unterstützung einer »verbotenen Vereinigung« vorgeworfen

Anklage gegen linken Journalisten zugelassen

Damit hat es eine Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe aufgehoben, die am 16. Mai die Anklage gegen Kienert abgelehnt und ihm bescheinigt hatte, nur seine journalistische Arbeit gemacht zu haben. Diesen Beschluss hatten die Anwälte von Kienert als Erfolg für die Pressefreiheit bewertet. In der jetzigen Zulassung der Anklage durch das OLG Stuttgart sieht David Werdermann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) einen Rückschlag.

Der Straftatbestand, der Fabian Kienert vorgeworfen wird, lautet auf »Unterstützung einer verbotenen Vereinigung«. Der Journalist des Freiburger Senders Radio Dreyeckland hatte auf dessen Homepage im Juli 2022 das Archiv der Internetplattform linksunten.indymedia verlinkt. Diese war vom Bundesinnenministerium als vermeintlicher Verein mit »linksextremistischen« Bestrebungen verboten worden. Kienert hatte den Link zum Indymedia-Archiv unter einen Artikel gesetzt, der vermeldete, dass die Verfahren gegen die angeblichen Betreiber*innen der Plattform eingestellt worden seien. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat jetzt mitgeteilt, dass es …

…. die Anklage gegen Kienert mit der Begründung zugelassen hat, dass er der ihm vorgeworfenen Tat hinreichend verdächtig sei. 

Damit hat es eine Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe aufgehoben, die am 16. Mai die Anklage gegen Kienert abgelehnt und ihm bescheinigt hatte, nur seine journalistische Arbeit gemacht zu haben. Diesen Beschluss hatten die Anwälte von Kienert als Erfolg für die Pressefreiheit bewertet. In der jetzigen Zulassung der Anklage durch das OLG Stuttgart sieht David Werdermann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) einen Rückschlag. Mit der Anklage wolle sich die Justiz »gegen Kritik am Verbot von linksunten.indymedia immunisieren«, sagte der Jurist am Dienstag »nd«.

Die deutschen Behörden hatten die Plattform als »einflussreichstes Medium der linksextremistischen Szene in Deutschland« und als »Forum für gewaltbereite Autonome« klassifiziert. 2017 ließ der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) die Plattform nach den teilweise militanten Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg verbieten. Im März 2023 waren die Klagen von fünf Freiburger*innen gegen die Abschaltung aus formalen Gründen zurückgewiesen worden.

Die Kläger*innen, die die Justiz als vermeintliche Betreiber*innen der Plattform darstellt, hatten bestritten, dass sie einem Verein linksunten.indymedia angehören, den das Innenministerium für das Verbot konstruiert hatte. Daher seien sie auch nicht klageberechtigt, entschied das Bundesverwaltungsgericht Leipzig. Damit blieb ungeklärt, ob das Verbot juristisch gerechtfertigt war.

Alle Verfahren gegen die Personen, die von den Ermittlungsbehörden als für die linke Plattform Verantwortliche ausgemacht wurden, sind mittlerweile eingestellt worden. Das lag auch an guten Verschlüsselungsprogrammen. Den Ermittlungsbehörden ist es nicht gelungen, die Daten verschiedener Laptops auszuwerten, die bei den Razzien im Zusammenhang mit dem Verbot der Plattform beschlagnahmt worden waren. Doch noch könnte in diesem Zusammenhang weiter ermittelt werden.

Das OLG Stuttgart hat in der Begründung für die Zulassung der Anklage erklärt, es sei »überwiegend wahrscheinlich«, dass die verbotene Website linksunten.indymedia noch existiere. Auch mehr als zwei Jahre nach der Verbotsverfügung sei darin eine verbotene Betätigung des Vereins erkennbar, so das Gericht.

Die Bloggerin Detlef Georgia Schulze, die juristische Verfahren analysiert, spricht von einem »Wiederauferstehungswunder auf deutsch-juristisch«. Sie warnt davor, zu optimistisch davon auszugehen, dass Kienert freigesprochen wird. Auch bestehe die Gefahr, dass die Hausdurchsuchungen in Wohnungen und am Arbeitsplatz Redakteurenvon Radio Dreyeckland für rechtmäßig erklärt werde. Die Entscheidungen über die Klagen der Betroffenen stehen dagegen noch aus. Peter Nowak