gata preta: Ich vermisse euch wie Sau. Eine Auseinandersetzung mit Flucht, Exil und Illegalität. Immergrün Verlag, Berlin 2022. 208 Seiten. ca. SFr. 15.00. ISBN: 9783910281028

gata preta: Ich vermisse euch wie Sau – Buch über linke politische Flucht in Deutschland

Wenn es um Flucht und Exil aus politischen Gründen in der Gegenwart geht, denken die meisten Linken nicht in erster Linie an Deutschland.

Dabei gibt es auch hierzulande Linke, die sich langjährigen Haftstrafen durch Flucht ins Ausland entzogen haben. So wie Ricardo, der seit Ende der 1990er Jahre in der ausserparlamentarischen Linken und der Graffiti-Szene in Dresden aktiv war. Ab 2006 produzierte er monatlich eine Livesendung beim Freien Radio Coloradio in Dresden.  Im Jahr 2007 war er an der Organisierung der Proteste gegen den G8-Gipfel in Rostock beteiligt. Grossen Wert legte er auf die …

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Regierende scheinen die Pandemiejahre schnell vergessen zu wollen. Das gilt auch für einen Großteil der Linken. Andere propagieren genau deshalb einen Bruch. Sie luden am 2. Juni zur Diskussion

Corona und die Folgen: Verschwörung an den Feuertonnen

Als die Antikriegslinke nach dem Ersten Weltkrieg den Bruch mit der Linken, die den Kriegskrediten zugestimmt haben, propagierte und auch durchsetzte, da hatte das eine gesellschaftliche Relevanz, weil große Teile der organisierten Arbeiterbewegung davon betroffen waren. Wenn 2023 vom Bruch mit der Linken gesprochen wird, bedeutet dass, das die Redaktion der Wochenzeitung Jungle World und einige andere linke Gruppen sich eine andere Stammkneipe gesucht haben.

Mit einer kleinen Meldung informierte der Deutschlandfunk, dass die Warnfunktion der Corona-App jetzt abgeschaltet wurde. Doch wen interessiert das noch? Besser könnte gar nicht deutlich werden, wie schnell große Teile der Bevölkerung in Deutschland die Pandemiejahre 2020 bis 2022 vergessen wollen. Nur schnell zurück zur Normalität ist die Devise. Und was macht die gesellschaftliche Linke? Die taumelte aus dem Corona-Lockdown in die regierungsamtlich ausgerufene Zeitenwende nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine. Auch dort gilt die Devise: Bloß nicht über die Corona-Jahre und vielleicht auch über die eigenen Fehler reden. Schließlich haben sich ja in den letzten drei Jahren politische Zusammenhänge zerstritten, Freundschaften gingen die Brüche. Doch nicht alle wollen über diese Jahre Schweigen, wie sich am 2. Juni im Berliner Veranstaltungsort Jockel zeigte. Dort lud die …

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Lina E. Ist verurteilt und vorerst auf freien Fuß. Das Antifa-Ost-Verfahren fordert auch zur Strategiedebatte im antifaschistischen Milieu heraus. Was genau ist radikal?

Urteile in Antifa-Prozess: Gewalt gegen Nazis – ein Reizthema

Antifaschismus radikal im Sinne von "an die Wurzel gehend" – und wann verkommen militante Aktionsformen zum Selbstzweck?

Seit Monaten hatten sich antifaschistische Gruppen auf den „Tag X“ vorbereitet – den Tag, an dem das Urteil im sogenannten Antifa-Ost-Verfahren gefällt werden sollte. Am Mittwoch, dem 31. Mai, war es so weit. Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden hat Lina E. und drei weitere Angeklagte zu Freiheitsstrafen verurteilt. Zudem sprach es mehreren Geschädigten Schmerzensgeld sowie Schadensersatz zu. Einen Teil der Vorwürfe sah der Senat jedoch nicht als erwiesen an. Die Angeklagte Lina E. wurde …

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gata preta: Ich vermisse euch wie Sau. Eine Auseinandersetzung mit Flucht, Exil und Illegalität. Immergrün Verlag, Berlin 2022. 224 Seiten, 12 EUR

Von Dresden ins Exil nach Mosambik

In dem Buch »Ich vermisse euch wie Sau« erinnern sich Genoss*innen an ihren Freund Ricardo aus der Antifaszene. Besonders beeindruckend sind die auf rund 35 Seiten dokumentierten Mails, die Ricardo in unregelmäßigen Abständen aus dem Exil an seine Genoss*innen schrieb. Aus ihnen lässt sich seine Stimmung ablesen, die zwischen Hoffnung und Verzweiflung schwankt.

Wenn es um Flucht und Exil aus politischen Gründen geht, denken die meisten Linken nicht in erster Linie an Deutschland. Dabei gibt es auch hierzulande Linke, die sich langjährigen Haftstrafen durch Flucht ins Ausland entzogen haben. So wie Ricardo, der seit Ende der 1990er Jahre in der außerparlamentarischen Linken und der Graffiti-Szene in Dresden aktiv war. Im Jahr 2007 war er etwa an der Organisierung der Proteste gegen den G8-Gipfel in Rostock beteiligt. Großen Wert legte er auf die Vernetzungsarbeit mit linken Projekten in kleineren Städten in Südbrandenburg. So war er am Aufbau eines Infoladens und Spätshop in Finsterwalde beteiligt. Zudem produzierte er ab 2006 monatlich eine Livesendung beim Freien Radio Coloradio in  Dresden. Im Jahr 2007 war er an der …

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Ukraine-Präsident zu Gast in Deutschland. Neue Rüstungslieferung beschlossen. CDU-Mann stellt Einsatz deutscher Waffen gegen russisches Gebiet zur Debatte.

Selenskyj-Besuch in Berlin, der Karlspreis und ein Vorstoß zum Kampf gegen Russland

Der Selenskyj-Besuch in Deutschland macht einmal mehr die Machtlosigkeit sämtlicher Fraktionen der Opposition gegen die Ukraine-Politik in Deutschland deutlich. Obwohl dieser Besuch seit Wochen bekannt war, gab weder in Berlin noch in Aachen relevante Manifestationen gegen jeden Nationalismus und jeden Militarismus. Was wäre denn ein besserer Termin für eine solche Kundgebung, als ein Tag, an dem neue massive Waffenprogramme vorgestellt werden? Und wo bleiben die außerparlamentarischen Gruppen, die sich in den letzten Jahrzehnten das Augenmerk auf den Kampf gegen jeden Nationalismus auf die Fahne geschrieben hatten?

Über Wochen hinweg wurde darüber gerätselt – erst am Samstag wurde offiziell bestätigt, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dieses Wochenende nach Berlin und zur Karlspreis-Verleihung nach Aachen kommt. Schon vor einigen Wochen gab es Gerüchte über einen Besuch, danach wurde wegen Geheimnisverrats gegen Personen ermittelt, welche die Meldung öffentlich gemacht hatten. Es ist ein ungewöhnliches Vorgehen, dass ein Präsidentenbesuch wie ein Staatsgeheimnis gehütet wird. Schließlich gibt es um Besuchen anderer …

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Neunter Mai: eine Niederlage für den Nationalsozialismus und seine Verbündeten

Vom neuen alten deutschen Geschichtsrevisionismus und steigenden Rheinmetall-Aktien

Der Jahrestag der Zerschlagung des Nationalsozialismus und seiner Verbündete wird in Deutschland immer mehr ein Festival des Geschichtsrevisionismus.

Positionen, die vor einigen Jahren noch im Umfeld der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit und deren Umfeld vertreten wurden, sind jetzt in der linksliberalen Taz zu lesen.  Dort waren in der Ausgabe vom 8. Mai solche Sätze veröffentlicht:  …

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Protest gegen Rüstungskonzern setzt trotz geringer Teilnehmerzahl Maßstäbe: Es geht nicht immer nur um den "Standort Deutschland". Kriegsprofiteure sollten beim Namen genannt werden.

Rheinmetall zu Altmetall: Alternativen zur deutschen Friedensbewegung

Die Demoroute führte dann an einem Werbeshop der Bundeswehr vorbei und endete am Brandenburger Tor. In dieser exponierten Lage nah am Parlament unterhält Rheinmetall sein Berliner Lobby-Büro. Es ist wenig bekannt und auch nicht besonders auffällig. Es ist funktional für die Interessen eines Konzerns, der zu den größten Kriegs- und Krisengewinnlern gehört. Der Ukraine-Krieg macht deutlich, dass noch immer stimmt, was die linke Arbeiterbewegung schon vor dem Ersten Weltkrieg gesagt hat. Wenn die Menschen in Kriegen fallen, geht es dem Kapital gut und die Aktienkurse steigen.

„Rheinmetall zu Altmetall“ schallte es am Dienstagnachmittag durch Berlins Mitte. Das antimilitaristische Bündnis „Rheinmetall Entwaffnen“ hatte die Jahreshauptversammlung des Rheinmetall-Konzerns des Konzerns am 9. Mai zum Anlass für eine antimilitaristische Demonstration genommen. Vor der Corona-Pandemie waren die Jahreshauptversammlungen direkt gestört worden. Das ist sicherlich ein Grund dafür, dass der Konzern auch im Jahr 2023 an einer …

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Herbert Obenland / Wolfgang Hien / Peter Birke, Das andere 1968. Von der Lehrlingsbewegung zu den Auseinandersetzungen am Speyer-Kolleg 1969–1972 Die Buchmacherei: Berlin 2022. 252 Seiten, € 15,00

Das andere 1968

Die Geschichte des Konflikts am Speyer-Kolleg beschreiben Hien und Obenland sehr anschaulich und kurzweilig. Sie berichten, wie sie sich bereits als Auszubildende bei der BASF politisierten. Sie waren Teil einer bundes- weiten Lehrlingsbewegung, über die heute selten berichtet wird – von einzelnen Ausnahmen abgesehen. Erinnert sei da an die bahnbrechende Studie Lehrzeit – keine Leerzeit, in der der Historiker David Templin die Geschichte der Lehrlingsbewegung in Hamburg in den Jahren 1968 bis 1972 aufgearbeitet hat. Für die meisten anderen Regionen steht eine solche historische Auseinandersetzung noch aus. Hien und Obenland leisten im ersten Teil des Buches einen Beitrag zur Erforschung der Lehrlingsbewegung in Südwestdeutschland.

Berlin, Frankfurt, Tübingen: Mit diesen Orten wird die 1968er-Bewegung assoziiert. Kaum jemand wird ausgerechnet Speyer mit dem Auf- bruch vor mehr als fünfzig Jahren in Verbindung bringen. Dabei hatte dieser auch dort Spuren hinterlassen, was in dem kürzlich im Verlag Die Buchmacherei erschienenen Buch Das andere 1968 beschrieben wird. Der Untertitel Von der Lehrlingsbewegung zu den Auseinandersetzungen am Speyer-Kolleg 1969–72 bekräftigt, dass Wolfgang Hien und Herbert Obenland ein gleich in mehrfacher Hinsicht „anderes“ 1968 beschreiben. In Speyer, einer Stadt, die von der Chemieindustrie geprägt war, ging es um den Kampf um Bildung auch für Kinder aus Arbeiter*innenfamilien. Gleich am Anfang des Buches bringt Herbert Obenland diese Unterschiede prägnant auf den Punkt: …

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Matthias Thaden: Migration und Innere Sicherheit. Kroatische Exilgruppen in der ­Bundesrepublik Deutschland 1945–1980. Berlin: De Gruyter, 2022

Krieg und Exil brütet Krieg und Exil

Matthas Thadens materialreiche Studie über das Wirken exilkroatischer Gruppen in Deutschland endet 1980. In einem der letzten Kapitel geht er auf die Kontakte zwischen rechten Kroaten und verschiedenen alt- und neofaschistischen Gruppen in der BRD ein. Mit Verweis auf das Antifaschistische Infoblatt erwähnt der Autor, dass diese Verbindungen in den 90er Jahren dazu führten, dass bekannte Rechte aus Deutschland auf der Seite Kroatiens gegen die jugoslawische Armee kämpften.

Sie warfen die Sprengkörper in die jugoslawische Handelsmission. Dann übergossen sie Möbel, Teppiche und Akten mit Benzin, sodass binnen weniger Minuten alles in Flammen stand. Der Hausmeister der Handelsmission wurde im Beisein seines 12jährigen Sohnes durch einen Lungenschuss getötet. Dieser Anschlag ereignete sich am 29.November 1962 in Mehlem bei Bonn und war der Höhepunkt der Terrorwelle von rechten exilkroatischen Gruppen. Sie konnten über Jahre in der BRD …

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Ukrainischer Präsident soll nach Berlin und Aachen kommen. Ein Massaker an Zivilisten wird dann wohl keine Rolle spielen. Werden Opfer geopolitischen Interessen geopfert?

Deutschland-Besuch: Selenskyj sollte sich zu Massaker von Odessa erklären

Es geht nicht darum, dass man mit den politischen Ansichten der Opfer konform gehen muss, es geht auch nicht darum, dass sie vielleicht von Russland oder anderen Ländern für ihre Propaganda instrumentalisiert werden könnten. Eine Linke, die keinen Staat machen will, beugt sich auch keinen Staatsinteressen und handelt unabhängig davon. Deshalb ist es positiv zu bewerten, dass das Datum des Massakers nicht ganz unbemerkt verstrichen ist.

Wenn der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Mitte Mai in Berlin empfangen wird, dürfte er von politischen Vertretern kaum mit der Frage konfrontiert werden, wann endlich die Hintergründe der Ereignisse aufgeklärt werden, die am 2. Mai 2014 zum Tod von 42 Menschen im Gewerkschaftshaus von Odessa führten. Die meisten Opfer verbrannten bei lebendigem Leib.  Zuvor bereits hatte es Straßenschlachten zwischen …

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Nachruf: Anne Allex arbeitete zu Marginalisierten gestern und heute

Stichwortgeberin und Forscherin

Bald machte sie auch die Erfahrung, als Erwerbslose der Willkür der Arbeitsämter hilflos gegenüberzustehen. Dabei richtete sie zunehmend den Blick auf die Geschichte von Ausgrenzung und Stigmatisierung armer Menschen. Auch eine Großmutter von Allex wurde als asozial verfolgt und ab 1936 als Zwangsarbeiterin bei Osram dienstverpflichtet. Allex hatte erst Mitte der 199er Jahre von der Dimension dieser Verfolgung erfahren. Seit dieser Zeit setzte sie sich für ihre Rehabilitierung ein.

Die Einführung von Hartz IV war 2005 von Protesten der unterschiedlichen Art begleitet. In Berlin spielte Anne Allex dabei eine wichtige Rolle als Stichwortgeberin und Autorin. Letzten Freitag ist sie im Alter von 64 Jahren ge- storben. Erste Nachrufe kamen nicht nur von Aktivist*innen aus der Selbstorganisation von einkommensarmen Menschen, wo sie als langjähriges Mitglied des Runden Tisches von Erwerbslosen- und Sozialhilfeorganisationen auch bundesweit aktiv war, sondern auch von Gedenkinitiativen, in denen sie sich in den letzten Jahren engagierte. In der DDR arbeitete Allex als Ökonomin vor allem in der Technologieforschung …

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Ewgenly Kasakow Spezialoperation und Frieden Die russische Linke gegen den Krieg Unrast-Verlag, 2022, 244 Seiten, 16 Euro,

Wer wird die Kinder begraben?

Ewgenly Kasakow stellt die russische Antikriegslinken vor, Wenige Stunden nach der Invasion hatte die libertäre Gruppe "Food not Bombs in einen Aufruf gefragt: “ Wer wird die Eingeweide mit den Händlern einsammeln, wem werden Arme und Beine durch Explosionen abgerissen, wessen Familien werden ihre Kinder begraben? Selbstverständlich betrifft dies alles nicht die herrschende Minderheit“. Diese bewegenden Fragen stehen im Aufruf, den die libertäre Moskauer Gruppe „Food not Bombs“ wenige Stunden nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine verfasst hat. Ein Jahr später haben diese Fragen noch an Eindringlichkeit gewonnen.

Ein Jahr nach dem Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine ist aus dem Konflikt ein Stellvertreterkrieg zwischen der Nato und Russland mit weiteren Eskalationspotential geworden. Auf beiden Seiten ist die Zahl der Opfer immens, nur die Toten auf der russischen Seite werden hierzulande kaum beachtet, wie auch die russische Antikriegsbewegung kaum bekannt ist. So wird der Eindruck erweckt, es gäbe jenseits von Navalny keine Opposition in Russland. Da ist es umso erfreulicher, dass der in Bremen lebende Historiker Ewgenly Kasakow im Unrast-Verlag ein Buch veröffentlicht hat, das sehr akribisch die unterschiedlichen Fraktionen der russischen Linke untersucht, die den Krieg gegen die Ukraine ablehnen.  Kasakow stellt die verschiedenen politischen Fraktionen der kriegsgegnerischen russischen Linken vor und gibt auch einen kurzen Überblick über deren …

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Matthias Thaden: Migration und Innere Sicherheit. Kroatische Exilgruppen in der Bundesrepublik Deutschland 1945–1980. De Gruyter, br., 347 S., 24,95 €.

Kroatische Exilgruppen in der BRD: Das falsche Auge zugedrückt

In einem der letzten Kapitel seiner materialreichen Studie geht Thaden auf die Kontakte zwischen rechten Kroat*innen und verschiedenen alt- und neofaschistischen Gruppen in der BRD ein, darunter die Deutsche Volksunion und die »Deutsche Nationalzeitung«, aber auch jüngere Neonazis. Mit Verweis auf das »Antifaschistische Infoblatt« erwähnt Thaden, dass diese Verbindungen in den 90er Jahren dazu führten, dass bekannte Rechte aus Deutschland auf der Seite Kroatiens gegen die jugoslawische Armee kämpften.

Als am Osterwochenende 2023 der Kongress »We want our world back« stattfinden sollte, intervenierte der Verfassungsschutz. Die Hamburger Universität kündigte daraufhin den Vertrag mit den Veranstalter*innen. Grund war die angebliche politische Nähe zur in Deutschland und in der Türkei verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Ein solches Vorgehen deutscher Staatsorgane reiht sich in eine lange Geschichte von Verfolgungsmaßnahmen gegen kurdische Strukturen ein. Grundlage sind die berüchtigten Paragraphen 129a und 129b des Strafgesetzbuches, die die Mitgliedschaft oder Unterstützung von in- und ausländischen terroristischen Organisatoren sanktionieren. So wurden langjährige Haftstrafen verhängt oder kurdische Literatur- und Musikverlage als angebliche Teilorganisation der verbotenen PKK verfolgt. Diese Repression gegen die kurdische Bewegung lässt sich nicht nur als deutsche Unterstützung für das autoritäre Erdogan-Regime in der Türkei erklären, sie gilt auch der Bestrebung, antikapitalistische und feministische Organisationsformen zu unterdrücken. Dieser Aspekt wird besonders deutlich, wenn man den Umgang westdeutscher Staatsapparate in ganz anderen Fällen, etwa mit rechten oder gar protofaschistischen Exilorganisationen, betrachtet: mit jenen Exilkroat*innen, die Anhänger des Ustascha-Regimes waren, einem engen Bündnispartner Hitlerdeutschlands. Diese kroatischen Exilgruppen einte der Hass auf Linke und Juden. Nachdem kurz vor Ende des Kriegs die jugoslawische Partisan*innenbewegung unter Tito die kroatischen Faschisten vertrieben hatte, fanden manche von deren Funktionär*innen Zuflucht in Nazideutschland. Nachdem der Nationalsozialismus besiegt worden war, konnten diese Personen vom beginnenden Kalten Krieg profitieren und fast unbehelligt in der Bundesrepublik agieren. München wurde ihre inoffizielle Hauptstadt. Bisher ist die Geschichte der rechten kroatischen Exilopposition in der BRD kaum aufgearbeitet. Insofern hat der Historiker Matthias Thaden mit seinem gut lesbaren Buch …

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Die Junge Alternative wurde als "gesichert rechtsextrem" eingestuft. Es ist bestenfalls naiv, wenn Linke das begrüßen. Warum der Verfassungsschutz kein Partner im Kampf gegen Rechts sein kann.

Es geht um Staatsschutz, nicht um Antifaschismus

Wer sich nun als Linker positiv auf diese Staatsschutzorganisationen beruft, vergisst wichtige Teile linker Theorie und Praxis. Dazu gehört die von antifaschistischen Gruppen aus Leipzig initiierte Initiative gegen jeden Extremismusbegriff. Es ist kein Zufall, dass man im Internet fast nur noch auf das Archiv und die sozialdemokratischen Kritiker der Initiative stößt, die eigentliche Kampagnen-Homepage aber kaum noch findet.

Besonders überraschend war es nicht, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative (JA), die rechte Denkfabrik Institut für Staatspolitik und die rechte NGO „Ein Prozent“ als gesichert rechtsextrem eingestuft hat. Erstaunlich ist eher, dass dieser Schritt auch von Teilen der Linken …

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SPD votiert knapp, CDU einstimmig für Koalitionsvertrag. Jetzt kann nur noch die außerparlamentarische Opposition gegensteuern – und Die Linke von der KPÖ in Salzburg lernen.

Berlin: Freie Bahn für Kapitalinteressen

Es zeugt eben auch vom Wesen der deutschen Sozialdemokratie, die in Frankfurt am Main einen jüdischen Reformsozialdemokraten Peter Feldmann sofort verstieß, als unklare Vorwürfe wegen Vorteilsnahme laut wurden, wie die Ökosozialistin Jutta Ditfurth gut analysierte. Einer von dem Sarrazin-Freund und SPD-Rechten Heinz Buschkowksy aufgebauten Giffey lässt die SPD vieles durchgehen, angefangen beim selbstverschuldeten Verlust ihres Doktortitels. Nun mag es in der SPD auch noch einige Reformpolitiker geben, die tatsächlich Giffey nicht nur den Machtverlust vorwerfen, sondern auch den Verlust der Möglichkeiten einer Reformpolitik mit Grünen und Linken.

Dass die Delegierten der Berliner CDU am Montag einstimmig für diesen Koalitionsvertrag votiert haben, nachdem sich beim Mitgliederentscheid der SPD nur 54,3 Prozent dafür erwärmen konnten, zeigt deutlich, wer hier den besseren Deal gemacht hat. Anders als die SPD ist die CDU dabei mit sich im Reinen. Die Mimik, mit der die scheidende Regierende Bürgermeisterin Berlins, Franziska Giffey, für die SPD das knappe Abstimmungsergebnis bekannt gab, spricht Bände: Sieger sehen anders aus. …

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