Dem Gesundheitsschutz Vorrang geben – Betriebe schließen – Spaziergangsverbote ad acta legen! von Detlef Georgia Schulze

Anti-Covid_effektiv (#ACe):

Seit Donnerstag gibt es die Petition „#ZeroCovid: Für einen solidarischen europäischen Shutdown“. Wir unterstützen die grundsätzliche Stoßrichtung. Da wir aber nicht alle For­mulierungen teilen; es für sinnvoll halten, die Forderungen konkreter sowie die Begrün­dung argumentativer und weniger beschwörend zu formulieren und es angebracht ist, auch auf die jüngsten Bund-Länder-Vereinbarungen vom 19. Januar einzugehen, gibt es nun diese zweite Petition.

In der Erwägung, daß

1. die einschlägigen statistischen Daten (insb. das Sinken der Zahl der Covid-19-IntensivpatientInnen) zeigen, daß die am 13. Dezember vereinbarten zusätzli­chen Infektionsschutzmaßnahmen (einschl. Schul- und Geschäftsschließungen) zu wirken beginnen; 

2. die gleichen Daten aber auch zeigen, daß das vorherige Herumdoktern am Pri­vat- und Gastronomiebereich bestenfalls zu einer Verlangsamung des Anstiegs der Zahl der mit SARS-CoV-2 Infizierten und der Folge-Indikatoren (Intensivpati­entInnen, Todesfälle) führte; 

3. die herbstliche Zögerlichkeit der RegierungschefInnen der Bundesländer im Ok­tober und November dafür verantwortlich ist, daß, 
◦ während es in den ersten rund 7 ½ Monaten Covid-19-Pandemie in der BRD bis Mitte Oktober weniger als 10.000 Covid-19-Todesfälle gab, 
◦ in den rund drei Monaten seitdem aber mehr als 30.000 Todesfälle hinzuge­kommen sind; 

4. die Zahl der Covid-19-IntensivpatientInnen in den zwei Wochen vom 3. Januar von 5.745 um rund 750 auf 4.992 am 16. Januar gesunken ist; 

5. ein weiteres Sinken mit dieser Geschwindigkeit aber bedeuten würde, daß es rund sechs weitere 2-Wochen-Zeiträume dauern würde, bis die Zahl der Covid-19-IntensivpatientInnen wieder auf dem Niveau der sommerlichen Werte von un­ter 300 liegt, und daß auch die Zahl der Covid-19-Todesfälle nur langsam sinken würde; 

6. mittlerweile neue Virusmutationen aufgetaucht sind, von denen zu befürchten ist, daß sie deutlich ansteckender sind als die bisher dominierende Virusvarian­te; 

7. es leichtfertig wäre, darauf zu warten, ob es auch in der BRD tatsächlich zu ei­nem erneuten Anstieg der Infektionszahlen kommt und dann erst zusätzliche In­fektionsschutzmaßnahmen zu ergreifen (denn diese würde sich wiederum erst mit mehreren Wochen Verzögerung auf die Todesfallzahlen auswirken); 

8. sich wechselseitige Ansteckungen in Privathaushalten praktisch nicht vermeiden lassen und es daher vor allem darauf ankommt, die Einschleppung von SARS-CoV-2 in die Haushalte durch außerhäusliche Ansteckungen zu vermeiden; 

9. die Lohnarbeitsplätze und Öffentlichen Verkehrsmittel auf dem Weg zur Arbeit und zurück nach Hause sowie zwangsweise eingerichtete Gemeinschaftsunter­künfte die letzten Bereiche sind, in denen sich das Zusammentreffen einer gro­ßen Zahl von Menschen und folglich die Infektionsrisiken vermindern lassen; 

10. die Bundeskanzlerin und die RegierungschefInnen auch in ihren jüngsten Vereinbarungen 
◦ nur vorsehen, daß „Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber überall dort, wo es möglich ist, den Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice ermöglichen müssen, sofern die Tätigkeiten es zulassen“ (wobei unklar bleibt, wer die Definitionsmacht über die doppelte Einschränkung [„wo es möglich ist“ / „sofern die Tätigkeiten es zulassen“] hat), 
◦ aber den Bereich der stofflichen Produktion bei den kontaktreduzierenden Maßnahmen weiterhin komplett außen vor vorlassen; 

11. die EigentümerInnen von Unternehmen für das Eintreten dessen, was sie an­sonsten als das von ihnen heldInnenhaft getragene ‚unternehmerische Risiko‘ bezeichnen (nämlich Umsatz- und Profiteinbußen aufgrund von ihnen nicht zu beeinflussender, äußerer Faktoren; hier: der Pandemie-Folgen), vom Staat großzügig entschädigt wurden und werden; 

12. Lohnabhängige für von ihnen pandemie-bedingt erlittene Einkommenseinbußen und Komplizierungen der Lebenssituation im wesentlichen nur mit einer Verlän­gerung der Kurzarbeitsgeld-Bezugsdauer und einer temporären Verminderung der Mehrwertsteuer entschädigt wurden; 

13. Wohnungen wieder zu Heimerwerbsarbeitsstätten regredieren; 

14. der häusliche Kinderbetreuungs- und Erziehungsaufwand angesichts geschlos­sener Schulen steigt; 

15. Menschen mit – wegen schlechterer Lebens- und Arbeitsbedingungen – auch schlechterem Gesundheitszustand, schlechtere Chancen haben, eine Infektion mit SARS-CoV-2 zu überleben,

fordern wir sofort:

Warum ist das wichtig?

1. die Schließung aller Produktionsstätten und ähnlichen Betriebe, in denen nicht für den täglichen Bedarf gearbeitet wird; 

2. die Verpflichtung der Unternehmen zur Lohnfortzahlung (im Falle des Konkurses der Unternehmen hat eine staatliche Entschädigung an Stelle der Lohnfortzah­lung zu treten); 

3. die Aufschiebung auch der Büroarbeiten, die nicht unmittelbar notwendig sind (statt deren Verlagerung in die Wohnsphäre) – ebenfalls bei Verpflichtung der Unternehmen und Behörden zur Entgeltfortzahlung; 

4. die Einführung eines Rechts von abhängig Beschäftigen, in eigener Sachkennt­nis zu entscheiden, ob die von ihnen auszuführenden, unaufschiebbaren Arbei­ten auch von zu Hause erledigt werden können; (*) 

5. die Verpflichtung der Unternehmen, die dafür erforderlichen Produktionsmittel zur Verfügung zu stellen und die erforderlichen Kosten zu übernehmen (Dienst-Com­puter; Dienst-Telefon; Kommunikationskosten etc.) und die teilweise Zweckentfrem­dung von Wohnungen in Form eines Mietzuschusses zu erstatten; 

6. in den notwendigerweise geöffnet bleibenden Betrieben und Behörden regelmä­ßige Kontrollen auf die Einhaltung von Gesundheits- und Arbeitsschutzvorschrif­ten durchzuführen; 

7. die Sammelunterkünfte für Geflüchtete aufzulösen und Rest-Freiheitsstrafen von weniger als einem halben Jahr zu amnestieren; 

8. die Beschlagnahmung leerstehender Hotels und Ferienwohnungen, um zügig Geflüchtete und Strafentlassene mit mehr Platz pro Person unterbringen zu kön­nen und Infizierten und eventuell Infizierten – auf Wunsch – ermöglichen zu kön­nen, sich getrennt von ihren Haushaltsangehörigen in Quarantäne begeben zu können, sodaß letztere nicht gefährdet werden; 

9. die Prüfungen an Schulen und Universitäten auszusetzen und das laufende Schuljahr in den Jahren 2021/22 für alle SchülerInnen zu wiederholen und das kommende Sommersemester an Universitäten auf den Winter zu verschieben (das Sommersemester kann statt dessen, soweit epidemiologisch vertretbar, zur Nachholung oder außerordentlichen Wiederholung von Prüfungen verwendet werden) sowie BaFöG-Zahlungen entsprechend zu verlängern; 

10. ein Entgeltzuschlag von 50 % für die Krankenhausbeschäftigten vom 1. Oktober 2020 bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Zahl der Covid-19-IntensivpatientInnen dauerhaft wieder unter 300 sinkt, sowie eines Sonder-Erziehungsgeldes von 500 Euro/Monat für die Dauer von Schul- bzw. Kita-Schließungen für Eltern mit Kin­dern unter 14 Jahren und einem unterdurchschnittlichen Haushaltseinkommen; 

11. die Versendung eines Gutscheins für eine 10er-Packung FFP2-Masken durch die Meldeämter an alle EinwohnerInnen der BRD und Verpflichtung von Apotheken, Supermärkten und Drogerien entsprechende Menge zertifizierter Masken vorrätig zu halten und gegen Vorlage des Gutscheins – zusammen mit einer mehrspra­chigen Anleitung zur Mehrfachverwendung/Desinfizierung der Masken – auszugeben; 

12. die Zwangslizenierung (= Erteilung der Befugnis zur Benutzung einer Erfindung auch ohne Zustimmung des/r ErfinderIn) der zugelassenen und künftig zugelassen werdenden Impfstoffe, um zusätzliche Produktionskapazitäten aufzubauen, sowie die weltweit gleichmäßige Verteilung der Impfstoffe nach Bevölkerungszahl; 

13. die Erhebung einer progressiven Covid-19-Abgabe auf Vermögen von mehr als 500.000 Euro sowie Einkommen und Unternehmensgewinnen von mehr 100.000 Euro im Jahr zur Finanzierung der pandemie-bedingten Ausgaben des Staates und der Sozialversicherungen sowie zur vorzeitigen Tilgung der pandemie-bedingt zusätzlich aufgenommenen staatlichen Kredite; 

14. wo bestehend, die Aufhebung nicht pandemie-bekämpfungs-dienlicher Vorschrif­ten, wie Verbote nachts alleine oder mit Angehörigen des eigenen Haushalts Joggen oder Spazieren zu gehen; 

15. die realistische Formulierung von Regelungen, die zwar pandemie-bekämpfungs-geeignet sind, aber sich eh nicht effektiv kontrollieren und durchsetzen lassen, als das, was sie sind: als Empfehlungen und Bitten – statt mit der (in dem Fall: leeren) obrigkeitsstaatlichen Geste des Ge- oder Verbotes.

Es wäre einfach, den ‚Wunschzettel‘ noch zu verlängern, aber dies sind die dringlichs­ten unserer Forderungen für die nächsten Wochen.

(*) Falls für erforderlich gehalten, könnte den Unternehmen und Behörden ermöglicht werden, bei den Arbeitsgerichten Antrag auf Feststellung, daß die fraglichen Arbeiten sehr wohl nur vom Büro aus er­ledigt werden können, zu stellen; die Verfahrenskosten beider Seiten wären allerdings auch im Er­folgsfalle des Antrages von dem Unternehmen oder der Behörde zu tragen.

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