Antonin Dick: Gegen Unrecht, Unterdrückung und Ungeist

2004 beteiligte er sich an den machtvollen Demonstrationen gegen Hartz IV und die Agenda 2010 des sozialdemokratischen Kanzlers Gerhard Schröder, auch in der Hoffnung, dass daraus eine neue emanzipatorische Bewegung entstehen könnte. Mit seinem Aufruf zur Bildung von Arbeitslosenräten lancierte er einen damals viel diskutierten Beitrag.

Der Großteil seiner Familie wurde in deutschen Konzentrationslagern ermordet. Andere gelten als verschollen. Jahre lang suchte Antonin Dick über das Internationale Rote Kreuz nach ihnen. »Bisher ergebnislos«, musste er vor über zwanzig Jahren konstatieren, in einem Essay im »nd«. Antonin Dick ist 1941 in der englischen Emigrantenstadt Royal Leamington Spa im County Warwickshire geboren worden. Seine Mutter gehörte er zu den Mitbegründer*innen der …

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Ausgerechnet während der Gedenkstunde zum 80. Jahrestags der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau wurde die Shoah, der Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden, von den Redner Roman Schwarzman in die allgemeine Verbrechensgeschichte eingemeindet.

Tabubruch vor dem Tabubruch

Auschwitz steht für ein einzigartiges Menschheitsverbrechen, die industrielle Ermordung von Juden, nur weil sie Juden waren. Es ging nicht um die Eroberung von Land, nicht um die Unterwerfung von Menschen. Es ging um ihre Vernichtung. Diesen Unterschied hat die Philosophin Hannah Arendt 1964 im Gespräch mit Günther Gaus in dessen Sendung »Zur Person« so auf den Punkt gebracht: »Der Tag, als wir von Auschwitz erfuhren, ist der eigentliche Schock gewesen. …Und ich meine nicht die Zahl der Opfer. Ich meine die Fabrikation der Leichen. Da ist etwas passiert, womit wir alle nicht mehr fertig werden.«

Die Sitzung des Deutschen Bundestags am 29. Januar 2025 wird noch länger im Gedächtnis bleiben. Denn am späten Nachmittag stimmten dort die Abgeordneten von Union, FDP und BSW mit der rechten AfD zusammen für repressive Migrationsabwehr. Ein Tabubruch, wie es heißt. Weitgehend unbeachtet blieb dabei ein weiterer Tabubruch, der sich am selben Tag bereits im Vorfeld ereignete. Ausgerechnet während der Gedenkstunde zum 80. Jahrestags der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau wurde die Shoah, der Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden, …

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Solidarität war ein Kompass seines Lebens

Gedenken an Rolf-Dieter Missbach – 1949 – 2024

„Weil der Mensch ein Mensch ist, drum hat er Stiefel im Gesicht nicht gern“, wurde zu seiner lebenslangen Devise. Denn Rolf lernte in Lüneburg, wo er damals lebte, Linke kennen, die Marx studierten und Lenin studierten und sich organisieren wollten.

„Es war ein Überlebenskampf, der in meiner Kindheit anfing. Es war mein Wille am Leben zu bleiben.“ Diese Sätze schrieb Rolf-Dieter Missbach vor einigen Jahren. Rolf hatte erfahren, dass für ehemalige Heimkinder, die dort geschlagen und drangsaliert wurden, die Möglichkeit besteht, eine Entschädigung zu bekommen. Rolf musste seine Kindheit in einem solchen Heim in der Adenauer-Ära verbringen und noch Jahrzehnte später war ihm die Wut anzumerken, über das, was ihm dort geschehen ist. Doch er war kein Opfer, denn er erkannte früh, …

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In Liebe, Eure Hilde, Deutschland 2024, Regie: Andreas Dresen; Drehbuch: Laila Stieler

Die Rote Kapelle im Film

Mittlerweile setzt sich in Film und Literatur eine dritte Lesart über die Geschichte der Roten Kapelle durch, die vor allem betont, dass es sich um junge Menschen gehandelt hat, die mit dem NS-Staat gebrochen haben und ihn beseitigen wollten. Das ist natürlich nicht falsch. Wenn dann aber so getan wird, als hätte es in der Gruppe keine Kommunist:innen gegeben, oder sie wären allerhöchstens Randfiguren gewesen, dann ist auch diese Darstellung kontrafaktisch.

Nur mit einem Schal vermummte junge Leute überkleben mit weißen Papierstreifen, auf denen politische Parolen stehen, Plakate in einer Unterführung. Die Szene sieht auf den ersten Blick wie die Aktion junger Leute aus, die heute mit Adbusting-Aktionen politische Plakate bspw. der Bundeswehr oder der Polizei verfremden. Doch was machte der Mann in Offiziersuniform in dem Bild? Schnell stellt sich heraus, dass wir hier im Berlin des Jahres …

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Mehrere Tausend Menschen zeigen Trauer über alle Opfern des Krieges und fordern Ende von Waffenlieferungen an Isra

Demo in Berlin: Für ein Ende der Gewalt in Nahost

Es war am Freitagabend keine der Kundgebungen, auf der lediglich die Politik der israelischen Regierung angeklagt wurde. Das war auch im Aufruf klar formuliert: »Wir verurteilen alle Kriegsverbrechen in diesen Krieg, sowohl die der Hamas und anderer palästinensischer Gruppen, als auch die der israelischen Regierung

Rund 3000 Menschen hatten sich am Freitagabend vor dem Berliner Hauptbahnhof, in der Nähe des Amtssitzes von Bundeskanzler Olaf Scholz versammelt. 30 Friedens- und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, namhafte Hilfsorganisationen wie Care, Medico International und Terre des Hommes, aber auch…

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Jubiläum 100 Jahre Rote Hilfe :Solidarisches Festival Mit Informationsständen und entspannten Aktivitäten wurde das 100-jährige Jubiläum gefeiert.

Jubiläum 100 Jahre Rote Hilfe:Solidarisches Festival

Ein Mitglied der kurdischen Solidaritätsorganisation Azadi informierte über eine von der deutschen Justiz ausgehenden Repressionswelle gegen kurdische Aktivist*innen, die in verschiedenen Ländern wie Italien, Schweden, Zypern oder Frankreich leben und nach Deutschland ausgeliefert werden. „Die deutschen Ermittlungsbehörden wollen sie wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung der Kurdischen Ar­bei­te­r*in­nen­par­tei (PKK) anklagen, die in Deutschland und der Türkei verboten ist, nicht aber in den Ländern, in denen die Menschen wohnen“, betonte der Azadi-Aktivist.

 Unter dem Motto „100 Jahre Rote Hilfe“ hatte die Solidaritätsorganisation am Wochenende auf dem Rio-Reiser-Platz zum großen Festival eingeladen. Am Samstagnachmittag saßen …

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Die nach dem Kolonialisten Carl Peters benannte Petersallee heißt nun Anna-Mungunda-Allee

Berlin: Kolonialherr Carl Peters verschwindet aus Straßenbild

Etwa 200 Menschen, darunter viele Schwarze Deutsche, beteiligten sich am fröhlichen Umzug durch das ehemalige Kolonialistenviertel im nördlichen Wedding, das mit den neuen Straßennamen zum afrikanischen Viertel wird, wie es fälschlich schon lange genannt wird. Der Tag endet mit einem Fest auf dem Manja-Bell-Platz, das bis in den Abend andauerte.

Darauf hat Sururu Mboro lange gewartet. Der Aktivist des Vereins Berlin Postkolonial kämpft seit Jahren für die Umbenennung derjenigen Straßen in Berlin-Wedding, die nach deutschen Kolonisten benannt sind. Am vergangenen Freitag konnte er nun einen großen Erfolg feiern: Die …

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Nachruf auf Joachim Oellerich :Kompromisslos für Mie­te­r*in­nen Er galt als Urgestein der Berliner Mietenbewegung. Der langjährige MieterEcho-Chefredakteur Joachim Oellerich ist im Alter von 82 Jahren gestorben.

Kompromisslos für Mie­te­r*in­nen

Oellerich wurde politisiert in den Protesten gegen die Aufhebung der Mietpreisbindung, die 1987 in Westberlin in kurzer Zeit Tausende Menschen auf die Straße brachte. Höhepunkt war eine Unterschriftensammlung, in der sich binnen weniger Wochen mehr als 500.000 Ber­li­ne­r*in­nen für den Erhalt der Mietpreisbindung aussprachen. Liest man heute Berichte über die Aktionen der späten 1980er Jahre, fühlt man sich an die Kampagne „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ in den Jahren 2020 und 2021 in Berlin erinnert. Doch die Kämpfe von vor mehr als 35 Jahren sind jüngeren Mietre­bel­l*in­nen nicht mehr bekannt.

In vielen Berliner Bibliotheken liegt das Magazin MieterEcho aus. Publiziert wird es im zweimonatigen Rhythmus von der Berliner MieterGemeinschaft, stets versehen mit einem Editorial des langjährigen Chefredakteurs Joachim Oellerich. Am 22. Juli ist Oellerich, …

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Joachim Oellerich war lange Zeit das Gesicht der Berliner Mietergemeinschaft

Joachim Oellerich: Bedingungslos auf Seiten der Mieter

Ein Medium, das Oellerich dafür nutzte, war das »Mieterecho« (ME), die Zeitung der BMG. Oellerich war bis zu seinem Tod deren Hauptredakteur. In den Editorials des »ME«, die Oellerich meist selbst verfasste, betonte er den Zusammenhang zwischen Wohnungspolitik und Kapitalismus. Ihm ging es bei aktuellen politischen Fragen immer auch um den größeren Zusammenhang, berichtet Andreas Hüttner.

Wer auf einer Veranstaltung der Berliner Mietergemeinschaft (BMG) gewesen ist, wird den älteren Herrn mit weißen Haaren und randloser Brille gesehen haben. Joachim Oellerich war lange Zeit das Gesicht der BMG. Bei größeren Veranstaltungen hielt er sich meist im Hintergrund. Doch bei kleineren Runden brillierte er nicht nur mit theoretischen Einschätzungen, sondern auch mit großem Wissen über …

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Vor 50 Jahren starb Günter Routhier nach einem brutalen Polizeieinsatz

Günter Routhier: Vergessenes Opfer staatlicher Gewalt

Wäre Günter Routhier in der DDR unter ähnlichen Umständen gestorben, dann wäre an seinem 50. Todestag vermutlich offiziell an ihn erinnert worden – und an die vielen mit Prozessen überzogenen Menschen, die damals protestierten. Denn dann wären sie alle »Opfer der SED-Diktatur«. Gedenkveranstaltungen für Betroffene von Polizeigewalt in der Bundesrepublik gibt es bislang nicht.

Heutzutage ist sein Name nur noch Zeitzeugen ein Begriff. Doch vor 50 Jahren war auf vielen Flugblättern und Hauswänden im Ruhrgebiet und darüber hinaus die Parole »Gerechtigkeit für Günter Routhier« zu lesen. Nahezu alle linken Gruppen der alten Bundesrepublik waren damals der Auffassung, dass Routhier ein Opfer von …

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Die Neuköllner Sozialund Umweltaktivistin Eva Willig ist tot

Kritisch bis zum Schluss

Bis kurz vor ihrem Tod beteiligte sie sich in der Sozialberatung im Stadtteilladen Sonnenallee 154. Auch im Mietenwahnsinnsbündnis war sie eine kritische Stimme. Am 13. Juni kann man sich bei der Beisetzung von Eva Willig zu verabschieden. Der Treffpunkt ist 11 Uhr vor der Kapelle am Mariendorfer St.-Michael-Friedhof, Gottfried-Dunkel-Straße 29.

Als „Lobbyistin für Arme“ hat sie sich gern selber bezeichnet. Schon Ende März ist Eva Willig im Alter von 74 Jahren verstorben. Sie fehlte lange Jahre auf keiner Protestveranstaltung gegen Hartz IV. Vor 20 Jahren hatte sie zusammen mit anderen ein Notruftelefon aufgebaut, über das …

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Vor 30 Jahren forderten Antifaschisten im Stukenbrocker Appell Entschädigung für Kriegsgefangene

Stukenbrocker Appell: Einsatz für sowjetische NS-Opfer

Uta Gerlant und Lothar Eberhardt koordinierten über mehrere Jahre die Arbeit mit dem Stukenbrocker Appell über das Büro der Aktion Sühnezeichen der Friedensbewegung. Beide bemühten sich darum, den Appell bekannt zu machen. Sie schickten 400 Briefe an Personen des öffentlichen Lebens mit der Bitte um Unterstützung. Nach kurzer Zeit hatten sie von 250 Adressat*innen Unterstützungserklärungen bekommen.

Deutschland geriert sich gerne als Weltmeister in Sachen Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit. Dabei wird gerne vergessen, dass es vor allem engagierte Menschen aus der Zivilgesellschaft waren und sind, die dafür kämpfen, dass die Opfer des NS-Regimes besonders aus …

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Die langjährige Neuköllner Aktivistin Eva Willig ist im Alter von 74 Jahren gestorben

Lobbyistin für die Armen

Ihr lebenslanges Thema war aber die soziale Frage. Als »Lobbyistin für die Armen« sah sie sich selbst. Das stand auch auf den Visitenkarten, die sie verteilte, wenn sie vor Arbeitsämtern und Jobcentern Menschen unterstützen wollte.

Noch Mitte Februar blickte Eva Willig aus dem Fenster ihrer geräumigen Wohnung in der fünften Etage eines Altbaus in der Sonnenallee auf das geschäftige Treiben im Zentrum von Neukölln. Der Stadtteil, in dem sie seit 1977 wohnte, war in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur ihr Lebensmittelpunkt. Hier war sie auch in zahlreichen sozialen Initiativen aktiv. Dabei war es ihr immer wichtig, …

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Eine linke Feministin in Wort und Tat

Ingrid Strobl (1952–2024)

Ingrid Strobl wurde noch im Gefängnis und in der ersten Hälfe der 1990er Jahre zu einer wichtigen Stimme gegen den deutschen Nationalismus. In den 1990er Jahren lieferte sie auch wichtige Beiträge zur Diskussion über linken Antisemitismus, vor allem in der Monatszeitung Konkret. Es war auch, wie sie immer wieder betonte, eine Selbstkritik.

Ältere Semester können sich vielleicht noch an den großen Westberliner Studierendenstreik in den Jahren 1988/89 erinnern. Neben dem Lateinamerikainstitut war auch das nach Otto Suhr benannte Institut für Politikwissenschaften an der FU (OSI) eines der Zentren des Streiks vor mehr als 35 Jahren. Doch an einem Teil der Institutsgebäude prangte über Nacht ein neues Kürzel: ISI statt OSI. Namensgeberin war …

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An Antifaschisten in der Nachbarschaft erinnern: Paul Schiller und Bruno Schilter

Auf den Spuren

»Wem gehört der Laskerkiez« (WgdL) und »Wir bleiben alle Friedrichshain« (WbaF) planen auch weitere Veranstaltungen zu Paul Schiller und Bruno Schilter. Für die Vorbereitung sind sie an weiteren Informationen über die beiden und möglicherweise noch lebende Ange- hörige interessiert. Weitere Infor- mationen erhältlich per E-Mail unter wirbleibenalle-fhain@riseup.net oder facebook.com/laskerkiez und twitter.com/WFriedrichshain

»Wem gehört der Laskerkiez« (WgdL) und »Wir bleiben alle Friedrichshain« (WbaF) sind zwei lokale Gruppen, die im Berliner Bezirk Friedrichshain Kiezarbeit gegen Gentrifizierung, Verdrängung und steigende Mieten organisieren. Darüber hinaus setzen sie sich auch mit der Vergangenheit ihrer Nachbarschaft auseinander und organisieren Aktionen im Gedenken an Widerstandskämpfer*innen. Diese Gedenkarbeit soll hier an zwei Beispielen vorgestellt werden. Es handelt sich um Paul Schiller und Bruno Schilter, die …

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