Popjournalist Jens Balzer stellt sich Diskussion: Er beschrieb Reaktionen vieler Linker auf den Hamas-Angriff als moralischen Bankrott. Wie kam es dazu? Ein Kommentar.

Führt Wokeness zu Antisemitismus?

Jens Balzer stellte seine kleine Streitschrift am Mittwochabend im Veranstaltungssaal der taz in Berlin zur Diskussion und fragte, warum eine Szene, der es so sehr um Empathie und Achtsamkeit geht, ausgerechnet mit jüdischen Menschen, die im Staat Israel einen Schutzraum sahen, nach dem 7. Oktober keine oder wenig Empathie zeigten.

Die Wokeness hat nicht mehr viele Befürworter. In der letzten Zeit ist eine ganze Reihe von Büchern erschienen, die daran sogar die Krise der gesellschaftlichen Linken festmachen. Am bekanntesten ist da sicherlich Sahra Wagenknechts Bestseller „Die Selbstgerechten“ – inklusive „Gegenprogramm für Gemeinsinn und Zusammenhalt“. Wenn beim Versuch einer Umsetzung aber eine Bewegung irgendwo zwischen…

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Was hat das Klassenverhältnis mit dem Stand der kapitalistischen Vergesellschaftung zu tun – und warum muss es angegriffen werden?

KlassenLos! Ein Aufruf zur Debatte

Anne Seeck/Gerhard Hanloser/Peter Nowak/Harald Rein/Thilo Broschell: »KlassenLos: Sozialer Widerstand von Hartz IV bis zu den Teuerungsprotesten«. Die Buchmacherei 2024. 256 S., 12€. Der Herausgeberkreis steht ausdrücklich für Diskussionsrunden zur Verfügung und ist unter reinharald@outlook.de zu erreichen.

Die Rechte auf dem Vormarsch, eine zersplitterte Linke in der Krise: destruktive gesellschaftliche Entwicklungen, prekäre Alltagserfahrungen und mannigfaltige Überwältigungen wie Kriege, Corona und Klimakatastrophe tragen nicht zur Stärkung linker Bewegungen bei – im Gegenteil. Substanzielle emanzipatorische Ansprüche und gesellschaftliche Bewegungen werden immer weiter marginalisiert. Während das Corona-Dilemma noch nachklingt und linke Milieus Aufarbeitung und Selbstkritik scheuen, reiben sich linke publizistische Stimmen in einem fruchtlosen für und wider bei der Beurteilung aktueller militärischer Krisenherde (Stichworte Ukraine, Gaza) auf. Resultat ist ein …

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Zeitgeschehen Vergessener Stuttgarter Antifaschist

Die zwei Leben des Emil Hessenthaler

Viel war über den in Stuttgart geborenen Antifaschisten Emil Hessenthaler bislang nicht bekannt. Nach dem Spanischen Bürgerkrieg verlor sich seine Spur. Seine Tochter Deborah Tal-Rüttger hat seine Biografie rekonstruiert – und stellte fest, dass ihr Vater ein anderer war, als er seiner Familie erzählt hatte.

Im Dezember 1948 ging Emil Hessenthaler in Marseille an Bord eines Schiffes, das ihn nach Israel brachte. Der 34-Jährige, geboren 1914 in Stuttgart-Feuerbach, hatte sich unter die überlebenden Jüdinnen und Juden gemischt, die den Terror der Nazis in Europa überstanden hatten und in Israel ein neues Leben beginnen wollten. Viele von ihnen hatten alles verloren und daher keine Papiere – wie auch Hessenthaler. Und so ersann er eine Geschichte, die ….

Europa in Vorkriegszeit, wie Politiker deutlich machen. Wäre es für Kriegsgegner nicht an der Zeit, revolutionären Defätismus zu propagieren? Ein Kommentar.

Teilnehmerzahl der Ostermärsche steigt: Zeichen gegen zunehmende Kriegsgefahr

Nach der altbewährten antimilitaristischen Parole "Der Hauptfeind ist das eigene Land" sollten natürlich die Kriegsvorbereitungen der Bundesregierung und ihrer Verbündeten im Vordergrund stehen. Es sollte aber nie vergessen werden, dass in Russland und Weißrussland ähnliche Kriegstreiber sitzen und auch dort alles getan werden sollte, um diejenigen zu unterstützen, die sich dem Krieg verweigern und sogar die Kriegsvorbereitungen sabotieren.

Mehr Teilnehmer an den diesjährigen Ostermärschen“,  …

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Worte wie Defätist oder Lumpenpazifist sollen diffamieren. Sie können aber auch als Auszeichnung betrachtet werden. Ein Kommentar.

Den Krieg verlernen: Wenn Alt-Grüne die SPD aus falschen Gründen angreifen

Es wird kaum noch wahrgenommen, wie hier die deutsche Vergangenheit entsorgt wird. Dergleichen ist alltäglich geworden und es gibt kaum noch Menschen und Initiativen, die sich dagegen wehren. Mit dem München-Vergleich wird Putin mit Hitler gleichgesetzt. Dass Hitler im Gegensatz zu Putin für die Shoah, den Massenmord an den europäischen Juden, verantwortlich ist, wird einfach nicht erwähnt. Auch das ist Alltag geworden und fällt nicht mehr auf.

„Alle reden vom Krieg, vom Frieden nur wenige. Drohen wir, unseren Sinn dafür zu verlieren, wie man Frieden schafft und den Frieden bewahrt?“ Solche Sätze hört man heutzutage zumindest in Bezug auf den Ukraine-Krieg selten in Deutschland. Dabei kommen sie nicht einmal von einem Pazifisten, sondern von dem liberalen Journalisten …

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Großmacht-Träume unter dem Label Ukraine-Solidarität: Die deutsche Sehnsucht nach dem Ende der Nachkriegsordnung von Jalta. Ein Kommentar.

Scholz auf Ukraine-Mission in den USA: Deutschland war nie nur Getriebener

Doch welche Konsequenzen zieht die Antikriegsbewegung daraus? Sie müsste sich mit dem deutschen Imperialismus beschäftigten, der ganz klar auf Konfrontationskurs geht. Von der deutschen Kriegstüchtigkeit ist allenthalben die Rede. Da gibt es allerdings kein linksliberales Institut, das hier ein neues Unwort des Jahres kreiert. Denn ein Großteil des linksliberalen Milieus ist eingebettet in diesen neuen deutschen Imperialismus, der vom deutschfreundlichen ukrainischen Nationalismus und seinen antisemitischen Flügel nicht reden will.

„Diesmal fliegt Olaf Scholz nicht als Zauderer in die USA, sondern als Antreiber: Die Amerikaner sollen endlich wieder der Ukraine helfen“, so beschreibt die taz die angeblich vertauschten Rollen, die Kanzler Scholz (SPD) und seine Gastgeber bei seinem jüngsten US-Besuch einnahm. Dabei hat dieser Besuch nur deutlich gemacht, …

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Angriffe auf Bürgergeldbezieher von SPD bis AfD: Gemeint sind alle Lohnabhängigen. Warum das so ist – und was die Antwort sein sollte. Ein Kommentar.

Vorstoß für Bürgergeld-Streichung: Dauerkampagne gegen arme Menschen

Es wäre also eine neue Kampagne nötig, die sich der langfristigen Aufgabe stellt, das Sanktionsregime zu Fall zu bringen. Mit diesem Selbstbewusstsein, könnte man auch Bündnispartner gewinnen. Dabei sollte man auch den Zusammenhang mit der massiven Militarisierung Deutschlands herstellen. Ein Land, das nach den Erklärungen von Bundesverteidigungsministers wieder kriegsfähig werden will und sich seine Einflusszone in der Ukraine etwas kosten lässt, bezweckt mit den Krieg gegen die Armen zweierlei: Mehr Gelder fließen in die Rüstung, die Rüstungskonzerne steigern ihre Gewinne, aber die Armen müssen den Gürtel enger schnallen

Die „sozialen Hängematten“ wurden in den letzten Tagen politisch und medial wieder eifrig bemüht. Dort sollen sich nicht etwa steuervermeidende Konzerne tummeln, sondern Bürgergeldbezieher, die nicht jede Lohnarbeit um jeden Preis annehmen wollen. Die würden es in der sozialen Hängematte bequem machen, aus der sie unbedingt verscheucht werden müssen, wenn es nach Politikern von …

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Lukas Meisner: Medienkritik ist links. Warum wir eine medienkritische Linke brauchen. Das Neue Berlin, 154 S., br., 16 €.

Linke Medienkritik: Jenseits von Lügenpresse

Lukas Meisner legt ein wichtiges Plädoyer für eine linke Medienkritik vor, versteigt sich jedoch in manch konservative Kulturkritik

Vielleicht finden sich im hinteren Winkel manches Kleiderregals in linken Hausprojekten noch T-Shirts mit der Parole »Taz lügt«. Vor 30 Jahren wollten sich Aktivist*innen der außerparlamentarischen Linken von den Grünen und den ihnen nahestehenden Medien abgrenzen. Ihre Parole war auch eine Antwort auf die Kampagne »Bild lügt«, die über Jahrzehnte von Linken und Linksliberalen unterstützt wurde. Indem auch die »Taz« mit dem unterkomplexen Vorwurf der Lüge belegt wurde, sollte deutlich gemacht werden, dass die wohlfeile Kritik am Springer-Konzern und seinen Zeitungen nicht ausreicht. Es brauchte, so viel schien der Linken klar zu sein, eine grundlegende Kritik der Medien in der kapitalistischen Gesellschaft. Es ist nicht verwunderlich, dass viele Linke an diese Parole heute nicht mehr erinnert werden wollen. Schließlich ähnelt sie dem auf rechtsoffenen Demonstrationen lauthals skandierten Vorwurf der Lügenpresse. Das Anliegen einer linken Medienkritik ist damit freilich nicht erledigt. Die Konsequenz kann nicht sein, die von rechts angegriffenen Medien umstandslos zu verteidigen. Daher ist es begrüßenswert, dass der Soziologe Lukas Meisner im Verlag Das Neue Berlin sein Buch …

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Ernsthaft wird über eine Olympiade 2036 in Berlin diskutiert. Das zeigt das Ausmaß der Geschichtsvergessenheit. Woran das Vorhaben scheitern sollte. Ein Kommentar.

Olympia ’36: Wenn deutscher Größenwahn nach Erneuerung lechzt

Es ist schon klar, woran eine Olympia-Bewerbung Berlins am ehesten scheitern würde: Wenn in Berlin wieder eine NOlympia-Bewegung wie vor 30 Jahrenentstehen würde, von der außerparlamentarische Bewegungen in anderen Olympia-Kandidatenstädten inspiriert wurden. Welchen Stellenwert der Widerstand gegen die Olympiade in Berlin damals für die außerparlamentarische Linke hatte, lässt sich in dem Buch "Rebellisches Berlin" nachlesen, in dem für die autonome Linke wichtige Kämpfe dokumentiert sind.

Eine neue Olympia-Bewerbung Berlins? Die Diskussion darüber gibt es schon seit Jahren. Doch solange Grüne und vor allem Die Linke in der deutschen Hauptstadt mitregierten, war dies schwerer umzusetzen. Denn in beiden Parteien gibt und gab es aus unterschiedlichen Gründen Kritik an solchen Plänen. Doch jetzt, wo SPD und CDU in Berlin regieren, sehen beide Parteien nicht nur die Chance, den Autobahnbau voranzutreiben. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) verkauft eine neue Olympia-Bewerbung als Chance für Berlin und ist sich darin mit seinem Koalitionspartner einig. Auch die Sportverbände in Deutschland haben schon Zustimmung signalisiert. Dort wird zudem die Bundesregierung aufgefordert, …

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Viele ziehen falsche Schlüsse aus Vergangenheit der Politikerin. Heute steht sie für deutsche Tugenden statt Klassenkampf. Offene Fragen gibt es dennoch – auch für ihre Noch-Partei.

Warum die Wagenknecht-Partei eine Rechtsabspaltung wird

Lukas Meisner bringt in seinem Buch "Medienkritik ist links" auch auf den Punkt, was Wagenknecht in all ihren Schriften fehlt: Der Antikapitalismus. Stattdessen hat sie selbst den Begriff "sozialkonservativ" für sich reklamiert. Sie steht damit in der Tradition einer reaktionären politischen Strömung, die der Politikwissenschaftler Ingar Solty in einem Beitrag in der jungen Welt historisch ausgeleuchtet hat.

Nach monatelanger quälender Diskussion scheinen die organisatorischen Vorarbeiten für die neue Partei um Sahra Wagenknecht nun abgeschlossen. An diesem Montag sollen die weiteren Pläne in den Räumen der Bundespressekonferenz vorgestellt werden. Damit wird auch klar, dass Wagenknecht und ihre Anhänger das Heft des Handelns weiterhin in der Hand haben und die Linkspartei vor sich her treiben. Während mehrere Mitglieder der Linkspartei, darunter auch einige Bundestagsabgeordnete, einen erneuten Antrag gestellt haben, Wagenknecht aus der Partei auszuschließen, nimmt die Trennung nun langsam Fahrt auf und noch immer bestimmt Wagenknecht das Tempo. Dabei ist aber schon jetzt klar, dass dieses neue Parteiprojekt eine Rechts- und keineswegs eine Linksabspaltung von der Linkspartei sein wird. Der falsche Eindruck speist sich vor allem aus …

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Anne Seeck, Gerhard Hanloser, Peter Nowak, Harald Rein (Hg.): Klassenlos. Sozialer Widerstand von Hartz IV bis zu den Teuerungsprotesten. Die Buchmacherei, Berlin 2023. 262 Seiten ca. 16.00 SFr. ISBN: 978-3-9825440-4-5.

Der Preis ist immer noch heiss

Am 16. Oktober fand im Stadtteil Laden Lunte in Berlin-Neukölln eine gut besagte Offene Versammlung statt. Eingeladen hatten Anne Seeck, Gerhard Hanloser und Peter Nowak.

Sie gehören zu den Herausgeber*innen des kürzlich im Verlag „Die Buchmacherei“ erschienen Sammelband „Klassenlos. Sozialer Widerstand von Hartz IV bis zu den Teuerungsprotesten.”  Einige Autor*innen des Buches hielten …

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Kohei Saito: Systemsturz Der Sieg der Natur über den Kapitalismus Aus dem Japanischen von Gregor Wakounig DTV, München 2023 320 Seiten, 25 Euro ISBN 978-3-423-28369-4

Bürgerräte reichen nicht

War Karl Marx ein verhinderter Ökologe? Ja, sagt Kohei Saito, aber so einfach ist es nicht

In Japan verkaufte sich ein Buch, das einen ökologischen Kommunismus als Zukunftsprojekt propagiert, über eine halbe Million Mal. Auch in den europäischen Städten sind die Versammlungsräume überfüllt, wenn der japanische Philosophieprofessor Kohei Saito seinen …

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Peter Nowak berichtet seit Jahrzehnten für diverse linke Medien, darunter das »nd«, über außerparlamentarische Bewegungen und soziale Proteste. Der hier vorab veröffentlichte Text ist die gekürzte Fassung eines Beitrags in dem Buch »KlassenLos – Sozialer Widerstand von Hartz IV bis zu den Teuerungsprotesten« (256 Seiten, 12 Euro). Nowak hat es gemeinsam mit Anne Seeck, Gerhard Hanloser und Harald Rein im Verlag Die Buchmacherei herausgegeben. Es erscheint Mitte Oktober und behandelt die sozialen und politischen Auseinander­setzungen in Deutschland in den letzten 20 Jahren. Am 16. Oktober stellen die Herausgeber das Buch um 19 Uhr im Stadtteilladen Lunte in der Weisestraße 53 in Berlin-Neukölln vor.

Das Kapital und die Rechte

Rechtspopulistische Empörung gegen das sogenannte Heizungsgesetz kam nicht nur von der AfD. Bei einer Demo in Erding u.a. mit Markus Söder sagte Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, die Mehrheit müsse sich »die Demokratie zurückholen«. Statt über die Zumutungen des Kapitalismus wird oft über Querfronten und inner­linke Benimmregeln geredet. Diese Diskussionen überfordern eine ohnehin geschwächte gesellschaftliche Linke.

Es war ein warmer Sommerabend im Jahr 2015, als eine Spontandemonstration durch die Berliner Innenstadt zum Amtssitz des damaligen Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble führte. Schäuble war das Gesicht jener Troika, die damals der linkssozialdemokratischen Syriza-Regierung in Griechenland das EU-Austeritätsprogramm aufdrückte. Die circa 1200 Demonstrant*innen, darunter viele junge Menschen, unterstützen in Sprechchören die griechische Bevölkerung, die sich gegen die Politik der Austerität wehrte. Doch als sie vor dem menschenleeren, von der Polizei gesicherten Finanzministerium ankam, …

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Warum blieben Massenproteste gegen die Inflation im vergangenen Jahr aus – und was ist aus der Bewegung gegen die Hartz-IV-Gesetze geworden? Ein Sammelband geht auf Spurensuche.

Inflation und Sozialprotest: Der „heiße Herbst“ und die Warnung vor der Querfront

"Klassenlos - sozialer Widerstand von Hartz IV bis zu den Teuerungsprotesten lautet der Titel eines Sammelbands der im Verlag "Die Buchmacherei" erscheint. Herausgegeben wird er von Anne Seeck, Gerhard Hanloser, Harald Rein und dem Telepolis-Autor Peter Nowak. Das Buch soll an die schnell vergessenen Proteste gegen die Einführung von Hartz IV ab Sommer 2004 erinnern und verdeutlichen, dass soziale Kämpfe gegen Verarmung nicht zu Ende ist. Vor einem Jahr wurde viel über den "heißen Herbst" gegen Inflation diskutiert. Verschiedene Beiträge in dem Band widmen sich der Frage, warum dieser "heiße Herbst" ausgeblieben ist und auch danach keine großen Bewegungen gegen Verarmung zustande kamen. Der hier vorab veröffentlichte Beitrag befasst sich mit den Warnungen vor einer Querfront im Zusammenhang mit den Teuerungsprotesten

Erinnerung an griechische Proteste gegen das EU-Spardiktat

Ich beginne mit einer Erinnerung an die sicher weitgehend vergessenen, aber turbulenten Protestwochen gegen die autoritären Krisenlösungsmodelle der EU-Troika für Griechenland. Es war ein warmer Sommerabend im Jahr 2015, als eine Spontandemonstration durch die Berliner Innenstadt zum Amtssitz des damaligen Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble führte, der das Gesicht jener Troika war, die damals der linkssozialdemokratischen Syriza-Regierung in Griechenland das EU-Austeritätsprogramm aufdrückte. Die circa 1.200 Demonstrierenden, darunter viele junge Menschen, unterstützen in Sprechchören die griechische Bevölkerung, die sich gegen die Politik der Austerität wehrte. Doch als sie vor dem leeren, von der Polizei gesicherten Finanzministerium ankam, zerstreute sich die Menge schnell. Niemand wusste, was zu tun ist, um den Konflikt zuzuspitzen. Wenige Tage später kam die Nachricht, dass die …

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In Libyen gibt es viele Gründe für Protest gegen eigene Herrschaftsfraktionen. Die Lebensverhältnisse sind miserabel. Viele treibt aber etwas anderes auf die Straße.

Israel – Projektionsfläche für Wut, die ganz andere Ursachen hat

Vielleicht wurde daher auch der Furore gegen die Gespräche mit einen israelischen Außenminister auch deshalb inszeniert, damit die Menschen in Libyen erst gar nicht auf den Gedanken kommen, sich die israelische Protestbewegung zum Vorbild nehmen und Veränderungen in ihren eigenen Land einfordern.

Die Bevölkerung in Libyen hätte wirklich viele Gründe, um auf der Straße gegen ihre schlechten Lebensbedingungen zu protestieren. Schließlich streiten sich seit dem Sturz des Gaddafi-Regimes verschiedene autoritäre Herrschaftsfraktionen um die Erlöse aus den Erdölvorkommen des Landes. Dabei kämpfen sie ohne Rücksicht auf die Bevölkerung auch mit Waffen gegeneinander und schließen dann wieder Bündnisse. Derweil verarmt die Bevölkerung weiter, die Stromsperren nehmen zu – und wer die Möglichkeit hat, versucht, das Land zu verlassen. Doch die Proteste der letzten Tage in den Straßen Libyen hatten nichts mit möglichen Verbesserungen der Lebensbedingungen zu tun. Allein die Meldungen, dass sich …

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