Redebeitrag für die Tag (((i)))-Demonstration am 25.01.2020 in Leipzig

Ich bin Peter Nowak und halte den Redebeitrag auch im Namen von Achim Schill – warum wir unsere Namen nennen, wird gleich noch deutlich. – Zur Sache:

Seit ca. 2 Jahren ist die online-Zeitung linksunten verboten. Auch wenn dieses de facto-Medienverbot mit einem Vereinsverbot kaschiert ist, handelt es sich doch um einen klaren Grundrechtsverstoß.

Am Donnerstag vergangener Woche – knapp zwei Wochen vor dem Prozess, der am 29.1. vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen das Verbot stattfinden wird – haben nun Unbekannte ein – nach eigenen Angaben – komplettes Archiv von links-unten.indymedia online gestellt:

https://linksunten.archive.indymedia.org/

Wir begrüßen die Initiative sehr. Denn wir hatten – zusammen mit Detlef Georgia Schulze – bereits in der Protesterklärung[1], die wir kurz nach dem Verbot veröffentlicht hatten (und die uns eine Anklage der Berliner Staatsanwaltschaft einbrachte[2], geschrieben: „wir hoffen, daß linksunten seine Daten und Strukturen so gesichert hat, daß linksunten bald wieder erscheinen kann.“

UnsereR Ko-AutorIn Detlef Georgia hat sich – im Kontext seiner/ihrer eigenen juristischen Bemühungen gegen das Verbot von linksunten.indymedia – entschieden, das am Freitag veröffentlichte Archiv zu spiegeln – und zwar mit einem namentlich gezeichneten Impressum:

Auch diese Initiative begrüßen wir, insofern sie dazu bestimmt ist, die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche zu lenken: Das Vereinsverbot war Camouflage; angegriffen wurden eine internet-Plattform und die Pressefreiheit.

Wenn die Konstruktion ‚Medienverbot via Vereinsverbot‘ durchkäme, könnte sie auch gegen jedes andere unliebsame Medium verwendet werden. Wir rufen – gerade auch diejenigen, die nicht die nächsten sein wollen – dazu auf, dieser Entwicklung entschiedenen Widerstand entgegenzusetzen.

Dieser Widerstand kann unserer Überzeugung nach nicht von der ‚linksradikalen‘ Szene allein effektiv getragen werden, sondern benötigt die Verbreiterung hin zu reformistischen und linksliberalen Kräften. Dies aber nicht, um dem Protest die ‚revolutionäre‘ Spitze (falls eine solche vorhanden ist) zu brechen, sondern um das Grundanliegen (Aufhebung des linksunten-Verbotes) eine breitere gesellschaftliche und politische Basis zu verleihen. Ansonsten mag jede Gruppe und Einzelperson, die sich am Protest beteiligen will, ihre eigenen Ansichten zum Ausdruck bringen.

Auch wenn es so scheinen mag: Diese Aufforderung kommt nicht nach Toresschluss. Denn wir möchten betonen: Die juristische und politische Auseinandersetzung um das Verbot wird auch mit dem Prozess vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem nachfolgenden Urteil nicht vorbei sein.

Wir wissen nicht, was die weiteren Pläne der jetzigen KlägerInnen sind.

Aber absehbar dürfte sein: Wahrscheinlich zeitnah nach der Entscheidung des Bun-desverwaltungsgerichts wird sich das Landgericht Berlin mit der von der Staatsanwaltschaft gegen uns erhobenen Anklage wegen angeblicher Zuwiderhandlung gegen das linksunten-Verbot beschäftigen. Wir werden diesen Prozess – zusammen mit Detlef Georgia – zu einem zweiten Prozess gegen das Verbot machen – und wir werden dabei nicht als zu Unrecht mit dem HerausgeberInnen-Kreis von linksunten Identifizierte (das wirft uns die Staatsanwaltschaft eh nicht vor) sprechen, sondern als bekennende LeserInnen und AutorInnen, die so schnell wie möglich bei linksunten wieder publizieren wollen. Die jetzige Wieder-Veröffentlichung des Archivs, für die wir danken, ist zwar nur ein kleiner, aber – wie wir finden – wichtiger Schritt zu einem tatsächlichen Wiedererscheinen von linksunten.indymedia (auch mit neuen Artikeln).

Wir fänden es ein politisches Armutszeugnis für die linken und linksliberalen Kräfte in der Bundesrepublik, wenn dem Staat im Falle des online-Mediums linksunten.indymedia auf den ersten Schlag das dauerhaft gelingen würde, was dem Staat bei der gedruckten Zeitschrift radikal in etwa einem halben Dutzend Anläufen nicht gelungen ist: Das Medium plattzumachen.

Für eine (plurale) Linke, die wieder oben auf kommt!

Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit

als Recht auf Dissens verteidigen!

Berlin, den 25.01.2020

Veröffentlicht in Direkte Aktion :

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