Die Antimilitaristische Aktion Berlin protestiert gegen ihre Erwähnung im Verfassungsschutzbericht Wie genau der Geheimdienst die Putin-Gegner*innen beobachtet, bleibt geheim. Linke-Politiker Niklas Schrader erkennt eine Einschüchterungsstrategie.
Für Hansen ist dieses Agieren allerdings keine Überraschung. »Genau aus dem Grund sind wir auch gegen Geheimdienste. Die dürfen einfach alles Mögliche als geheim erklären und sich so aus der Verantwortung ziehen. Was bringt parlamentarische Kontrolle, wenn Abgeordnete unter Strafe stehen, wenn sie als geheim eingestufte Informationen veröffentlichen?
»Warum beobachtet der Berliner Verfassungsschutz Putin-Gegner?« Schilder mit dieser Frage hielten Demonstrant*innen am vergangenen Montag vor dem Berliner Abgeordnetenhaus in die Höhe. Einige der Teilnehmer*innen trugen Fahnen der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner*innen (DFG-VK) und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist*innen (VVN-BdA). Drinnen tagte der Verfassungsschutzausschuss des Abgeordnetenhauses. Doch eine Antwort auf ihre Frage wurde den Antimilitarist*innen nicht gegeben. Lediglich die Tatsache, dass die Antimilitaristische Aktion Berlin (Amab) vom Verfassungsschutz beobachtet wird, war dem Chef der Berliner Behörde Michael Fischer zu entlocken.Die Amab hatte mit Verwunderung reagiert, dass einige Aktionen, an denen sie wesentlich beteiligt war, im aktuellen Berliner Verfassungsschutzbericht unter der Rubrik Linksextremismus aufgeführt waren. Darunter war auch …
Am 9. September lädt das Bündnis Rheinmetall Entwaffnen von 14 Uhr bis 20 Uhr zu einem antimilitaristischen Ratschlag in den Berliner Mehringhof ein. Dort sind auch Kriegsgegner*innen aus Russland und der Ukraine zugeschaltet. Antimilitaristische Gewerkschafter*innen aus Italien und die Informationsstelle Militarisierung aus Tübingen werden ihre Arbeit vorstellen.
»Klassenkampf statt Krieg und Aufrüstung«, steht auf dem großen Transparent, das mehrere junge Menschen vor dem Brandenburger Tor in die Höhe halten. Sie sind Teil der Demonstration gegen Krieg und Aufrüstung, zu der sich am frühen Samstagnachmittag etwa 700 Personen in Berlin zusammengefunden haben. Viele junge Menschen sind unter den Demonstrant*innen, darunter auch eine Gruppe der kommunistischen Organisation Rote Wende Leipzig. »Wir beteiligen uns an antimilitaristischen Aktionen, weil der Kampf gegen Krieg und Militarismus für unsere Arbeit eine zentrale Bedeutung hat«, erklärt einer der Leipziger Aktivist*innen. Auch aus Oberhausen …
Anne hat mit ihrer Biografie deutlich gemacht, wie unsinnig die leidige Debatte über Klassen- versus Identitätspolitik ist. Ihr Grundsatz »Kein Mensch ist asozial« war der Leitspruch einer emanzipatorischen Erwerbslosenbewegung ebenso wie der vieler Initiativen, die sich für die Rechte sogenannter Minderheiten einsetzen.
»Unsere Weggefährtin Anne Alex ist gestorben. Sie war eine Kämpferin. Unsere Arbeit der Initiative hat sie viele Jahre solidarisch und kritisch begleitet.« Mit diesen Worten verabschiedete sich die »Initiative Gedenkort Konzentrationslager Uckermark« von einer am 28. April mit 64 Jahren verstorbenen Frau, die in den letzten Jahren für die Rechte von als asozial stigmatisierten Menschen eintrat. Dazu gehörten auch die jungen Frauen, die im deutschen Faschismus verschleppt wurden. Anne war 2007 Mitbegründerin des Berliner »AK Marginalisierte gestern und heute«. Schon im Namen wird deutlich, dass es Anne Allex und ihren Mitstreiter*innen nicht nur um historische Gerechtigkeit für Menschen ging, die …
Noch immer sitzen zwei Antifaschist*innen aus Deutschland in Ungarn im Gefängnis, eine weitere Person wurde gegen Auflagen entlassen, darf das Land aber nicht verlassen.
»Solidarität mit den Genoss*innen in Budapest« ist der Spendenaufruf der antifaschistischen Kampagne »NS-Verherrlichung stoppen« überschrieben. Damit sollen mehrere Antifaschist*innen unterstützt werden, gegen die nach Protesten gegen ein europäisches Nazitreffen ermittelt wird. Noch immer sitzen zwei Antifaschist*innen aus Deutschland in Ungarn im Gefängnis, eine weitere Person wurde gegen Auflagen entlassen, darf das Land aber nicht verlassen. Ungarn ist unter dem rechtskonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orbán zum …
Auf der Kundgebung wird auch Rebecca Donner, die Urgroßnichte von Mildred Fish- Harnack, sprechen. Kürzlich wurde die von ihr verfasste Biografie ihrer Urgroßtante unter dem Titel „Mildred“ in deutscher Sprache im Kanon-Verlag veröffentlicht. In ihrem Heimatort wird die Erinnerung an die Antifaschistin an ihren Geburtstag lebendig gehalten. „Seit 30 Jahren wird in den Schulen in Wisconsin (USA) am 16. September der Fish- Harnack-Day gefeiert“, schreibt die Publizistin Sabine Lueken.
Lange Zeit wurden sie in Westdeutschland als Spione für die Sowjetunion geschmäht und in der DDR zu kommunistischen Held*innen verklärt. In den letzten Jahren gab es eine differenziertere Auseinandersetzung mit der antifaschistischen Widerstandsgruppe Rote Kapelle und deren Mitgliedern. Zu ihnen gehört Mildred Fish-Harnack, die am 16. Februar 1943 in Plötzensee hingerichtet wurde. 80 Jahre später erinnert der VVN-Bund der An- tifaschist*innen gemeinsam mit …
Stuttgarter Initiative fordert Gedenken für Alfred Hausser
Wenn es nach Lothar Eberhard geht, soll es am 12. August 2023, dem 20. Todestag Haussers, ein öffentliches Gedenken geben. Seine Initiative wird von der kommunalen Stuttgarter Wähler*innengruppe SÖS unterstützt. Auch der Stuttgarter Gewerkschafter und Linksparteipolitiker Bernd Riexinger sagt zu »nd«: »Eine Ehrung Haussers mit einem öffentlichen Gedenkort ist angebracht.«
»Kaum einer hat so konsequent wie er sein Leben in den Dienst der Arbeiterbewegung und des Antifaschismus gestellt. Dafür gebührt ihm auch heute noch Dank und Respekt.« Eine Würdigung Alfred Haussers zu dessen hundertstem Geburtstag am 27. August 2012 durch den damaligen Landesvorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) von Baden-Württemberg, Nikolaus Landgraf. Im Stuttgarter DGB-Haus ist ein Saal nach dem Antifaschisten benannt, doch in der Öffentlichkeit erinnert nichts an den Mann, der elf Jahre in den Gefängnissen und Konzentrationslagern des NS-Regimes verbringen musste und der Zeit seines Lebens für die Entschädigungen von Zwangsarbeiter*innen kämpfte. Das will der gebürtige Schwabe Lothar Eberhardt ändern. Wenn es nach ihm geht, soll es am …
Das Engagement antifaschistischer Gruppen und nicht ein neuer Radikalenerlass sei das beste Mittel gegen Rechts, erklärte die Bundesvorsitzende der VVN-Bund der Antifaschist*innen, Cornelia Kerth, in ihrem Beitrag. Sie erinnerte daran, dass ihre Organisation über Jahre wegen eines Eintrags im bayerischen Verfassungsschutzbericht der Entzug der Gemeinnützigkeit drohte.
Am 28. Januar 1972 wurde vom damaligen Bundeskanzler Willy Brandt gemeinsam mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer der sogenannte Radikalenerlass verkündet. Er sah vor, dass sämtliche Bewerber*innen für den öffentlichen Dienst daraufhin überprüft wurden, ob sie vorbehaltlos zur freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen. Das Kürzel fdgo wurde in den 1970er Jahren zum Synonym für einen autoritären Staat, die Überwachung von Linken der unterschiedlichen Couleur und die Zerstörung von Lebensperspektiven vieler junger Menschen in der BRD. Das wurde am 17. Mai auf einer Veranstaltung in der Bundeszentrale der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Berlin deutlich. Ursprünglich war sie zum …
In Berlin wurde vergangene Woche der Kampfgruppe Osthafen gedacht. Ein Beispiel für proletarischen Widerstand, mit dem in Ost- und Westdeutschland auch nach 1945 kein Staat zu machen war
Die Gruppe setzte sich aus Mitgliedern der KPD, der SPD und Parteilosen zusammen, die im Nationalkomitee Freies Deutschland organisiert waren. Sie sprangen mit dem Fallschirm hinter den deutschen Linien ab und erhielten die Aufgabe, in der Reichshauptstadt wichtige militärische Objekte zu erkunden und Kontakte zur deutschen Widerstandsbewegung herzustellen, sowie Menschen in letzter Minute zu überzeugen, die Seiten zu wechseln und nicht weiter für einen verbrecherischen Krieg ihr Leben zu lassen.
„Hier wohnte Paul Schiller – Jahrgang 1895, Mitglied der KPD, ermordet am 22. 4. 1944“, steht auf einem Stolperstein, der im Süden des Berliners Stadtteil Friedrichshain in den Boden eingelassen ist – die einzige Erinnerung an einen Mann, der wenige Tage vor der Befreiung vom Naziregime mithelfen wollte, den Krieg früher zu beenden, und dabei starb. Für ihn organisierten am 22. April 2022 die …
Gegen Krieg und jeglichen Nationalismus: Eine linke Demonstration am Samstag setzte auf den Pazifismus der ArbeiterInnenschaft. Ein Gewerkschafter erinnerte daran, dass sich in den letzten Wochen ArbeiterInnen in mehreren Ländern geweigert hätten, Waffen für den Transport zu verladen – in Belorus waren es russische, in Italien und Spanien Natowaffen.
„Karl Liebknecht hat es schon erkannt / Der Hauptfeind steht im eigenen Land.“ Diese Parole schallte am Samstagnachmittag durch die Mitte Berlins. Sie fasste gut den Inhalt der antimilitaristischen Demonstration zusammen, die von der Friedrichstraße zum Rosenthaler Platz zog. „Weder Nato noch Putin“ stand auf den Leittransparent. Die vielen schwarzen und schwarzroten Fahnen zeigten die hohe Beteiligung von AnarchistInnen und AnarchosyndikalistInnen auf der Demonstration. Im sozialistischen Block waren rote Fahnen zu sehen, manche davon auch mit Hammer und Sichel verziert. Aufgerufen hatten unter anderem die Organisation …
Anfang Oktober sind weitere Aktionen geplant, so eine Veranstaltung Ende Oktober, mit der der Druck auf die Politik erhöht werden soll, Organisationen nicht mittels Vereinsrecht zu reglementieren. Denn, so schreibt die VVN-BdA auf ihrer Homepage: »Die Gängelung zivilgesellschaftlicher Akteure ist durch die Bundesregierung politisch gewollt und kein ›Unfall‹, wie es von den Verantwortlichen immer wieder kolportiert wird.«
Eigentlich haben die Aktiven der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist*innen (VVN-BdA) genug zu tun. In den vergangenen Wochen beteiligte sich die Organisation an Protesten gegen nach rechts offene Versammlungen von Gegnern der Corona-Maßnahmen. Auch bei der Blockade gegen den Aufmarsch der Neonazipartei »Dritter Weg« am Samstag in Berlin waren sie dabei. Trotzdem haben sich Mitglieder Zeit für eine weitere Aktion genommen. Am 1. Oktober machten sie vor dem ….
Nach dem CDU-Parteitag ist klar, der Vorstand will den Kanzlerkandidaten wie bisher mit der CSU aushandeln. Deren Vorsitzender sparte nicht mit markigen Worten gegen die AfD, will aber durchaus deren Politik umsetzen
Dass Bayern keine AfD braucht, um gegen Linke und speziell gegen antifaschistische Organisationen vorzugehen, zeigte sich vor einigen Tagen. Da wurde bekannt, dass das Berliner Finanzamt der Bundesvereinigung der Vereinigten der Verfolgten des Naziregimes/ Bund der Antifaschisten die Gemeinnützigkeit aberkannt hat. Als Begründung wurde der bayerische Verfassungsschutzbericht herangezogen, in dem die VVN-BdA von Linksextremisten beeinflusst dargestellt wurde.
n der Union ist weiterhin alles offen in der Frage der Kanzlerkandidatur. Das ist das Ergebnis, des am Samstag zu Ende gegangen CDU-Parteitag. Schon seit Wochen hatten die Medien die Frage der Kanzlerkandidatur in den Fokus gerückt und ein Showdown Merz-Kramp-Karrenbauer beschworen. Das kam der Regie der CDU-Führung entgegen, nach außen Geschlossenheit zu zeigen. So wurde dann die …..
Nachkommen der Verfolgten des Naziregimes, von Exil und Widerstand melden sich zu Wort
Als Nachkommen der NS-Verfolgten, des Widerstands und des Exils wollen wir uns gemeinsam einsetzen für eine Welt des Friedens, der Freiheit und der Solidarität.« Dieses Bekenntnis stammt aus einem Aufruf der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) Berlin, abgedruckt auf der Rückseite einer neuen Publikation, in der sich…
Nutzer*innen und Anwohner*innen fordern Wiedereröffnung – Bezirksamt präsentiert neuen Betreiber
»Sibylle muss bleiben« stand auf einem der bunten Schirme, die am Mittwochabend vor der Karl-Marx-Allee 72 in Friedrichshain aufgespannt waren. Mehr als 50 Menschen hatten sich dort zum Antifa-Jour-fixe der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und Antifaschistinnen (VVN-BdA) versammelt. Immer am dritten Montag im Monat hatten diese Treffen in den letzten Jahren im »Café Sibylle« stattgefunden. Bis es Anfang April schließen musste, weil der Betreiber, die Bildungseinrichtung für berufliche Umschulung und Fortbildung (BUF), in Insolvenz gegangen ist.
Doch viele Nutzer*innen des Cafés wollen sich damit nicht abfinden, wie am Mittwochabend deutlich wurde. In einer kämpferischen Rede erinnerte die Künstlerin Gina Pietsch an die 100 Veranstaltungen, die die VVN-BdA in der Vergangenheit im »Café Sibylle« organisiert hat. Auch Aktionskünstlerin Ute Donner setzte sich für die Wiedereröffnung ein. Sie hat die bunten Schirme mit den Protestbotschaften gestaltet. »Ein Rettungsschirm für das das Café Sibylle« ist ihre Losung. Zu denen, die mit dem Café auch ihren Nachbarschaftstreff wiederhaben wollten, zählen auch Anwohner*innen. Einige von ihnen erinnerten daran, dass sie vor mehr als 60 Jahren die Häuser in der Stalinallee, wie die Karl-Marx-Allee bis 1961 hieß, selbst mitgebaut hatten. Die seit 2001 im »Café Sibylle« gezeigte Ausstellung zur Geschichte dieser Straße und ihrer Bauten ist seit der Schließung nicht mehr zugänglich.
Dafür, dass sich das möglichst bald ändert, traten am Mittwoch nicht nur Bezirkspolitiker*innen von SPD, Grünen und LINKE ein. Wie schnell das geschehen könnte, damit hatte keiner gerechnet. Zur Überraschung vieler Teilnehmer*innen war auch der neue Betreiber gekommen. »Der Vertrag wurde kürzlich unterschrieben. Ab 1. Oktober wollen wir das ›Café Sibylle‹ wieder öffnen«, erklärte Angelika Zachau von der puk a malta GmbH, einer Einrichtung der Gemeinwesenarbeit, die bisher im Soldiner Kiez in Wedding aktiv war. »Puk ist die Abkürzung für Projektschulung, Unterrichtsmedien und Kommunikation, a malte ist portugiesisch und bedeutet ›für die Menschen aus dem Kiez‹«, erläuterte Zachau.
Doch das Misstrauen der Sibyllianer*innen war am Mittwoch spürbar. Manche befürchten die weitere Abwicklung der DDR-Geschichte, bemängelten fehlende Transparenz bei der Vergabe. Mehrere Redner*innen mahnten eine enge Kooperation mit den langjährigen Pächtern um Peter Schröder an. Zachau versicherte, die Ausstellung solle inhaltlich nicht verändert werden. Auch die Antifa-Jour-ixes solle es ab Oktober wieder geben.
Zugleich kündigte Zachau Veränderungen an. Dafür, dass das »Café Sibylle« für junge Antifaschist*innen attraktiver werden soll, bekam sie Zustimmung. »Am vergangenen Samstag demonstrierten zahlreiche junge Menschen ganz in der Nähe gegen den Heß-Aufmarsch. Warum sind die jetzt nicht hier?«, fragte eine ältere Frau.
Zu dem von einigen gewünschten Händedruck zwischen alten und neuen Pächtern des »Café Sibylle« ist es am Mittwochabend nicht gekommen. Aber man wolle, wie einige Teilnehmer*innen am Ende erklärten, das Beste aus der Situation machen.
Am Dienstag informierte das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg offiziell über die Vertragsunterzeichnung mit puk a malta. Der Weiterbetrieb des traditionsreichen »Café Sibylle« sei damit gesichert, hieß es.
In eindringlichen Worten beschwor der 90-jährige Volkmar Harnisch die Anwesenden, dem Aufstieg einer neuen rechtspopulistischen Bewegung in Deutschland entgegen zu treten. Er war 1944 im Alter von 17 Jahren von den Nazis inhaftiert worden. Am Freitagabend eröffnete er in der TU Berlin eine Konferenz der Vereinigten der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistischen (VVN-BdA). Unter dem Titel »Deutschland wieder gutgemacht?« befasste sie sich mit dem Wandel der Erinnerungspolitik an das NS-Regime. Harnisch ist einer der wenigen noch lebenden Widerstandskämpfe
Wie wird eine Erinnerungspolitik ohne die Zeitzeugen aussehen? Das ist eine Frage, die sich auch der Leiter der KZ-Gedenkstätte Neuengamme Detlef Garbe in seinem Einführungsreferat stellte. Er warnte vor einem »Aufarbeitungsstolz« deutscher Politiker, die eine neue Rolle Deutschlands in der Weltpolitik damit begründen, dass das Land sich der NS-Geschichte vorbildlich gestellt habe. Garbe erinnerte daran, dass bis in die 1980er Jahre der Kampf um Erinnerungsorte von NS-Terror und Verfolgung eine Aufgabe zivilgesellschaftlicher Organisationen war und von der Politik oft ignoriert oder gar sabotiert wurde. Er betonte, Gedenkpolitik müsse auch weiterhin politisch verunsichern. Wenn die AfD in den Bundestag einziehe, stünden ihr auch Sitze in Kommissionen zu, die sich mit Gedenkpolitik befassen. Zudem beklagte der Historiker daraufhin, dass der Etat für die Aufarbeitung der DDR-Geschichte größer sei als für die Erinnerung an den NS-Terror. Der Publizist Wolfgang Herzberg wiederum, der als Kind jüdischer Kommunisten im britischen Exil geboren wurde, verwahrte sich in einer engagierten Rede gegen die Gleichsetzung der DDR mit dem NS-Regime.
In einer von der Historikerin Cornelia Siebeck moderierten Podiumsdiskussion ging es dann um die Frage, wie eine Erinnerungspolitik aussehen kann, die in die aktuelle Politik kritisch intervenieren will. Nach dem Tod der letzten Zeitzeugen befürchtet sie eine Historisierung des Faschismus. Der Publizist und Jurist Kamil Majchrzak verwies in diesem Kontext auf die Verantwortung der dritten Generation, der Kinder und Enkel von NS-Opfern und Widerstandskämpfern. Dabei griff er eine Diskussion auf, die in Israel schon einige Jahre geführt wird. Majchrzaks Großvater war NS-Widerstandskämpfer und KZ-Häftling. Dessen Erfahrungen hätten auch ihn geprägt.
Für Anne Allex von der AG »Marginalisierte gestern und heute« ist Geschichte der Verfolgung in der NS-Diktatur noch längst nicht vollständig erforscht. Sie wies daraufhin, dass Menschen, die von den Nazis als »arbeitsscheu« und »asozial« klassifiziert wurden, bis heute keine Entschädigung erhalten haben und in den Nachkriegsjahren oft weiter verfolgt wurden. Der Wissenschaftler Stefan Heinz, der in einem Forschungsprojekt der FU Berlin über das Schicksal von Gewerkschaftern und Gewerkschafterinnen im NS-Staat mitarbeitet, ist der Überzeugung, dass vor allem die Widerstandsgeschichte der Arbeiterbewegung gegen die Hitlerdiktatur noch nicht ausgeforscht sei.
Die gutbesuchte Konferenz machte deutlich, dass die Gruppe jener wächst, die sich gegen Versuche stemmt, die Erinnerungspolitik an die Verbrechen des NS-Staates als vergangene Geschichte zu betrachten.
Erinnerungen an Werner Gutsche, Geschichtsaufklärer und Streiter gegen Rechtsradikalismus
»Er wollte das NS-Unrecht aufdecken, seien es die in Neukölln jahrelang verschwiegenen Zwangsarbeitslager, die vergessenen SA-Folterstätten oder das verschmähte Erinnern des kommunistischen Widerstands.« Mit diesen Worten würdigt Hans Coppi, Vorsitzender der Berliner VVN-BdA, den Neuköllner Kommunisten Werner Gutsche. Bis zu seinem Tod 2012 hat sich jener unermüdlich gegen Rassismus und Rechtsradikalismus engagiert.
Freunde und Genossen erinnern sich an ihn in diesem Buch, das zugleich die Geschichte der linken Opposition in Berlin-Neukölln zeichnet. Hierfür haben die Historiker Matthias Heisig und Bernhard Bremberger ohne jegliche finanzielle Unterstützung recherchiert.
Über Gutsches Zeit in der Wehrmacht erfährt man nur wenig. Sein politisches Bewusstsein erwachte in russischer Kriegsgefangenschaft und beim Besuch einer Antifa-Schule, die er mit Hans Modrow absolvierte. Auch Gutsche wird Mitglied der SED, lebte jedoch in der Frontstadt Westberlin. Er sammelte Unterschriften für den Stockholmer Appell zur Abschaffung der Atomwaffen und setzte sich für eine ehrliche, kritische Aufarbeitung der NS-Vergangenheit ein. Seine Aufforderung an Mitstreiter vom Neuköllner Geschichtsverein »Da müsst ihr euch mal drum kümmern« wurde Titel gebend. Gutsches Einsatz verdankt sich die Benennung des Neuköllner Sportstadions nach dem antifaschistischen Widerstandskämpfer Werner Seelenbinder, der als Kommunist in Westberlin lange tabu war.
Das Buch informiert über eine Widerstandsgruppe gegen die Nazis an der Rütlischule, die Bestreikung von SA-Sturmlokalen durch Arbeiter sowie einen Schauprozess gegen Kommunisten 1935, der mit Todesurteilen endete. Christian von Gelieu weist auf blinde Flecken der kommunistischen Geschichtsschreibung hin. Gemeinsam mit seiner Frau Claudia ist der Historiker übrigens vor einigen Wochen Opfer rechter Gewalt geworden. Der Terror von Neonazis beweist einmal mehr, wie wichtig Bücher wie dieses sind.
Frieder Boehne/ Bernhard Bremberger/ Matthias Heisig: »Da müsst ihr euch mal drum kümmern. « Werner Gutsche (1923–2012) und Neukölln.
Metropol. 300 S., br., 22 €.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1045570.politisches-erwachen-in-gefangenschaft.html
Peter Nowak