Konfliktbehaftete Diskussionen gehören für viele zu Weihnachten wie Tannenbaum und Rotkohl. Ein paar Tipps für den Besuch zu Hause.
Die Feiertage stehen vor der Tür und bewegungstechnisch sieht es in der kommenden Woche recht mau aus, um nicht zu sagen ruhig und besinnlich. Kein Wunder, denn schließlich fährt halb Berlin (einschließlich des Autors) zurück in die Provinz, aus der sie irgendwann einmal entflohen ist. Zeit also mal herunterzufahren, tiefenzuentspannen und Kraft für die kommenden Kämpfe sammeln.
Schön wärs, denkt sich jetzt wahrscheinlich ein nicht unwesentlicher Teil der Lesenden, für die alljährliche Heimfahrt eben keine Entspannung bedeutet, sondern harte politische Arbeit. Ob der, mittlerweile schon zum Archetyp hochstilisierte rassistische Onkel, die esoterische Tante, die impfkritischen Cousins oder sogar die eigenen Eltern, die seit neuestem ihre Leidenschaft für montägliches Demonstrieren entdeckt haben – die Aussichten, Weihnachten ohne ermüdende Diskussionen zu verbringen, dürfte bei vielen ähnlich düster sein wie die herannahende Omikron-Welle. Was tun? Wegducken und schweigend hinnehmen sind die schlechtesten Optionen, zumal nicht alle, die Bedenken haben sich Impfen zu lassen gleich echsengläubige Nazis sind. Gute Argumente und aktiver Widerspruch wirken dann manchmal doch oder können dem Gesprächspartner dabei helfen, sich nicht in einen Strudel von Verschwörungserzählungen ziehen zu lassen. Oftmals prägt das soziale Umfeld die politischen Einstellung einer Person erheblich mit – von daher, ein Versuch ist es allemal wert, auch wenn es anstrengend ist.
n jedem Fall lohnt es sich gut informiert zu sein. Impfskeptiker:innen und Maßnahmengegner:innen verbringen oft sehr viel Zeit damit ihre Argumente vorzubereiten, von daher ist es ratsam sich mit den gängigsten Behauptungen auseinanderzusetzen, um sie mit harten Zahlen und Fakten entkräften zu können. Mittlerweile gibt es viele gute Argumentationsleitfäden, zum Beispiel der Faktenfuchs vom Bayrischen Rundfunk.
Für linke Menschen bürgen solche Diskussionen zusätzlich die Gefahr, in eine Rolle gedrängt zu werden, in der man unfreiwillig zur Verteidiger*in der Regierungspolitk wird. Um nicht als Ja-Sager abgestempelt zu werden, sollte man nicht vergessen zwischendurch mal zu erwähnen, was man selbst am aktuellen Pandemiemanagement scheiße findet, zum Beispiel dass Impfstoffpatente schon längst global freigegeben und Pharmaunternehmen am besten enteignet werden sollten. Zur Positionsfindung zu einer starken linken Kritik in der Krise lohnt sich ein Blick in den kürzlich erschienen Sammelband „Corona und linke Kritik(un)fähigkeit“ (herausgegeben von Gerhard Hanloser, Peter Nowak und Anne Seeck, erschienen im Verlag AG Spak Bücher, 19,00€).
Jonas Wahmkow