Linke Geschichte plakativ Projektgruppe Druckmachen (Hg.) Druck machen. Linke Plakate in Thüringen seit 1990 Assoziation A, Berlin/Hamburg 2024, 240 Seiten, 30 Euro, ISBN 978-3-86241-504-5
Es ist dem Herausgeber*innenkreis zu danken, dass sie mit der Dokumentation der Plakate und ihrer sparsamen, informativen Kommentierung die linke Basisarbeit vieler Menschen wieder
in Erinnerung gerufen haben. Das hat nicht nur historischen Wert. Wir sehen beim Stöbern im Buch, dass sich die Gruppen und politischen Akteur*innen ebenso verändern wie die
Drucktechnik. Die Themen, der Kampf gegen alle Arten von Kapitalismus, Faschismus, Patriarchat aber bleiben gleich.
Am 25. Januar 2003 wollte der 48jährige Hartmut Balke mit seinem Sohn eine Punk-Party in Erfurt besuchen. Er geriet in Auseinandersetzungen mit zwei Neonazis, die in die Party einzudringen versuchten, aber abgewiesen wurden. Die Rechten holten Verstärkung und trafen auf den ahnungslosen Balke. Die schlugen ihn so heftig, dass er stürzte und an einer Gehirnverletzung verstarb. Als Opfer rechter Gewalt ist er bis heute nicht offiziell anerkannt. Dass sein Name noch bekannt ist, liegt an einem Plakat, das …
Peter Badekow, Andre Rebstock, Rüdiger von Hanxleden, Henning Fischer, Rainer Naujoks, Ursel Hochhuth und Fritz Winzer: Martha und Harry Naujoks. Zwei Leben für die Befreiung. Aufbrüche und Niederlagen. Zwischen Revolution und Inferno. Ein Doppelband (Lesebuch 1: Das vergessene Leben der Martha Naujoks; Lesebuch 2: Mein Leben im KZ Sachsenhausen). Kinder des Widerstands Hamburg/Galerie der abseitigen Künste (Hg.), erscheint am 28. März 2025, 1.400 Seiten, 59 Euro
Auf 1.400 Seiten Maßstäbe gesetzt – »Martha und Harry Naujoks. Zwei Leben für die Befreiung« 47 Beiträge zum Thema Faschismus von unterschiedlichen linken Autor*innen machen das Kompendium zu einem Lesebuch über Widerstand und Verfolgung. Die beiden Bände setzen Maßstäbe, wie in einer Zeit, in der die Zeitzeug*innen nicht mehr leben, mit der Geschichte des antifaschistischen Widerstands umgegangen werden könnte.
„Dieser kleine gedrungene unauffällige Mann mit dem ausdrucksvollen Kinn und den hinter einer Brille mit dünnen Metallrahmen versteckten flinken Augen, der mit seinem seltsam wiegenden Gang eher einem Seemann ähnelte, war einer der standhaftesten und klügsten Menschen, die ich in meinen Leben kennenlernte« – Mit dieser Eloge beschrieb der Wissenschaftler Jiří Hájek 1984 den in Harburg geborenen …
e Klimabewegung steckt in einer Krise: Repression, Rückzug und Wahlerfolge rechter Parteien hemmen den Aktivismus. Das Buch «Kipppunkte» analysiert 15 Jahre Klimaaktivismus und zeigt Wege aus der Krise. Simon Schaupps «Stoffwechselpolitik» plädiert für eine proletarische Klimapolitik, die Arbeiter:innen in den Fokus rückt.
Grebenjak Manuel (Hg.), Kipp-Punkte, Strategien im Ökosystem der Klimabewegung,
Unrast-Verlag 2024, 397 Seiten, ISBN: 978-3-89771-378-9, 22 Euro.
Schaupp Simon, Stoffwechselpolitik, Arbeit, Natur und die Zukunft des Planeten,
Suhrkamp-Verlag, 420 Seiten, ISBN:978-3-518-02986-2, 24 Euro.
«Die Klimabewegung befindet sich im Tiefschlaf, um es nett auszudrücken. Und so können jene, die für die Zerstörung der Umwelt verantwortlich sind, wieder ruhig schlafen und ihre Vorlagen durchpushen», schreibt Siro Torresan im vorwärts 35/36/2024. Kein Zweifel, die Klimagerechtigkeitsbewegung ist in der Krise, das hört man auch von Aktivist:innen aus vielen Ländern. Die Repression gegen völlig gewaltfreie Aktionen wächst in vielen Staaten. Zudem erzielen rechte Parteien Wahlerfolge, gerade weil sie – wie Donald Trump – eine Rückkehr zu den Zeiten versprechen, in denen von der Klimakrise noch keine Rede war. Doch wie soll die sehr heterogene Klimabewegung auf diese Rückschläge reagieren? Diese Frage stellt …
Am 1. Januar 2005 trat „Hartz IV“ in Kraft
und hat die Sozialsysteme brachial verändert. Bei der nach dem damaligen VWArbeitsdirektor Peter Hartz benannten
Maßnahme handelte es sich um mehr als
um eine arbeitsmarktpolitische Reform,
wie sie vor allem in Wirtschaftskreisen
zuvor gefordert wurde. Ein zentrales Kapitel von Hartz-IV regelte die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe.
Die Schlagworte lauteten „fördern“ und
„fordern“. Ersteres bezog sich auf die
Unterstützung bei der Jobsuche, Letzteres auf die Peitsche der Sanktionen, mit
denen Menschen diszipliniert werden
sollten, die sich angeblich oder tatsächlich zu wenig um einen Job kümmerten.
Tatsächlich war dies eine Maßnahme, die das Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit wesentlich zuungunsten der Lohnabhängigen veränderte. Sie wurde über viele Jahre von wirtschaftsnahen Instituten und Medien vorbereitet, die wegen angeblich …
Kilian Jörg: Das Auto und die ökologische Katastrophe. Utopische Auswege aus der autodestruktiven Vernunft. Transcript Verlag, Bielefeld 2024, 388 Seiten, 24 Euro,
Aufgeblättert: »Das Auto und die ökologische Katastrophe« von Kilian Jörg. Der Autor gibt eine Erklärung, warum das Auto zum weltweiten Statussymbol werden konnte und trotz der Klimakrise noch immer ist
Die Rechten in vielen Ländern bekommen auch deshalb Zustimmung, weil sie sich zu Verteidiger*innen des Automobilismus aufspielen. Dabei war das Auto noch Anfang des 20. Jahrhunderts bei großen Teilen der Bevölkerung überhaupt nicht beliebt. Vor über 100 Jahren war es sogar gefährlich, in proletarische Gegenden mit dem Auto zu fahren, schreibt der in Wien lebende Philosoph Kilian Jörg in dem Buch …
Peter Kern hat in seinem Buch nicht nur seine Emanzipationsgeschichte in der Pfalz beschrieben, er hat auch eine Geschichte der
pfälzischen Jüdinnen und Juden verfasst.
„Ab in die Kaschee“, die Kinder sollten zu Bett gehen. Vater hatte zu Ende erzählt. Seine Kaschee stand unter der Dachschräge, sein Gitterbett“ (S. 9). Mit diesen Sätzen führt uns Peter Kern ein in das pfälzische Dorf Rodalben, in dem er mit …
Lange Haare, zotteliger Bart, Schlabberkleidung. Die Person auf dem Buchcover sieht aus wie sich Leser*innen der Springerpresse klischeehaft einen Linksalternativen der 1970er in der BRD oder Westberlin vorstellten. Da fehlten nur noch die Zwille oder der Molli.
Dafür ist Sheila, ein mittelgrosser Hund gleich zweimal abgebildet: auf dem Cover und der Rückseite des Buches. Kein Wunder, spielt Sheila doch in dem kürzlich im Immergrün-Verlag erschienenen Roman …
.Der Roman »Der Hund des Terroristen« erzählt die Geschichte einer Generation radikaler Linker aus der Perspektive einer besonderen Beobachterin
Lange Haare, zotteliger Bart, Schlabberkleidung: Die Person auf dem Buchcover könnte direkt einem Klischeebild entsprechen, das Leserinnen der Springerpresse von einem Linksalternativen der 70er Jahre in der BRD oder Westberlin erwarten würden. In den Augen der konservativen Presse hätte sie wahrscheinlich noch eine Zwille oder einen »Molli« in der Tasche. Doch statt dieser Gegenstände findet sich auf dem Cover des Buches eine andere, aber ebenso prägnante Figur: Sheila, ein mittelgroßer Hund, der die zentrale Rolle in dem 2024 im Immergrün-Verlag erschienenen Roman »Der Hund des Terroristen« spielt. Der Titel ist provokant gewählt und bereits auf der ersten Seite wird deutlich gemacht, wie politisch unkorrekt er ist. Klar, von Terroristen schreibt man eher in der Springerpresse, weniger in linken Kreisen. Doch dass der Titel irreführt, erklärt Sheila gleich zu Beginn: …
Selten hat jemand so eindringlich beschrieben, wie der Nationalismus und Militarismus eine Gesellschaft zerstört . Selten kann man in solcher Klarheit lesen, wie Nationalismus und Krieg aus den Menschen Kampfmaschinen machten, die ohne zu zögern, die eigenen Nachbar*innen quälten, misshandelten, demütigten und ermordeten, nur weil sie plötzlich zur „falschen“ Ethnie gehörten.
„Beim Einzug 1975 rochen die beiden Hochhäuser noch nach Baustelle. Das rote hatte 13 Etagen. Um das Unglück nicht heraufzubeschwören, benannten die Bewohner*innen die erste Etage um in ‚Galerie’. Bevor sie zu den Hochhäusern des Todes wurden, feierte man hier gemeinsam Errungenschaften und Erfolge der Arbeiterklasse und übte sich in Solidarität. Denn dort wohnten Lehrerinnen und Ärzte neben Bergarbeitern, Bosniaken neben Serben, Kroaten … – ein phantastisch verdichtetes Bild Jugoslawiens und des multikulturellen Bosniens. Die Aufzüge waren für die Bewohner*innen ein Zeichen der Urbanisierung und des städtischen Lebens.“ So beschreibt der bosnische Schriftsteller …
Arns David E.: Der Weg in die NS-Diktatur. Die Geschichte von Pfungstadt 1928 bis 1933. Die Buchmacherei, Berlin 2024, 267 Seiten, ISBN: 978-3-9825440-5-2, 16 Euro. William, Sheridan Allen: Das haben wir nicht gewollt! – Die nationalsozialistische Machtergreifung in einer Kleinstadt 1930 – 1935. Die Buchmacherei, 332 Seiten, ISBN 978-3-9823317-5-1, 16 Euro.
Was der Historiker hier für die südhessische Kleinstadt konstatiert, kann verallgemeinert werden. Der Faschismus kann nur mit Unterstützung des Bürgertums an die Macht kommen, wenn die organisierten Arbeiter:innen demobilisiert sind oder zerschlagen wurden.
Wer sich in den 1960er Jahren in der BRD mit der Verbrechensgeschichte des NS beschäftigte, erfuhr massiven Widerstand bis hin zu Morddrohungen. Das passierte auch Reinhard Strecker, der 1959 gemeinsam mit Kommiliton:innen und studentischen Organisationen die Wanderausstellung …
Georg Dodegge war Betreuungsrichter am Amtsgericht Essen und ist erster Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft zum Betreuungswesen in Nordrhein-Westfalen. Auf seinem Blog schreibt er über die Entwicklungen im Betreuungsrecht.
Es gibt ein neues Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu ärztlichen Zwangsmaßnahmen. Was beinhaltet die Entscheidung? …
Es ist gut, dass durch den Band anhand dieser Plakate an die Geschichte von staatlicher Repression aber auch von Widerstand erinnert wird. Der Band erinnert so an viele linke Initiativen in den
letzten 30 Jahren, in die Menschen viel Kraft und Energie gesteckt haben und die oft zu schnell vergessen waren. Es wäre zu wünschen, dass sich nach dem Vorbild des Kollektivs in Thüringen auch in anderen Landesteilen Menschen zusammenfinden, die die Plakate der linken Bewegung der Öffentlichkeit bekanntmacht.
Für einige Jahre war Jena ein Zentrum für antirasstischen Protest. Dafür waren in der Stadt lebende Migrant*innen aus afrikanischen Ländern verantwortlich, die sich in jener migrantischen Selbstorganisation organisiert haben, die sich The Voice nannte. Ab Ende der 1990er Jahre war The Voice eine wichtige Stimme für die Rechte von Geflüchteten. Später sind neue Gruppen dazugekommen und um The Voice ist es still geworden. Doch an sie sollte erinnert werden, weil sie zu den Pionier*innen der antirassistischen Arbeit in Deutschland gehören. Jetzt gibt ein Bildband die Gelegenheit, an The Voice zu erinnern. In dem kürzlich erschienenen Band …
Kilian Jörg: Das Auto und die ökologische Katastrophe Utopische Auswege aus der autodestruktiven Vernunft Transcript Verlag, Bielefeld 2024 390 Seiten, 24 Euro ISBN 978-3-8376-7408-8
Das Auto steht nicht nur für eine ökologische, sondern auch für eine gesellschaftliche Katastrophe. . Kilian Jörgs Buch weist das mit profunden Wissen über die Phliosophie des Automibilismus nach. Es ist auch für KritikerInnen lesenswert und wäre eine gute Diskussionsgrundlage über die Utopie einer Gesellschaft jenseits des Kapitalismus und seinem Automobil.
Über die Herbstmonate war auf dem Mittelstreifen des Boulevards Unter den Linden in Berlin-Mitte eine aufschlussreiche Open-Air-Ausstellung zu sehen: …
Isaaks N. Steinbergs fast 100 Jahre alte Schrift «Gewalt und Terror in der Revolution» ist auch heute noch mit Gewinn zu lesen, weil Steinbergs Auseinandersetzung mit der Linie der Bolschewiki eben nicht nur eine Kritik an altkommunistischen und neoleninistischen Gruppen ist.
„Den Namen Isaak Nahman Steinberg findet man auf der nur mühsam rekonstruierbaren, keineswegs aber kurzen Liste der vergessenen und weitgehend unbekannten Revolutionäre“, schreibt der Soziologe Hendrik Wallat in einer Publikation aus dem Jahr 2014, die die Rosa-Luxemburg-Stiftung über den Vergessenen unter den Titel…
Interview
Lars Hirsekorn, Jahrgang 1972, ist seit 1994 VW-Arbeiter in Braunschweig und seit 2022 Mitglied des dortigen Betriebsrats. Er unterstützt die Initiative »VW heißt Verkehrswende«, die sich dafür einsetzt, dass bei VW künftig Bahnen statt Autos produziert werden.