Deutsche Bank hat sich nicht vom Acker gemacht


Entgegen Versprechungen gegenüber foodwatch zieht sich die Deutsche Bank anscheinend nicht aus Geschäften mit der Spekulation von Nahrungsmitteln zurück

Die NGO foodwatch wirft der Deutschen Bank vor, weiterhin nicht aus dem Geschäft mit der Nahrungsmittelspekulation auszusteigen und eine Entscheidung darüber hinauszuzögern. Damit habe Josef Ackermann ein Versprechen gebrochen, so die enttäuschte foodwatch-Sprecherin Christiana Groß.

Die Organisation hatte Ende Oktober letzten Jahres einen Report unter dem Titel Die Hungermacher veröffentlicht, in dem die Folgen der Nahrungsmittelspekulation geschildert werden. An konkreten Beispielen wurde aufgezeigt, wie dadurch die Lebensmittelpreise steigen und für viele Menschen im globalen Süden unerschwinglich werden. Unter dem Motto „Hände weg vom Acker, Mann“ initiierte die Organisation eine Protestkampagne.

Die kritische Berichterstattung setzte die Deutsche Bank unter Druck und Ackermann kündigte eine Entscheidung bis Ende Januar an. In einem Brief an den Vorsitzenden von foodwatch, Thilo Boode, schrieb Ackermann:

„Ich teile Ihre Betrübnis darüber, dass viele Menschen auf dieser Welt immer noch in Armut leben und Hunger leiden müssen.“

Eigene Studie angekündigt

Doch jetzt will die Deutsche Bank erst einmal weiterprüfen. „Wir stehen erst am Anfang der von mir zugesagten Überprüfung unseres Geschäfts mit Agrar-Rohstoffen“, hieß es in einem Brief von Ackermann an foodwatch. Per E-Mail ergänzte die für Nachhaltigkeit zuständige Mitarbeiterin Ackermanns, die Deutsche Bank werde nun „in den kommenden Monaten eine umfassende Studie zum Thema“ erarbeiten. Einen konkreten Zeitpunkt für die Entscheidung nannte sie allerdings nicht. Das ist für foodwatch eine unverständliche Haltung, zumal es schon zahlreiche Studien über die Folgen der Nahrungsmittelspekulation gebe.

„Während die Deutsche Bank angeblich prüft und Studien erarbeitet, sterben Menschen in den ärmsten Ländern an Hunger – auch wegen der Spekulationsgeschäfte der Deutschen Bank“, moniert der foodwatch-Vorsitzende Thilo Bode. Er zweifelt mittlerweile an der Bereitschaft der Deutschen Bank, die Folgen der Nahrungsmittelspekulation ernsthaft überprüfen zu wollen. Schließlich habe bei einem Gespräch von foodwatch mit Deutsche-Bank-Vertretern in London Mitte Dezember 2011 ein leitender Rohstoff-Händler sogar klipp klar zugegeben, dass er den foodwatch-Report nicht einmal gelesen habe.

Das Thema Nahrungsmittelspekulation und die Deutsche Bank wurde im Dezember letzten Jahres öffentlich prominent durch einen vom Zentrum für politische Schönheit produzierten Film, in dem Manager der Deutschen Bank recht offenherzig über Nahrungsmittelspekulation und die afrikanischen Länder reden. Nachdem die Deutsche Bank mit der Begründung, die Interviews seien nicht autorisiert gewesen, juristisch gegen den Film vorgehen wollte, war das Thema erst richtig bekannt geworden (Die Bank, die Kunst und der Hunger).
http://www.heise.de/tp/blogs/8/151343
Peter Nowak

Bank, die Kunst und der Hunger


Facebookproteste in Deutschland zwangen die Deutsche Bank zum Einlenken

Der Pressesprecher der Deutschen Bank hätte vielleicht einmal googeln sollen, bevor er Interviews gibt. Dann hätte erfahren, dass das Zentrum für politische Schönheit keine konventionellen Interviews macht, in denen die Gesprächspartner sich selber produzieren können. Bei dem Zentrum handelt sich nämlich um eine Schnittstelle zwischen Aktionskunst und Politaktivismus. Spätestens mit ihrer versuchten Versteigerung der Bundeskanzlerin wurde es zu einem Medienthema (s.a.: Rechtsstaat gegen Schönheit?).

Jetzt haben die Aktionskünstler die Öffentlichkeit zumindest im Internet wieder auf ihrer Seite. Haben Sie doch die Deutsche Bank zum Einlenken gezwungen. Sie wollte juristisch gegen einen 15minütigen Filmbeitrag mit dem Titel Schuld – Die Barbarei der Privatheit vorgehen. In dem streckenweise sehr moralischen Film ist auch ein Gespräch mit dem Pressesprecher der Deutschen Bank zu hören. Stein des Anstoßes war ein Ausschnitt von knapp 90 Sekunden des Gesprächs, in dem dieser den Afrikanern die Schuld an ihrer Armut gibt. Die Justiziare der Deutschen Bank forderten zunächst die Entfernung des nichtautorisierten Gesprächs. Nachdem sich die Aktionskünstler weigerten und der Fall immer größere Wellen in der Öffentlichkeit schlug, verzichtete die Deutsche Bank auf die angekündigten juristischen Schritte. Telepolis sprach mit dem Gründer des Zentrums für politische Schönheit Philipp Ruch über die Gründe.

Ist der Verzicht der Deutschen Bank auf die Klage ein Erfolg der Internetproteste?

Philipp Ruch: Das kann man so sehen. Nach Bekanntwerden eines Eingriffsversuchs der sonst so kunstaffinen Deutschen Bank in die Kunstfreiheit wurde der Film zum Gesprächsthema Nummer 1 im Internet. Nach den ersten Agenturmeldungen über den Fall hagelte es Kritik auf der Facebook-Seite der Bank. Die Deutsche Bank wird aber eher wegen des Interesses von drei überregionalen Zeitungen eingelenkt haben. Sie dachte wohl, damit wäre die Sache aus der Welt.

Wurde nicht vor allen wegen der drohenden Eingriffe in die Kunst protestiert?

Philipp Ruch: Die Kunst war nur der Anlass. Es ging von Anfang an um die unmoralischen Geschäfte mit dem Hunger von Millionen Menschen. Bis heute hält der Proteststurm an. Ich fürchte, die Bank wird sich bald erklären müssen.

Hätten Sie das Interview nicht autorisieren müssen?

Philipp Ruch: Ich bin kein Jurist. Es ist aber schon verwunderlich, dass die Bank, die das Leben und die Rechte hunderttausender Menschen qualitativ dramatisch verschlechtert, sich bei uns über die Verletzung von Gesetzen beschweren will.

Gab es Einigungsversuche im Vorfeld?

Philipp Ruch: Wir hatten im Vorfeld Gespräche mit drei verschiedenen Abteilungen der Bank, in denen wir eine nichtöffentliche Einigung erzielen wollten. Alle drei Stellen verhielten sich dabei ziemlich merkwürdig. Ich habe selten erlebt, dass Menschen, die professionell Öffentlichkeitsarbeit betreiben wollen, so wenig Sensibilität für die Bedeutung von Strafanzeigen seitens der Deutschen Bank gegenüber Aktionskünstlern besitzen. Insbesondere der Pressesprecher kam uns zeitweise wie eine schlechte Kopie von Achilles vor, der nicht weiß, wann man Gefühle zulässt und wann man schweigt. Er drohte mir ernsthaft mit zwei Jahren Gefängnis. Ich weiß ja nicht, in welchen Ländern er sich so herumtreibt. Aber in jedem Fall wäre ihm eine Welt genehm, in der Menschen für unliebsame Werke in Haft kommen.

Wie konnten Sie den Banksprecher überhaupt zu einem Interview gewinnen?

Philipp Ruch: Indem wir anriefen, uns als Dokumentarfilmreporter zu erkennen gaben und nach einem Interview fragten. Danach hat er uns eine halbe Stunde mit dem Nutzen von Nahrungsmittelspekulationen vollgequatscht. Daraufhin habe ich ihm vom Nutzen gigantischer Freiluftgulags vorgeschwärmt, die so groß sind wie Staaten. Da war dann erst mal Ruhe.

Hatten Sie Schwierigkeiten, Vertreter aus Wirtschaft und Politik vor die Kamera zu bekommen?

Philipp Ruch: Nein. Die großen Akteure warten darauf. Das Thema findet keine Beachtung. Das Zentrum für Politische Schönheit nimmt sich generell nur schwersten Menschenrechtsverletzungen an. Die sind allesamt „under-reported“, wie es im Englischen heißt. Wie kann es sein, dass Deutschland heute drittgrößter Waffenhändler der Welt ist? Wie kann es sein, dass im Kongo über sechs Millionen Menschenleben vernichtet werden, ohne dass wir es mitbekommen?
http://www.heise.de/tp/artikel/36/36117/1.html
Peter Nowak

Sarrazin – schädlich für das deutsche Image?

Die Deutsche Bundesbank bittet den Bundespräsidenten um die Entlassung von Sarrazin

Neben seiner SPD-Mitgliedschaft könnte der ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin wegen der Veröffentlichung seines Buches „Deutschland schafft sich ab“ (Sozialdarwinismus wird hoffähig) und den nachfolgenden Diskussionen jetzt auch seinen Posten bei der Deutschen Bundesbank los sein.

„Der Vorstand der Deutschen Bundesbank hat heute einstimmig beschlossen, beim Bundespräsidenten die Abberufung von Dr. Thilo Sarrazin als Mitglied des Vorstandes zu beantragen. Der ‚Corporate Governance‘-Beauftragte der Deutschen Bundesbank, Professor Dr. Uwe Schneider, unterstützt diesen Antrag uneingeschränkt“, heißt es in einer knappen Mitteilung der Bundesbank.

Die Nachricht kam nicht überraschend. Schon in der Donnerstagsausgabe der Berliner Zeitung war die Entscheidung zum Rausschmiss vermeldet worden. Dass die offiziell noch um einen Tag verschoben wurde, liegt an dem komplizierten Prozedere. Anders als normale Arbeitnehmer können Bankvorstandsmitglieder nur durch den Bundespräsidenten entlassen werden. Es ist wahrscheinlich, dass Wulff dem Antrag auf Abberufung von Sarrazin nachkommt. Schließlich hatte er in einem Radiointerview erklärt: „Ich glaube, dass jetzt der Vorstand der Deutschen Bundesbank schon einiges tun kann, damit die Diskussion Deutschland nicht schadet – vor allem auch international“.

Damit hat er auch den Grund für die zunehmende Schelte genannt, die Sarrazin in den letzten Tagen von allen Seiten trifft. Neben verschiedenen Regierungsmitgliedern hat sich auch Bundeskanzlerin Merkel in den Chor der Sarrazin-Kritiker eingereiht. Sarrazin hat es seinen Gegnern auch leicht gemacht. Zunächst wollte er ein Juden-Gen in der wissenschaftlichen Debatte ausgemacht haben, dann legte er sich mit den Publizisten Michel Friedmann wegen eines kritischen Interviews an.

Rechter Lafontaine?

Je mehr Sarrazin vom Mainstream ausgegrenzt wird, desto mehr Lob bekommt er von rechts. Die Wochenzeitung Junge Freiheit feiert ihn als Tabubrecher. Das Blatt lancierte auch eine Umfrage, ob Sarrazin eine neue rechte Partei gründen solle.

Die Junge Freiheit bastelt seit Jahren an Parteigründungsprozessen rechts von der CDU, aber möglichst ohne NS-Bezug. In Berlin stehen gleich mehrere rechte Formationen bereit, im nächsten Jahr zur Wahl des Abgeordnetenhauses zu kandieren. Neben der Pro-Deutschlandbewegung könnte auch der aus der CDU ausgetretene Islamgegner Rene Stadtkewitz mit einer eigenen Formation antreten, wenn er nun wegen der Einladung des holländischen Islamgegners Geert Wilders auch aus der CDU-Fraktion ausgeschlossen wird (Keine Tea-Party-Bewegung in Deutschland). Manche hoffen nun, dass der politikerfahrene Sarrazin die Rolle von Oskar Lafontaine von rechts übernimmt. Der hatte mit seiner Kandidatur die zerstrittenen Formationen links von der SPD zur Einigung gedrängt. Sarrazin, so hoffen seine Fans, könnte dasselbe mit den ebenso zerstrittenen Rechten versuchen (NPD und pro Deutschland werben um Thilo Sarrazin).

http://www.heise.de/tp/blogs/8/148307

Peter Nowak