Die Friedensbewegung diskutiert in Kassel über Aufrüstung und Ukraine-Krieg

Jede Menge Gesprächsstoff

Das Treffen des Friedensratschlags wird im zentral in der Kasseler Innenstadt gelegenen Philipp-Scheidemann-Haus stattfinden. Die Zahl der Anmeldungen sei groß, so van Ooyen. Das mache deutlich, dass es in der Friedens- und der Antimilitarismusbewegung ein großes Bedürfnis nach einer gemeinsamen Diskussion über die Einschätzung der aktuellen politischen Lage gebe.

Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut (SIPRI) hat erst kürzlich über weiter steigende Gewinne der Rüstungsindustrie informiert. Die deutschen Konzerne Rheinmetall, Thyssen-Krupp, Hensoldt und Diehl steigerten ihren Umsatz auf 9,3 Milliarden Dollar. Wo bleibt da die Friedens- und Antimilitarismusbewegung? Diese Frage muss man sich stellen. Es gab in den letzten Monaten zwar dezentrale Aktionen gegen die weitere Aufrüstung. Doch bundesweite Proteste wie sie im Sommer mit der Initiative »Zivile Zeitenwende« initiiert wurden, erreichten nur einen begrenzten Teilnehmer*innenkreis und fanden keine Fortsetzung. Doch die Friedensbewegung ist keineswegs untätig. So wandten sich vor einigen Wochen …

… Antmilitarist*innen mit einen »Appell für den Frieden« an die Bundesregierung und die Bundestagsabgeordneten. Es wurde eine von der UN koordinierte weltweite Abrüstung sowie eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts gefordert. Zu den Erstunterzeichner*innen gehören unter anderem Angelika Claußen von der Organisation Ärzt*innen für die Verhinderung eines Atomkrieges – Ärztinnen in sozialer Verantwortung (IPPNW), Ulla Klötzer von der feministischen Organisation Women for Peace und Ekkehard Lenz vom Bremer Friedensforum.
Bei den Unterzeichner*innen handelt es sich oft um langjährige Aktivist*innen der Friedensbewegung. Einige werden nun am kommenden Wochenende in Kassel auch auf dem diesjährigen Friedensratschlag anwesend sein.

Dabei handelt es sich seit Jahren um ein Treffen, bei dem zum einen Bilanz über die bisherige Arbeit gezogen wird, zum anderen aber auch Perspektiven für die weitere Friedensarbeit diskutiert werden. »Zwei Jahre konnten wir uns wegen der Corona-Pandemie nur digital treffen. Jetzt machen wir wieder eine zweitägige Präsenzveranstaltung«, erklärt der langjährige Friedensaktivist Willi van Ooyen gegenüber »nd«. Das Treffen wird im zentral in der Kasseler Innenstadt gelegenen Philipp-Scheidemann-Haus stattfinden. Die Zahl der Anmeldungen sei groß, so van Ooyen. Das mache deutlich, dass es in der Friedens- und der Antimilitarismusbewegung ein großes Bedürfnis nach einer gemeinsamen Diskussion über die Einschätzung der aktuellen politischen Lage gebe.

Auf dem Auftaktplenum am Samstagmittag wollen Jörg Kronauer, Christin Bernhold, Peter Wahl und Karin Kulak über »die globale Umbruchsituation und die neue Weltordnung« diskutieren. Im Anschluss ist ein Vortrag von Jürgen Wagner zu den deutschen Großmachtambitionen im Rahmen der aktuellen Nato-Strategie geplant. Danach soll in Workshops über Konflikte in verschiedenen Regionen der Welt und am Nachmittag dann in parallelen Podien unter anderem über die Kontroversen zum Ukraine-Krieg und zu Umweltfragen in der Friedensbewegung diskutiert werden. Am Sonntagvormittag wollen sich Daniela Dahn, Norman Paech, Michael Müller und Michael von der Schulenburg über Verhandlungslösungen für die Ukraine austauschen. Zum Abschluss am Sonntagmittag wird es ein Referat von der Linke-Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen zum Thema »Sozialproteste und Friedensbewegung« geben. Im Anschluss ist dann noch eine Diskussion über die Herausforderungen der Friedensbewegung durch Kriege und Hochrüstung geplant. 

Es bleibt die Frage, ob bei dem sehr ambitionierten Programm Zeit bleibt, ausführlicher über Perspektiven zu reden. Erneut darum wird es auf jeden Fall auf einem von IPPNW und der Peace Academy vorbereiteten Seminar zum Thema »Klimagerechtigkeit und Frieden zusammen denken« gehen, das vom 24. bis 26. Februar in Berlin stattfindet. 

Ganz aktuell ist ein IPPNW-Aufruf für einen sofortigen Stopp der Planungen für einen Ankauf der F35-Kampfjets. Es habe nie eine demokratische Entscheidungsfindung oder eine gesetzliche Grundlage für die nukleare Teilhabe gegeben, in deren Rahmen die F-35-Kampfjets angeschafft werden, so die Friedensorganisation. Die Bundeswehr will für zehn Milliarden Euro 35 dieser Kampfjets anschaffen. Es wird mit erheblichen Mehrkosten gerechnet. Peter Nowak