Zweite Tote nach Tasereinsatz der Polizei im letzten Jahr in Hessen

Das Schweigen der Polizei

Der Pressesprecher der Linksfraktion im hessischen Landtag sieht ein zentrales Problem darin, dass die Polizei bisher gesetzlich nur zur Meldung verpflichtet ist, wenn durch Schusswaffengebrauch Menschen sterben, verletzt werden oder Sachschaden entsteht. Da Taser aus Sicht der Polizei nicht als Schlusswaffen gelten, besteht hier eine gesetzliche Grauzone.

Wegen eines Todesfalls vor 18 Monaten muss sich der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) kritischen Fragen von Medien und Linksfraktion stellen. Ein 63-jähriger Mann war im Januar 2018 nach einem Tasereinsatz der Polizei im Krankenhaus gestorben. Zuvor soll er in seiner Wohnung in der Edelzeller Siedlung in Fulda um sich geschossen und dabei auch einen Polizeihund getroffen haben. In der Kritik steht vor allem die …

….Informationspolitik der Polizei. Die Pressestelle des Polizeipräsidiums Osthessen hatte im Januar 2018 lediglich mitgeteilt, dass ein Mann nach dem Tasereinsatz kollabierte und ins Krankenhaus gebracht werden musste, nicht aber, dass er später gestorben ist. »Das ist auch nicht unsere Aufgabe. Sobald durch unsere Beamten eine Waffe oder etwas Waffenähnliches – also hier der Taser – zum Einsatz kommt und zum Tod oder einer lebensbedrohlichen Verletzung eines Menschen führt, übernimmt automatisch das Landeskriminalamt die Ermittlungen«, erklärte Polizeisprecher Martin Schäfer auf Nachfrage der »Osthessen News«, einer regionalen Online-Zeitung.

Der Sprecher des Landeskriminalamts (LKA), Christoph Schulte, begründete dort die unterlassene Information der Öffentlichkeit, dass mit dem Tod des Mannes nicht zu rechnen gewesen war. Daher sei die Meldung beim LKA erst nach einigen Wochen eingetroffen. »Zu diesem Zeitpunkt war das große öffentliche Interesse nicht mehr gegeben, weshalb wohl nicht weiter berichtet wurde«, so Schäfer.

Der innenpolitische Sprecher der hessischen Linksfraktion, Hermann Schaus, fordert ein Aussetzen der Tasereinsätze bis zur endgültigen Klärung der Fälle. Er erinnert in einer Pressemitteilung daran, dass im April 2018 auch in Frankfurt am Main ein Mann nach einem Tasereinsatz der Polizei gestorben ist. Es sei »wieder einmal verblüffend, mit welch hanebüchenen Erklärungen Herr Beuth versucht, das Parlament über die Risiken durch Taser-Einsätze nicht zu informieren«, kritisiert Schaus den Innenminister.

Die LINKE hat in einer Kleinen Anfrage im März 2019 explizit nach Verletzungen, Schäden oder Beschwerden durch Taser-Einsätze gefragt. Der Innenminister hat in seiner Antwort vom 23. April keine konkreten Fälle nennen können. Aber schon einen Tag später hatte Beuth eingestehen müssen, dass es möglicherweise doch einen Todesfall in Frankfurt gegeben habe. Den zweiten Fall aus Fulda, der zeitlich weit davor lag, hat der Minister ebenfalls in seiner schriftlichen Antwort verschwiegen.

Deshalb habe die LINKE noch einmal bei der Landesregierung mündlich nachgefragt, beschreibt Tim Dreyer gegenüber »nd«, wie die beiden Fälle überhaupt öffentlich wurden. Der Pressesprecher der Linksfraktion im hessischen Landtag sieht ein zentrales Problem darin, dass die Polizei bisher gesetzlich nur zur Meldung verpflichtet ist, wenn durch Schusswaffengebrauch Menschen sterben, verletzt werden oder Sachschaden entsteht. Da Taser aus Sicht der Polizei nicht als Schlusswaffen gelten, besteht hier eine gesetzliche Grauzone.

Peter Nowak