AnwohnerInnen wehren sich gegen teure Micro-Appartements, nicht aber gegen günstige Wohnungen

Gegen Luxus-Appartements in der Braunschweiger Straße 21

Wir leben in einer historischen Situation, in der auf Grund des Mangels an bezahlbaren Wohnraum, der Bau von Luxus-Appartements in großen Teilen der Bevölkerung nicht mehr akzeptiert wird.

„Dieses Projekt bietet zeitgemäßes Wohnen in historischem Umfeld und ist eine hervorragende Gelegenheit für Kapitalanleger“, bewirbt die Immobilienfirma Nagel Properties auf ihrer Homepage die geplanten Micro-Appartements in der Braunschweiger Straße 21. Dabei handelt es sich ausschließlich um Eigentumswohnungen. Die Käufer/innen könnten „aus erlesenen Musterkollektionen Fußböden, Bäder und Küche“ auswählen – „auf Wunsch mit Designermöblierung“. Angesprochen sind natürlich nur Menschen, die sich das leisten können. Eine Einzimmerwohnung mit rund 28 Quadratmetern kostet laut der Makleragentur Nagel Properties 170.000 Euro, das 55 Quadratmeter-Appartement bis zu 355.000 Euro. Das ergibt einen durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 6000 Euro. Laut der Internetseite des Immobilienmaklers First Citiz liegt der durchschnittliche Wohnungspreise in Neukölln derzeit bei 4500 Euro pro Quadratmeter. Viele Anwohner/innen rund um die Braunschweiger Straße 21 in Neukölln haben kein Verständnis dafür, dass auf einem Areal Luxus-Appartements entstehen sollen, auf dem viele Jahre….

….ein Edeka-Markt die Versorgung der Bevölkerung garantierte. Nach dem Abriss des Marktes haben Anwohner/innen in den letzten Wochen auf dem Areal kleine Beete angelegt. Bei schönem Wetter sitzt man zusammen, trinkt ein kaltes Getränk, unterhält sich über die eigenen Probleme und auch darüber, wie sich der Kiez entwickelt. „Ich habe noch nie mit so vielen Nachbar/innen geredet, wie in den letzten Wochen auf der Brache“, meinte einer der Anwohner am vergangenen Mittwoch. Da hatte man zum Krisentreffen eingeladen. Denn die Nagel Properties will mit der Errichtung der Luxus-Appartements beginnen. Am vergangenen Montag hatte sie eine Firma beauftragt, die auf der Freifläche entstandenen Einrichtungen und die dort stehenden Möbel zu entsorgen. Doch aufmerksame Nachbar/innen konnten die Mitarbeiter/innen überzeugen, dass es sich hier nicht um Müll handelt, sondern um Utensilien, die die Anwohner/innen auf der Freifläche nutzen. 

Luxusbauten werden nicht mehr akzeptiert 
Bei dem Treffen wurde schnell klar, dass die Anwohner/innen die Brache nicht für die Luxus-Appartements der Nagel Properties räumen wollen. Allerdings ist man nicht generell gegen den Bau von Wohnungen auf den Areal. Das macht schon durch die Parole „Wohnungen für Alle“ deutlich, die auf den Gelände zu sehen ist. „Wir haben unterschiedliche Vorstellungen über das, was auf dem Gelände entstehen soll. Preisgünstige Wohnungen, die sich die vielen Menschen leisten können, die jetzt eine Bleibe suchen, wären eine Option“, erklärt einer der Nachbarn, der die Freifläche seit Wochen nutzt. Doch einig sind sich alle, dass die Pläne von Nagel Properties dazu nicht beitragen. Im Gegenteil, würden sie zu einer Aufwertung des Kiezes führen und auch die Mieten in der Nachbarschaft teurer machen. Auf dem Treffen am Mittwochabend haben sich neben den Anwohner/innen, die sich seit Wochen auf der Brache treffen, auch Unterstützer/innen aus anderen Stadtteilen eingefunden. Dazu gehört auch der Filmemacher Mattias Coers, der mit den Filmen „Mietrebellen“ und „Das Gegenteil von Grau“ in unterschiedliche Kieze und Milieus Einblick nehmen konnte. „Wir leben in einer historischen Situation, in der auf Grund des Mangels an bezahlbaren Wohnraum, der Bau von Luxus-Appartements in großen Teilen der Bevölkerung nicht mehr akzeptiert wird“, erklärte er auf der Versammlung. Diese Stimmung könnte auch den Kritiker/innen der Pläne von Nagel Properties Auftrieb geben. Sie wollen die Unterstützung im Kiez und auch darüber hinaus verbreitern. Am kommenden Donnerstag, den 27. Juni, soll es auf dem Areal der Braunschweiger Straße 21 ab 19 Uhr neben Beiträgen zu einer Stadtentwicklung im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung auch Pantomime und Theater geben. Zum Abschluss wird Matthias Coers Videos über Mietkämpfe in Berlin und anderswo präsentieren.

Peter Nowak