Es sind neue Initiativen gegen den Krieg entstanden, die nicht die Regierungen zu Verhandlungen, sondern die Arbeiter zum Verweigern der Rüstungsproduktion aufrufen.

Neue Impulse für die Bewegung gegen Krieg und Militarismus

Sie richten sich gegen die konkreten Auswirkungen der militaristischen Zeitenwende in Deutschland. Dass kann die Umstellung von Zivil- auf Kriegsproduktion ebenso sein wie der Kampf gegen das Verbot der Zivilklausel oder die Kritik des Veteranentags. Sie handeln nach der Devise „Krieg beginnt hier.“. Das ist auch seit Jahren das Motto des bundesweiten Bündnisses Rheinmetall-Entwaffnen, die in diesem Jahr vom 26.- 31 August in Köln ihr bundesweites antimilitaristische Protestcamp abhalten will

 „Kein Rheinmetall im Wedding“ lautete das Motto einer Demonstration, zu der am 10. Mai zahlreiche linke Gruppen aufgerufen haben. Es waren über 1800 Menschen gekommen. Sie protestierten dagegen, dass in dem Berliner Stadtteil in einem  Pierburg-Werk, das bisher Autoersatzteile produziert hat, demnächst als Filiale des Rheinmetall-Konzerns  Munitionshülsen hergestellt werden sollen. Doch da ist das Werk im Wedding keine Ausnahme. Im Zuge der militaristischen Zeitenwende soll an verschiedenen Standorten ….

… die Produktion von  Zivil- auf Rüstungsgüter umgestellt werden. Dabei hatten sich Rüstungsgegner über viele Jahre für das Gegenteil eingesetzt. Sie warben dafür dass statt Panzer, Waffen oder U-Booten zivile Güter hergestellt werden, beispielsweise Bahnen und Busse.

Nahverkehr statt Panzer

Im sächsischen Görlitz sollen demnächst in einem Werk, in dem über Jahrzehnte Bahnen  produziert wurden, Bestandteile für Panzer hergestellt werden. Dagegen haben Antimilitaristen aus dem Umfeld der Projekt Werkstatt Saasen vom 30. April bis 3. Mai 2025 Aktionstage unter dem Motto „ÖPNV statt Panzer“ organisiert. Jörg Bergstedt von der Projektwerkstatt nannte als Ziel der Aktionstage, die Beschäftigten des Werks anzusprechen und mit ihnen darüber zu reden, warum ein neuer Rüstungsstandort in Görlitz nicht in ihrem Interesse ist.

Nach den Aktionstagen wurde resümiert, dass auch bei vielen Beschäftigten die Ablehnung des Panzerbaus vorhanden ist, aber auch eine resignierte Haltung dominiert. „Das können wir eh nicht ändern. Das ist schon beschlossene Sache“, habe eine der häufig geäußerten Bemerkungen der Arbeiter gelautet. Doch viele Beschäftigte wollte gar nicht reden und gingen an den Infoständen der Antimilitaristen vorbei.

Bergstedt und seine Mitstreiter sind überzeugt: „Nur die Arbeiter könnten noch verhindern, dass in dem Werk Panzer produziert werden.“ Dass ist eine Erkenntnis der Arbeiterbewegung schon vor dem 1. Weltkrieg – und sie ist heute noch  genau so aktuell wie damals. Anders als vor über 110 Jahren sind organisierte Kriegsgegner in der Belegschaft der Werke viel weniger verbreitet. Auf Proteste von außen aber reagieren die Beschäftigen oft reserviert bis ablehnend, wie sich in Görlitz zeigte. Im Wedding waren bei der Demonstration am Samstagnachmittag keine Beschäftigten zu sehen. Aber es gab eine Gruppe aktiver Gewerkschaftler auf der Demonstration, die sich klar gegen die Umstellung weiterer Fabriken auf Rüstungsproduktion aussprachen. Es wird ein Kampf auch in den DGB-Gewerkschaften und vor allem in der IG-Metall sein, die mit dafür entscheidend ist, ob sich auch in den Betrieben eine rüstungskritische Position durchsetzen kann.

Jugend gegen militaristische Zeitenwende

Unter den Protestierenden auch in Görlitz waren viele junge Menschen. Sie trugen Transparente, auf denen sie begründeten, warum sie gerade als junge Menschen sich

an diesen Protesten beteiligten. „Jugend will Bildung statt Krieg“ lautete ein Slogan, „Arbeiten für den Frieden statt für den Krieg“ ein anderer. In verschiedenen Redebeiträgen wurden Themen angesprochen, von denen vor allem junge Menschen durch die militaristische Zeitenwende betroffen sind, die mit den Angriff Russlands auf die Ukraine beschleunigt wurde, aber lange vorher begonnen hat. So berichteten Studierende, dass auch an den Hochschulen zunehmend für die Rüstung geforscht wird.

Kampf um die Zivilklauseln

Zivilklauseln, die genau das verhindern sollten, werden entweder ignoriert, missachtet oder wie in Bayern direkt verboten. Dagegen klagt ein Bündnis, in dem unter anderem die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vertreten ist. Das Thema verdient mehr Aufmerksamkeit, weil die CSU erklärt hat, Zivilklauseln bundesweit verbieten zu wollen. Nun ist die Bildungspolitik Ländersache, aber der neue Bundesinnenminister und CSU-Rechtsaußen Dobrinth könnte sich neue Daumenschrauben ausdenken.

Auch die Diskussion um eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ist ein Thema, das junge Menschen  interessiert und mobilisiert. Noch ist es kein Zwangsdienst, doch es ist unverkennbar, dass diese Richtung eingeschlagen wird.  Die jungen Kriegsgegner wissen, dass auch bei diesem Thema die Grünen kein Bündnispartner mehr sind. Schließlich schlugen die bayerischen Grünen eine Dienstpflicht für alle von 18 bis 67 Jahren vor, den sie in Orwellscher Manier Friedensdienst taufen. Dabei hat sich besonders die Fraktionsvorsitzende der bayerischen GRÜNEN Katharina Schulze profiliert, die noch 2013 klar antimilitaristische und antinationale Positionen vertrat, als sie auf den Mythos der Trümmerfrauen in München hinwies und sich dafür den Hass von Rechten aller Couleur zuzog.

Protest gegen Veteranentag

 Der Hass ist auch denen gewiss, die aktuell mit Adbusting-Methoden gegen den Veteranentag mobil machen. Der soll ab diesem Jahr immer am 15. Juni begangen werden und nach dem Willen der Bundeswehr dem Militär mehr Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit schaffen. Die Initiative dagegen ging vom libertär-gewaltfreien Berliner Antikriegsrat aus. Mittlerweile gibt es in verschiedenen Städten, in denen der Veteranentag begangen wird, Protestvorbereitungen, so auch in kleinen Orten in Niedersachsen.

Schon im Vorfeld will ein bundesweites antimilitaristisches Aktionsnetzwerk mit gezielten Plakatveränderungen nicht nur den Veteranentag, sondern auch die Bundeswehr und ihre Traditionen in den Fokus ihrer Kritik rücken.

Kein Bezug auf Geopolitik

Es handelt sich dabei um verschiedene antimilitaristische Aktivitäten, die sich inhaltlich und auch vom Teilnehmerkreis von den Aktionen der alten Friedensbewegung  unterscheiden. Hier engagieren sich auch viele junge Menschen, die sich von den Aktionen der traditionellen Friedensbewegung oft nicht angesprochen fühlen. Zudem beziehen sich die Aktivisten nicht auf Geopolitik, sie fordern nicht, dass sich die Regierungen der verschiedenen Länder und Bündnisse doch an einen Tisch setzen und verhandeln sollten. Da ist es auf jeden Fall sinnvoller, die Beschäftigten von aktuellen und künftigen Rüstungsstandorten anzusprechen.

Sie zeigen auch nicht Sympathie mit einer Seite in den verschiedenen Kriegen und Konflikten. Sie richten sich gegen die konkreten Auswirkungen der militaristischen Zeitenwende in Deutschland. Dass kann die Umstellung von Zivil- auf Kriegsproduktion ebenso sein wie der Kampf gegen das Verbot der Zivilklausel oder die Kritik des Veteranentags. Sie handeln nach der Devise „Krieg beginnt hier.“. Das ist auch seit Jahren das  Motto des bundesweiten Bündnisses Rheinmetall-Entwaffnen, die in diesem Jahr vom 26.- 31 August in Köln ihr bundesweites antimilitaristische Protestcamp abhalten will. Das ist sicher auch eine Gelegenheit, dass sich die heterogene  antimilitaristische Szene mal trifft, diskutiert und auch koordiniert. Denn in den letzten Jahren sind auch in Deutschland die Orte gewachsen, an denen Krieg beginnt. Mit jeder weiteren Hochschule, an denen Rüstungsforschung betrieben, mit jeder Fabrik, in der für die Rüstung produziert wird, werden es mehr. Peter Nowak