Ein gutes Urteil für die Pressefreiheit

Journalisten in Fulda freigesprochen

Das Fuldaer Amtsgericht hat am 22. August zwei Journalist*innen freigesprochen, die sich auf der Online-Plattform „Belltower-News“ kritisch mit einem Polizeieinsatz in Fulda auseinandergesetzt hatten, bei dem ein afghanischer Geflüchteter ums Leben kam. Damit obsiegte die Pressefreiheit. Freispruch lautete auch das Urteil für einen dritten Angeklagten, dem das Verbreiten des Artikels zur Last gelegt worden war. Im Zuge der Ermittlungen gab es zudem eine Hausdurchsuchung bei einem Journalisten in Hessen, da der Beitrag über seinen Facebook-Account geteilt worden ist.

Am 13. April 2018 schießt ein Polizist auf den afghanischen Flüchtling Matiullah J. in Fulda, der daraufhin stirbt. Ein Jahr später veröffentlichten Leila Robel und Darius Reinhardt einen Artikel auf  „Belltower-News“, der Online-Plattform der Amadeu Antonio-Stiftung, in dem sie sich kritisch mit den Reaktionen der Fuldaer Stadtgesellschaft auf den Tod des jungen Afghanen auseinandersetzen. Während die afghanische Community und einige Unterstützer*innen eine lückenlose Aufarbeitung fordern, sahen konservative Politiker*innen und Medien …

… in der Kritik an der Polizei einen Angriff auf den Rechtsstaat. Vorgeworfen wurde Reinhardt und Robel von der Anklagebehörde, sie hätten das Tatgeschehen als Hinrichtung erscheinen lassen, weil sie schrieben, Matiullah sei 2018 mit zwölf Schüssen getötet worden. Tatsächlich feuerte der Polizist zwölf Schüsse ab, allerdings hatten nur vier Matiullah getroffen, zwei sind tödlich gewesen.

Die angeklagte Journalistin Leila Robel wies die Vorwürfe gegenüber M zurück. „Es ging uns nie darum, dem Polizisten vorzuwerfen, er hätte aus rassistischen Motiven zwölf Schüsse auf Matiullah abgegeben. Es galt, ehrlich der Frage nachzugehen, welche Rolle rassistische Stereotype, die in der Mehrheitsgesellschaft tief verankert sind, bei dem Tod von Matiullah – auch unbewusst – gespielt haben“.

Auch Rechtsanwalt Nils Spörkel erklärte im Prozess, dass im Kontext des Belltower-Artikels klar gewesen sei, dass es den beiden Journalist*innen nicht darum gegangen sei, den Polizisten zu beschuldigen, er hätte den Geflüchteten hingerichtet. Vielmehr sei es um legitime Kritik an einer Maßnahme der Polizei mit tödlichem Ausgang gegangen. Das sah auch der Staatsanwalt so und beantragte den Freispruch der beiden Journalist*innen. Der Artikel sei von der Meinungsfreiheit gedeckt, sagte auch die Richterin, die die Angeklagten schließlich freisprach. Rechtsanwalt Sven Adam, einer der Verteidiger in dem Verfahren, erklärte gegenüber M. „Der Freispruch ist die einzige richtige Konsequenz, doch es hätte nie zu dem Verfahren kommen dürfen“. Er wies darauf hin, dass während der Ermittlungen Grundrechte verletzt wurden.

Die Anzeige wegen übler Nachrede gegen Robel und Reinhardt hatte auch zur Folge, dass es im osthessischen Bad Hersfeld zu einer Hausdurchsuchung bei dem Journalisten Timo Schadt kam. Er war als Verantwortlicher einer lokalen Facebook-Gruppe eingetragen, über die der inkriminierte Artikel der „Beltower-News“ geteilt wurde. Um die Person zu ermitteln, die den Artikel über den Facebook-Account der Gruppe geteilt hatte, durchsuchte die Polizei auch die Redaktionsräume des regionalen Veranstaltungsmagazins „Printzip“, das von Timo Schadt herausgegeben wird und sich in seinem Wohnhaus befindet. Schadt loggte sich schließlich in den Facebook-Account ein und übergab seinen Laptop an einen Beamten. Dieser löschte den Beitrag und konnte einsehen, wer den Beitrag geteilt hatte. Das führte zur Anklage gegen den Fuldaer Wissenschaftler Philipp Weidemann, den dritten Angeklagten im Verfahren vor dem Fuldaer Amtsgericht. Auch er wurde auf Kosten der Staatskasse freigesprochen.

Für Schadt war das „ein absolut überzogener Einsatz“, der nur der Einschüchterung dienten sollte. Das habe funktioniert, denn es sei für ihn eine „traumatische Erfahrung“ gewesen. Das Verfahren gegen ihn wurde kurz nach der Durchsuchung eingestellt. Peter Nowak