Statt kritisch über einen Film zu diskutieren, wollen ihn einige Linke gleich verhindern. Kommentar zur Debattenkultur.

Die Leipziger Globale und die linke Kritikunfähigkeit

Es sollte die Frage erlaubt sein, warum ein solcher, sicher diskussionswürdiger Film von YouTube gesperrt. Heißt es nicht immer, in der Ukraine werden die westlichen Werte verteidigt? Dazu gehört die Freiheit, auch äußerst kritikwürdige Filme sehen und diskutieren zu können. Anderseits steht ein solcher Film, auch wenn er Opfer von Zensurmaßnahmen wird, natürlich nicht außerhalb der Kritik. Ganz im Gegenteil: Der Unterschied zwischen einer grundsätzlichen antimilitärischen Haltung zum Ukraine-Krieg und der Übernahme von russischen Narrativen sollte ganz klar herausgestellt werden.

„Ihr habt Lust auf globalisierungskritisches Kino in Leipzig und spannende Diskussionen? Dann seid ihr bei der GlobaLE genau richtig!“ Mit diesen Spruch wirbt das Leipziger Filmfestival Globale für das gesellschaftskritische Sommerfilmprogramm. Es ist während der globalisierungskritischen Bewegung überstanden und hat deren Niedergang überlebt. Doch jetzt könnte das Filmfestival an der Kritikunfähigkeit der Linken scheitern. Am 18. August wurde dort der Film …

 … Ukraine on Fire des bekannten US-Regisseurs Oliver Stonegezeigt, der sicherlich keineswegs objektiv, sondern russlandfreundlich ist. Zudem wird dort auch Russlands Staatschef Putin interviewt, im Film wird bei aller Geopolitik vergessen, dass es natürlich reale materielle Hintergründe gibt und die Menschen in der Ukraine sicher nicht einfach Marionetten einer Geopolitik sind.

Zudem wird tatsächlich kein kritisches Wort über die Rolle Russlands im Konflikt verloren. Nur ist die Aufregung über den so einseitigen Film etwas heuchlerisch angesichts der Tatsache, dass ja auch ein Großteil der Ukraine-Berichterstattung hierzulande sehr einseitig pro-ukrainisch ist. Das sieht man alleine daran, dass die Toten des Brandes im Gewerkschaftshaus von Odessa kaum interessieren. Niemand fordert hier Aufklärung und fordert eine Bestrafung der Täter.

Dafür wird ein Film wie Lauffeuer, der den Toten ein Gesicht gab und der mit den Angehörigen der Opfer redete, pauschal als russische Propaganda verunglimpft und linke Einrichtungen, die ihn zeigten, wurden an den Twitter-Pranger gestellt. Da gibt es keine Anteilnahme für tote Pro-Russen, auch wenn sie von einem rechten Mob in den Tod getrieben wurden. 

Oliver Stone wiederum hat das Massaker von Odessa in seinen Film drin, wie auch andere sachlich richtige historische Zusammenhänge.

Von Youtube gesperrt, von manchen Linken gecancelt

Es sollte die Frage erlaubt sein, warum ein solcher, sicher diskussionswürdiger Film von YouTube gesperrt wurde. Heißt es nicht immer, in der Ukraine werden die westlichen Werte verteidigt? Dazu gehört die Freiheit, auch äußerst kritikwürdige Filme sehen und diskutieren zu können.

Anderseits steht ein solcher Film, auch wenn er Opfer von Zensurmaßnahmen wird, natürlich nicht außerhalb der Kritik. 

Ganz im Gegenteil: Der Unterschied zwischen einer grundsätzlichen antimilitärischen Haltung zum Ukraine-Krieg und der Übernahme von russischen Narrativen sollte ganz klar herausgestellt werden. 

Oliver Stones Film übernimmt an einigen Stellen russische Narrative. Das sollte wiederum aber kein Grund sein, ihn auf einem Festival wie der „Globale“ nicht zu zeigen, wo er kritisch diskutiert werden kann. Man hätte das eingangs zitierte Statement ernst nehmen und sich auf eine inhaltliche Auseinandersetzung zu dem Film einlassen sollen.

Von links bis rechts

Dabei ist es besonders unverständlich, dass zu den Demonstranten gegen den Film auch die sächsische Landtagsabgeordneten der Linken, Juliane Nagel gehörte, die eigentlich zum links-undogmatischen Flügel gehört. Es ist bedauerlich, dass ihr da nur die Formel von der Putinschen Propaganda bei der Globale in Leipzig einfällt und ihr Tweet dann noch mit ihrem Bekenntnis zur Ukraine nahelegt, dass sie in dieser Frage nicht bei denen ist, die im Zweifel für die Meinung des Andersdenkenden eintreten.

Es sollte doch einer linksunabhängigen Politikerin wie Juliane Nagel zu denken geben, dass sie hier im Gleichgang mit der konservativen Presse und auch der Leipziger Stadtpolitik ist. Schon gibt es Forderungen, der Globale die Finanzierung zu sperren. 

So versuchen Politiker, denen die ganze Richtung des Festivals nicht passt, jetzt ihre Forderungen umzusetzen. Vielleicht wäre es ja mal an der Zeit, dass sich die unterschiedlichen linken Gruppen in Leipzig doch noch zu einer Diskussion bereitfinden.

Peter Nowak ist mit Clemens Heni und Gerald Grüneklee Autor des im Critic-Verlag herausgegebenen Buches Nie wieder Krieg ohne uns … Deutschland und die Ukraine.

(Peter Nowak)