Immer wieder sind in Friedrichshain Teilnehmer/innen von Kiezspaziergängen mit Repression konfrontiert

Erst Polizei-Stalking, dann Strafbefehl

Das Verhalten der Polizei, sich entgegen den bekundeten Willen der Kiezspaziergänger, diese zu beobachten und einzelne Teilnehmer/innen zu bedrängen und zur Abgabe ihrer Personalien zu nötigen, betrachten wir als Stalking. Dass dann noch Strafbefehle verteilt werden, ist eindeutig eine Kriminalisierung von selbstorganisierten Nachbarschaftsaktivitäten“, heißt es in der Pressemitteilung einer Friedrichshainer Stadtteilinitiative.

Kiezspaziergänge sind in den letzten Jahren eine wichtige Aktionsform geworden. Dort tauschen sich von  Verdrängung betroffene Mieter/innen aus. So informierten sich auch am 17.11.2019 Bewohner/innen verschiedener Häusern in Friedrichshain auf einen solchen Kiezspaziergang über Versuche der Verdrängung, aber auch über erfolgreichen Widerstand dagegen. So berichtete ein Mieter der…..

….. Holteistraße 19 über den letztlich erfolgreiche Kampf der Bewohner/innen gegen die Profitstrategie der Fortisgroup. Eine Mieterin der Corinthstraße 53 informierte über den Kampf der Hausbewohner/innen gegen die Umwandlung in Eigentumswohnungen (MieterEcho online berichtete). Es war gelungen, auch mit Mieter/nnen in Kontakt zu kommen, die sich aus unterschiedlichen Gründen nicht an einer Demonstration beteiligen würden – einer der Gründe der Mieter/innen für einen Kiezspaziergang. Die Polizei war zu Beginn kurz präsent, hielt sich während des Spazierganges aber zurück. Doch nach der Auflösung  bedrängten Polizisten einen Teilnehmer des Kiezspaziergangs in einer S-Bahn-Station und nötigten ihn zur Abgabe seiner Personalien mit der Drohung, dass sie sonst Verstärkung rufen würden. Wenige Wochen später erhielt er einen Strafbefehl. Er sollte 600 Euro zahlen, weil er am 17. November in Friedrichshain „eine öffentliche Versammlung oder einen Aufzug ohne Anmeldung unter freien Himmel“ durchgeführt habe. Zudem habe er Redebeiträge gehalten, Tempo, Wegstrecke und Haltepunkte festgelegt, so die Beschuldigung in dem Strafbefehl.

Teilnehmer/innen sprechen von Polizeistalking
Tatsächlich haben während des knapp 2-stündigen Spazierganges zahlreiche Mieter/innen mit kurzen Redebeiträgen über die Situation in ihren Häusern informiert. Auch einige Passant/innen nutzten spontan die Gelegenheit, sich über ihre Mietsitutation zu äußern. Gegen den Strafbefehl hat der Betroffene juristisch Widerspruch eingelegt. Es handelt sich hier allerdings um keinen Einzelfall. Immer wieder waren in den letzten Jahren Teilnehmer/innen von Kiezspaziergängen mit der Beschuldigung, sie hätten eine unangemeldete Demonstration geleitet, mit Strafbefehlen konfrontiert. Die Rechtsanwältin und Bundestagsabgeordnete der GRÜNEN Canan Bayram hat mehrere dieser Fälle gesammelt. Ihr ist aufgefallen, dass besonders häufig im Stadtteil Friedrichshain gegen Teilnehmer/innen von Kiezspaziergängen mit Strafbefehlen vorgegangen wird. „Das Verhalten der Polizei, sich entgegen den bekundeten Willen der Kiezspaziergänger, diese zu beobachten und einzelne Teilnehmer/innen zu bedrängen und zur Abgabe ihrer Personalien zu nötigen, betrachten wir als Stalking. Dass dann noch Strafbefehle verteilt werden, ist eindeutig eine Kriminalisierung von selbstorganisierten Nachbarschaftsaktivitäten“, heißt es in der Pressemitteilung einer Friedrichshainer Stadtteilinitiative.

Peter Nowak