Vor zwei Jahren wurde die linke Online-Plattform Indymedia Linksunten verboten. Heute regt sich dagegen Widerstand.

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Eine Solidaritätsgruppe mobilisiert mit Bannern zu einem Tag X gegen das Verbot. Wenn das Leipziger Verwaltungsgericht über die Klage gegen das Verbot verhandelt, soll in der Stadt eine bundesweite Solidaritätsdemonstration stattfinden. Offensiver wäre es, die Plattform am Tag X einfach wieder in Betrieb zu nehmen.

Selbstverständlich hat sich kaum einer jener Journalisten, die sonst keine Gelegenheit auslassen, sich mutig für die Pressefreiheit in der Türkei oder Venezuela einzusetzen, kritisch dazu geäußert, dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit Hilfe des Vereinsrechts das „mit Abstand wichtigste Forum der außerparlamentarischen Linken“ („Spiegel Online“) abgeschaltet hat. Mit dem Verbot von Indymedia Linksunten wollte der damalige Innenminister nach ….

….teilweise militanten Protesten gegen den Hamburger G20-Gipfel im Juli 2017 Stärke demonstrieren. Schließlich wurden auf der Plattform neben zahlreichen Beiträgen über zivilgesellschaftliche Aktionen aller Art auch Bekennerschreiben zu militanten Aktionen veröffentlicht.

Das Mediennetzwerk Indymedia ist 1999 entstanden, zu einer Zeit also, als die globalisierungskritische Bewegung für einige Jahre vor allem junge Menschen zu Gipfelprotesten rund um den Globus mobilisieren konnte. Damals war Indymedia ein Versprechen, ohne den Filter von Zeitungsredaktionen über politische Aktionen und staatliche Repression zu berichten. Die Indymedia-„Büros“, meist gemietete Räume mit zahlreichen Computern, rückten deshalb immer wieder in den Fokus von Polizei und Justiz.

Berühmt-berüchtigt ist der Überfall auf die Diaz-Schule in Genua am 19. Juli 2001 durch die italienische Polizei. Dort waren während der Proteste gegen den damaligen G8-Gipfel nicht nur Aktivisten und Aktivistinnen, sondern auch das Indymedia-Pressezentrum untergebracht. In einer Nacht- und Nebelaktion verhaftete die Polizei Hunderte Gipfelgegner und ging dabei äußerst brutal vor. Unter dem Motto „Wir sind alle Indymedia!“ protestierten daraufhin Menschen vor Einrichtungen des italienischen Staates in aller Welt.

Nach dem Verbot von Indymedia Linksunten am 25. August 2017 fiel der Protest eher bescheiden aus. Das lag weniger an der zu erwartenden Repression, als am Bedeutungsverlust von Indymedia selbst. Schließlich hatte das Versprechen, alles ungefiltert zu publizieren, eine digitale Müllhalde produziert, auf der Beiträge, die neue Informationen lieferten und zu Diskussionen anregten, immer schwerer zu finden waren. Aus diesem Grund hatte sich 2009 die Plattform Indymedia Linksunten mit klaren Moderationskritierien gegründet. Das steigerte ihren Nutzwert für politisch Interessierte beträchtlich, was Staatsschutz und Justiz nicht verborgen blieb.

Die Hamburger Proteste gegen den G20-Gipfel boten schließlich den Anlass zum Verbot, gegen das eine Klage beim Leipziger Verwaltunsgericht vorliegt. Zwar hat die Karlsruher Staatsanwalt kürzlich die Verfahren gegen fünf Freiburger und einzelne Unbekannte, die beschuldigt wurden, zum Verein Indymedia Linksunten zu gehören, eingestellt, allerdings hält die Justiz am Verbot des Mediums fest.

Nach zwei Jahren scheinen sich einige jedoch an die Parole „Wir sind alle Indymedia!“ zu erinnern. In Leipzig beteiligten sich am 25. August 2019 knapp 100 Menschen an einer Protestdemonstration gegen das Verbot. Die Bloggerin Detlef Georgia Schulze, die sich dazu bekennt, Artikel auf Indymedia Linksunten publiziert zu haben, will mit einer Klage die Aufhebung des Verbots erreichen. Eine Solidaritätsgruppe mobilisiert mit Bannern zu einem Tag X gegen das Verbot. Wenn am kommenden Samstag das Leipziger Verwaltungsgericht über die Klage gegen das Verbot verhandelt, soll in der Stadt eine bundesweite Solidaritätsdemonstration stattfinden. Offensiver wäre es, die Plattform am Tag X einfach wieder in Betrieb zu nehmen.

Peter Nowak