Wie die Aktivisten von Deutsche Wohnen & Co enteignen weiter Druck auf die Politik ausüben wollen

Mietenbewegung im Spagat

Kalle Kun­kel erläu­ter­te, mit wel­chen Pro­ble­men eine akti­vis­ti­sche Initia­ti­ve, die nun mit alt­ge­dien­ten Politikfunktionär*innen kon­fron­tiert ist, umge­hen muss. Ein Bei­spiel: Die Initia­ti­ve hat­te den Wunsch geäu­ßert, zwei Wochen län­ger für ihre Vor­be­rei­tung zu erhal­ten. Doch die Vor­sit­zen­de der Kom­mis­si­on, die SPD-Poli­ti­ke­rin Her­ta Däub­ler-Gme­lin, erklär­te, in die­ser Zeit schon die Kom­mis­si­on vor­zu­be­rei­ten, also auch Fak­ten zu schaffen.

Über Mona­te waren die Akti­vis­tin­nen der Kam­pa­gne Deut­sche Woh­nen & Co ent­eig­nen in Ber­lin in der Öffent­lich­keit prä­sent. Der Erfolg zeig­te sich am 26. Sep­tem­ber 2021: An die­sem Tag stimm­ten weit über 50 Pro­zent der Ber­li­ner Wähler*innen für das Anlie­gen der Kam­pa­gne, gro­ße Woh­nungs­kon­zer­ne zu sozia­li­sie­ren. Doch die Revo­lu­ti­on am Woh­nungs­markt ist bis­her aus­ge­blie­ben, die Mie­ten stei­gen auch in Ber­lin wei­ter. Dafür sind auch Mit­glie­der der Kam­pa­gne Deut­sche Woh­nen & Co ent­eig­nen nun Teil einer Kom­mis­si­on, die min­des­tens ein Jahr über die Art und Wei­se der Sozia­li­sie­rung berät. Kal­le Kun­kel von der Initia­ti­ve sprach von einem Spa­gat. Er erin­ner­te dar­an, dass es nur an einem Punkt in der Kam­pa­gne Einig­keit gege­ben habe: dass die…

…. gro­ßen Immo­bi­li­en­kon­zer­ne nicht mehr über den Woh­nungs­markt bestim­men sol­len. Kun­kel erläu­ter­te, mit wel­chen Pro­ble­men eine akti­vis­ti­sche Initia­ti­ve, die nun mit alt­ge­dien­ten Politikfunktionär*innen kon­fron­tiert ist, umge­hen muss. Ein Bei­spiel: Die Initia­ti­ve hat­te den Wunsch geäu­ßert, zwei Wochen län­ger für ihre Vor­be­rei­tung zu erhal­ten. Doch die Vor­sit­zen­de der Kom­mis­si­on, die SPD-Poli­ti­ke­rin Her­ta Däub­ler-Gme­lin, erklär­te, in die­ser Zeit schon die Kom­mis­si­on vor­zu­be­rei­ten, also auch Fak­ten zu schaffen.

Isa­bel­la Rogner von Deut­sche Woh­nen & Co ent­eig­nen bekam vom Publi­kum viel Applaus, als sie selbst­be­wusst dar­an erin­ner­te, dass die Kom­mis­si­on nicht mit der Kam­pa­gne zu ver­wech­seln sei. Sie sei der Kam­pa­gne vor die Nase gesetzt wor­den. DWE aber wer­de wei­ter­hin bun­des­weit Mieter*innenproteste unter­stüt­zen. Die Initia­ti­ve sei dabei, ein Buch über ihre Arbeit her­aus­zu­ge­ben, und habe die Ent­eig­nungs­kon­fe­renz initi­iert, auf dem auch die­se Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tung statt­fand. Unter dem Mot­to »Wir müs­sen reden« waren Mietrebell*innen, soli­da­ri­sche Wissenschaftler*innen aus der Bun­des­re­pu­blik und dem euro­päi­schen Aus­land ein­ge­la­den worden. 

Der Kon­gress fällt in eine Zeit, in der die Initia­ti­ve vor einem Dilem­ma steht. Die gro­ßen Erwar­tungs­hal­tun­gen der Initia­ti­ve steht einer Pha­lanx aus Kapi­tal, Büro­kra­tie und Politiker*innen wie dem Ber­li­ner Bau­se­na­tor Andre­as Gei­sel (SPD) gegen­über, die alles dafür tun wol­len, um die Initia­ti­ve der Woh­nungs­ent­eig­nung ins Lee­re lau­fen zu las­sen. Auch die der Lin­ken ange­hö­ri­ge Ber­li­ner Jus­tiz­se­na­to­rin Lena Kreck mach­te wenig Hoff­nung, dass sie und ihre Par­tei dar­auf viel Ein­fluss neh­men kön­nen. Für die in der Kom­mis­si­on zen­tra­len Ver­fas­sungs­fra­gen ist nicht Kreck, son­dern mit Andre­as Gei­sel jener Poli­ti­ker ver­ant­wort­lich, der immer wie­der deut­lich macht, dass es ihm dar­um geht, die For­de­run­gen des Volks­be­geh­rens zu verhindern.

Die Stadt­for­sche­rin Lisa Voll­mer zeig­te ein rea­lis­ti­sches Bild, als sie erklär­te, dass der Eupho­rie der Unterstützer*innen des Volks­be­geh­rens nach dem gro­ßen Erfolg am 26. Sep­tem­ber schnell Ernüch­te­rung folg­te. Denn im neu­en Senat sei­en jene Kräf­te erstarkt, die in der Woh­nungs­po­li­tik ihr Ohr wie­der mehr bei den Immo­bi­li­en­kon­zer­nen als bei den Mieter*innen hät­ten, weil für die Woh­nungs­po­li­tik in Ber­lin wie­der die SPD zustän­dig ist. Voll­mer sag­te, man dür­fe sich nicht spal­ten las­sen, und sah einen Erfolg dar­in, dass die Initia­ti­ve radi­ka­le For­de­run­gen nach Ver­ge­sell­schaf­tung sach­lich ver­mit­telt und damit auch Men­schen ange­spro­chen hät­te, die eine radi­ka­le Lin­ke sonst eher abschreckt.

Nun for­dern die akti­vis­ti­schen Mit­glie­der wie­der mehr und zuspit­zen­de Aktio­nen, damit die For­de­run­gen des Volks­be­geh­rens nicht in der Senats­bü­ro­kra­tie zer­rie­ben wer­den. Das wur­de vor allem in den Arbeits­grup­pen deut­lich, in denen sich Mietrebell*innen aus Ber­lin über ihre Per­spek­ti­ven aus­tausch­ten. Auch wur­de deut­lich, dass vie­le Mieter*innen den Schwer­punkt ihrer Arbeit auf die Ver­hin­de­rung von Zwangs­räu­mun­gen legen, aber auch über Beset­zun­gen von Leer­stand dis­ku­tie­ren. Isa­bel­la Rogner wie­der­hol­te, dass ohne die­se vie­len Mietaktivist*innen, die der Regis­seur Mat­thi­as Coers bereits 2013 in dem Film »Miet­re­bel­len« doku­men­tiert hat, es nie ein Volks­be­geh­ren gege­ben hätte.

»Fol­low the Money«, lau­te­te das von der Links­par­tei­po­li­ti­ke­rin Kata­lin Gen­n­burg mode­rier­te Podi­um über die Fra­ge, ob der deut­sche Immo­bi­li­en­markt ein Tum­mel­platz für Olig­ar­chen und Steu­er­hin­ter­zie­her sei. Dabei wur­de schnell klar, dass dabei nicht nur rus­si­sche Inves­to­ren eine Rol­le spie­len, die sonst immer zuerst genannt wer­den, wenn in der öffent­li­chen Debat­te von Olig­ar­chen die Rede ist.

Gabrie­la Kel­ler ist bei Cor­rec­tiv beschäf­tigt und recher­chiert über die Eigen­tums­ver­hält­nis­se in der Ber­li­ner Immo­bi­li­en­wirt­schaft. Kel­ler erklär­te, sie habe mit der Recher­che­ar­beit begon­nen, weil sie von den Geschich­ten der Mieter*innen, die ver­drängt wer­den, weg­kom­men wol­le. Die Jour­na­lis­tin woll­te den Fokus auf die dafür Ver­ant­wort­li­chen legen. Chris­toph Traut­vet­ter zeig­te eine Tabel­le, in der zu sehen ist, dass die G7-Staa­ten füh­rend bei den Schat­ten­fi­nanz­plät­zen sind. Zu einem klei­nen Teil sind das Vil­len und Yach­ten, die im Zusam­men­hang mit rus­si­schen Olig­ar­chen genannt wer­den. Chris­toph Traut­vet­ter vom Netz­werk für Steu­er­ge­rech­tig­keit und Lei­ter des Pro­jekts »Wem gehört die Stadt?« bei der Rosa-Luxem­burg-Stif­tung zeig­te die fan­ta­sie­vol­len Steu­er­ver­mei­dungs­stra­te­gien, mit denen dem Fis­kus Mil­lio­nen­be­trä­ge ent­ge­hen. Traut­vet­ter sah in mög­lichst gro­ßer Trans­pa­renz eine Vor­aus­set­zung, um Gerech­tig­keit her­zu­stel­len und auch über Ent­eig­nun­gen zu reden. Das fan­ge schon bei den Grund­buch­äm­tern an, die in Deutsch­land anders als in ver­schie­de­nen Län­dern nicht öffent­lich sind. Traut­vet­ter erin­ner­te dar­an, dass nicht nur der US-Staat Dela­ware als Steu­er­oa­se gilt. Auch in Deutsch­land gibt es in jeder grö­ße­ren Stadt sol­che Steu­er­ver­mei­dungs­zo­nen, dazu gehört die Bran­den­bur­gi­sche Klein­stadt Zos­sen, wo vie­le Ber­li­ner Immo­bi­li­en­kon­zer­ne ihre Brief­käs­ten haben. Es waren Mietrebell*innen, die sie in die Öffent­lich­keit gebracht haben. Peter Nowak