Wie geht es mit der Enteignung von Deutsche Wohnen und Co. in Berlin weiter? Eine Konferenz am Wochenende zeigte das Dilemma einer eigentlich sehr erfolgreichen Initiative
Das hat dann dazu geführt, dass auch dort Unterstützung für das Volksbegehren zu finden war. Die Eigentümerphalanx erkennt auch den wunden Punkt der Initiative, den der Aktivist Kalle Kunkel offen benannte. Die Initiative hat aktuell nicht die Kraft, 40.000 Menschen auf die Straße zu bekommen, die einfordern, dass die Forderungen des gewonnenen Volksbegehrens zeitnah umgesetzt werden.
Wir haben viele Pläne, aber wie wir konkret weitermachen, wissen wir auch noch nicht so genau. Wir hoffen, dass wir auf der Konferenz dazu Anregungen mitnehmen“, so ehrlich formulierte Nina Scholz von der Berliner Initiative Deutsche Wohnen und Co. enteignen auf der Auftaktveranstaltung von deren Enteignungskonferenz am Freitagabend in der Technischen Universität Berlin die Erwartungen, die sicher nicht nur sie mit der lange vorbereiteten Veranstaltung verknüpfte. Die Problemlage ist klar beschrieben …
Kalle Kunkel erläuterte, mit welchen Problemen eine aktivistische Initiative, die nun mit altgedienten Politikfunktionär*innen konfrontiert ist, umgehen muss. Ein Beispiel: Die Initiative hatte den Wunsch geäußert, zwei Wochen länger für ihre Vorbereitung zu erhalten. Doch die Vorsitzende der Kommission, die SPD-Politikerin Herta Däubler-Gmelin, erklärte, in dieser Zeit schon die Kommission vorzubereiten, also auch Fakten zu schaffen.
Über Monate waren die Aktivistinnen der Kampagne Deutsche Wohnen & Co enteignen in Berlin in der Öffentlichkeit präsent. Der Erfolg zeigte sich am 26. September 2021: An diesem Tag stimmten weit über 50 Prozent der Berliner Wähler*innen für das Anliegen der Kampagne, große Wohnungskonzerne zu sozialisieren. Doch die Revolution am Wohnungsmarkt ist bisher ausgeblieben, die Mieten steigen auch in Berlin weiter. Dafür sind auch Mitglieder der Kampagne Deutsche Wohnen & Co enteignen nun Teil einer Kommission, die mindestens ein Jahr über die Art und Weise der Sozialisierung berät. Kalle Kunkel von der Initiative sprach von einem Spagat. Er erinnerte daran, dass es nur an einem Punkt in der Kampagne Einigkeit gegeben habe: dass die…
Seine Warnung, dass die Linkspartei die Mehrheit der Bevölkerung ansprechen muss, wollte Jan Karte allerdings keinesfalls als Absage an eine Politik im Interesse von Minderheiten verstanden wissen. »Niemals dürfen wir den Kampf um Minderheitenrechte und die Solidarität mit den Arbeiter*innen gegeneinander ausspielen«, betonte Korte mehrmals.
»Wir müssen uns wieder um die kleinen Träume der Leute kümmern«, fordert Jan Korte, Bundestagsabgeordneter der Linken. Am Samstagabend stellte er auf dem »Fest der Linken« sein im Verbrecherverlag erschienenes, vieldiskutiertes Buch »Die Verantwortung der Linken« vor, das er unter dem Eindruck der …..
Wohin führt der Arbeitskampf der Serviceangestellten der Berliner Charité?
Wie hält es der von der SPD, den Grünen und der LINKEN gestellten Berliner Senat mit ihren Wahlversprechen? Schließlich haben alle drei Parteien im Wahlkampf mehr oder weniger klar eine Absagte an prekäre Beschäftigungsverhältnisse versprochen. Nun sorgen die Beschäftigten der Beschäftigten der Charité-Servicetochter CFM dafür, dass das Thema nicht von der Tagesordnung verschwindet. In den letzten Monaten sind sie immer wieder in Warnstreiks getreten. Die CFM organisiert an der Charité unter anderem die Reinigung, den Krankentransport sowie die Küchen. Ver.di begrüßt die Ankündigungen des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller zur Tarifentwicklung bei der CFM. Müller hatte sich in einem Interview mit der Berliner Zeitung vom 6. Juni 2017 im Grundsatz zur Angleichung der Löhne bei der CFM an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bekannt. Das ist die zentrale Forderung der Gewerkschaft. „Zu den Kosten und dem zeitlichen Verlauf einer Tarifanpassung erklärte der Regierende Bürgermeister: „Das ist eine Menge Geld. Es wird also dauern, auf dieses Niveau zu kommen.“ Damit kann die Angleichung weit hinausgeschoben werden. Kalle Kunkel betont im Gespräch mit dem ak, dass seine Gewerkschaft in diesem Punkt kompromissbereit wäre und nicht auf eine sofortige Umsetzung der Lohnangleichung bestehen würde. Doch noch ist überhaupt nicht klar, ob es überhaupt zu den Gesprächen kommt. Anders als der Regierende Müller hat der Berliner Finanzsenator Kollartz Ahnen auf einer öffentlichen Veranstaltung einer Angleichung der Löhne der CFM-Mitarbeiter_innen auf das Niveau des Tarifvertrags des Öffentlichen Dienstes eine Absage erteilt.
Für Verdi geht es jetzt darum zu klären ob Müllers Wort oder das seines Kassenwarts gilt. Nur ist es keine besonders komfortable Ausgangslage für eine kämpferische Gewerkschaftspolitik, eine vage Zusage nach Angleichung an den Tarifvertrag ohne klare zeitliche Vorgabe schon als Erfolg auszugeben. Das macht aber auch die Schwierigkeiten und Probleme einer kämpferischen Interessenvertretung in Zeiten des Outsourcings deutlich. Schließlich kämpfen die CFM-Kolleg_innen seit fast 10 Jahren für die Lohnangleichung.
„Zeigt Eure Solidarität“
Das Dilemma, in dem sich die Kolleg_innen befinden, wird in einem Plakat deutlich, das sich unter der Überschrift „Was (nicht) tun, im Streik der CFM“ an, die anderen Berufsgruppen von Streikbrecher_innenarbeit abhalten will. „Zeigt Eure Solidarität. Wir sind ein Betrieb“, heißt es am Schluss. Kalle Kunkel ist mit der Resonanz nicht unzufrieden, würde sich aber eine größere Unterstützung wünschen. „Die CFM-Beschäftigten bestreiken faktisch die anderen Berufsgruppen wie Ärzt_innen und Pfleger_innen. Das macht die Solidarisierung nicht einfach.“ Dabei hat die Charité bundesweit mit einen anderen Arbeitskampf für große Aufmerksamkeit gesorgt. Nach mehrjähriger Vorbereitung und einer großen Mobilisierung begann im Juni 2015 ein unbefristeter Streik des Pflegepersonals. Dabei wurde erstmals ein Arbeitskampf um mehr Personal geführt. In den Intensivstationen wurde ein Personalschlüssel von einer Pflegekraft auf zwei Patient_innen, für die Normalstationen von eins zu fünf in den Tagschichten gefordert. Im Nachtdienst sollte keine Pflegekraft allein arbeiten.
Im Arbeitskampf der Charité wurden neue Streiktaktiken ausprobiert, die bundesweit für Aufmerksamkeit sorgen, weil es bisher wenig Erfahrung damit gab, wie Druck in einer Klinik ausgeweitet werden kann, ohne dass die Patient_innen darunter leiden müssen. Die Taktik des «Leerstreikens» von Betten wurde in der Charité erstmals erfolgreich angewandt. Bemerkenswert war auch, dass sich die Kolleg_innen und engagierte Gewerkschafter_innen schon frühzeitig in mit Gruppen der außerparlamentarischen Linken vernetzten, die dann den Arbeitskampf unterstützten. Das Interesse an dem Themenfeld Carerevolution, das nach einer gleichnamigen Konferenz im Frühjahr 2014 in Berlin stark gewachsen war, hat die Bündnisarbeit erleichtet. Es ging in dem Arbeitskampf auch darum, die Carearbeit aufzuwerten und dazu konnten am Beispiel der Charité Bündnisse zwischen Beschäftigen, Patient_innen und außerparlamentarischen Linken geschlossen werden. Schließlich ging auch die Dienstleistungsgewerkschaft verdi an der Charité neue Wege und experimentierte erstmals mit Tarifberater_innen, einen Zusammenschluss von Aktiven einzelnen Stationen. Nach diesem Modell organisieren sich auch Kolleg_innen an saarländischen Kliniken, die sich ebenfalls für eine personelle Entlastung einsetzen. An der Charité ist allerdings mittlerweile Ernüchterung über die Ergebnisse des Tarifabschlusses zur Personalaufstockung eingekehrt. Der Ruf nach der einem Kampfzyklus werden laut. In diese Situation streiken Charité die CFM-Beschäftigten, ein anderer Personenkreis mit völlig anderen Tarifverträgen, die auch gesellschaftlich längst nicht eine solche Unterstützung wie die Pflegekräfte haben. So ist ihr Arbeitskampf nicht nur für die Gewerkschaften sondern auch für die außerbetrieblichen Unterstützer_innen eine Probe aufs Exempel, ob es möglich ist, in einer total zerklüfteten Tariflandschaft Solidarität zwischen den unterschiedlichen Beschäftigten zu erreichen.
Junge Spanier in Deutschland kämpfen gegen Knebelverträge und miese Arbeitsbedingungen in der Pflege
Tausende junge gut ausgebildete Spanier hat die Wirtschaftskrise ins Ausland getrieben. Aber auch in Deutschland erwarten sie miese Arbeitsbedingungen. Jetzt wehren sie sich.
Deutsche Pflegeheime und Krankenhäuser werben seit Jahren ihr Fachpersonal im Ausland an. Geschah dies zunächst in Polen oder Bulgarien, hat sich durch die Wirtschaftskrise im Süden Europas eine neue Quelle aufgetan. In Spanien sind 55 Prozent der jungen Leute arbeitslos. Sie warten nur darauf, endlich einen Job zu finden, von dem sie leben können. Tausende sind mit dieser Hoffnung in den vergangenen Jahren nach Deutschland gekommen.
Doch die Realität sieht oft anders aus, wie die im Pflegebereich arbeitende Mayte Marin gegenüber »nd« berichtet. »Wir müssen 12 bis 14 Tage ohne Pause arbeiten und bekommen bis zu 40 Prozent weniger Lohn als deutsche Kollegen«, erzählt die Krankenpflegerin. Sie müssten dabei auch Aufgaben übernehmen, die nicht in ihren Arbeitsverträgen stehen, wie die Wohnung saubermachen, den Einkauf erledigen, den Hund ausführen.
Marin hat mit einigen Kollegen die Grupo de Acción Sindical (GAS) gegründet, was »Gruppe gewerkschaftliche Aktion« heißt. Sie ging aus der Versammlung der 15-M-Bewegung in Berlin hervor. Viele der Aktivisten hatten sich zuvor schon in Spanien in der Bewegung der »Empörten« engagiert. Wie in Spanien versuchte die Bewegung auch hierzulande, öffentliche Plätze zu besetzen, widmete sich dann aber der Organisierung in der Arbeitswelt. Fast jeden Tag bekommen sie inzwischen Anrufe aus verschiedenen Orten in Deutschland.
Ein Schwerpunkt der Gruppe liegt darauf, Kollegen über ihre Rechte und Widerstandsmöglichkeiten zu informieren. »Weil sie manchmal die Sprache nicht genug beherrschen und aus einem Land mit einer hohen Arbeitslosigkeit kommen, fällt es ihnen oft schwer, sich über ihre Arbeitsbedingungen zu beschweren«, beschreibt Marin die Situation.
Die Gruppe kämpft auch gegen die Vertragsstrafe, die Pflegekräfte aus anderen Ländern bezahlen müssen, wenn sie ihren Arbeitsplatz vorzeitig wechseln wollen. Sie kann bis zu 12 000 Euro betragen. »Die Strafe bringt uns um«, lautet daher das drastische Motto der aktuellen Kampagne von GAS.
Dominique John, der beim DGB das Projekt Faire Mobilität betreut, unterstützt die Gruppe. Er hat die Broschüre »Wissen ist Schutz« in spanischer Sprache herausgegeben, die Arbeitsmigranten in Spanien und Deutschland über ihre Rechte informiert. Zusammen mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di haben sie im Juni 2014 eine Veranstaltung für das Fachpflegepersonal aus Spanien organisiert. »Dort wurde auch das Problem mit den Knebelverträgen besprochen«, erklärt John gegenüber »nd«. Obwohl die Beschäftigen durch die Verträge unter Druck gesetzt werden, seien diese rechtlich schwer zu knacken, bedauert er. Daher begrüßt es John, dass die Kollegen die Verträge politisch bekämpfen wollen.
Auch der für den Fachbereich Gesundheit und soziale Dienstleistungen bei ver.di zuständige Gewerkschaftssekretär Kalle Kunkel spricht von einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der migrantischen Gruppe. Im Kampf gegen die Knebelverträge habe man die gleiche Position. »Wir lehnen sie ab und gehen politisch und, wo es möglich ist, auf betrieblicher Ebene dagegen vor.« Außerdem kämpfe ver.di überall, wo man stark genug sei, für Tarifverträge. »Der einzige wirklich wirksame Schutz gegen ungleiche Bezahlung«, wie Kunkel gegenüber »nd« betont. Vergangenen September hatte ver.di gemeinsam mit Pflegekräften aus verschiedenen europäischen Ländern eine Kundgebung für bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und eine Aufhebung der Knebelverträge vor dem Bundesgesundheitsministerium organisiert.