Seine drohende Räumung wurde nur deshalb bekannt, weil er nicht still und heimlich die Wohnung verließ, sondern solidarische Nachbar/innen und das Bündnis "Zwangsräumung verhindern" um Unterstützung gebeten hat.

Mieter im Wedding soll nach 35 Jahren zwangsgeräumt werden

Im Wedding ist in den Jahren ein solidarisches Netzwerk entstanden, das unter anderem aus dem Stadtteilladen Agnes Reinhold in der Afrikanischen Straße 73, der Erwerbsloseninitiative Basta und dem Bündnis „Hände weg vom Wedding“ besteht. Ihnen ist es auch zu verdanken, dass Zwangsräumungen im Wedding jetzt manchmal nicht mehr geräuschlos über die Bühne gehen und vielleicht nicht nur verschoben, sondern ganz verhindert werden können.

Seit über 35 Jahren wohnt Daniel, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will, in der Transvaalstraße 20 im Wedding. Am 16. Oktober sollte er zwangsgeräumt werden. Für sieben Uhr hatte sich der Gerichtsvollzieher angekündigt und wollte das Schloss seiner Wohnung austauschen. Einen Tag vor dem Termin wurde ihm mitgeteilt, dass die ….

….. Räumung bis zum 30. November aufgeschoben wird. 1986 hatte er die Wohnung im Wedding von seinem Bruder übernommen. Damals betrug die Miete noch 58 Euro Miete. Bis 2005 wurde sie auf 205 Euro erhöht. Das wäre für Daniel noch akzeptabel gewesen, wenn der Eigentümer die Wohnung instandgehalten hätte. Doch das war nicht der Fall. Öfen gingen kaputt und die Toilettenspülung funktionierte nicht. Trinkwasser musste der Mieter aus seinem Garten holen. Auch die alte Bleirohre wurden nicht ausgetauscht, obwohl bekannt ist, dass sie gesundheitsschädlich sind. Daniel ist überzeugt, dass seine Erkrankung eine Folge der Bleirohre ist. Doch das kann er nicht beweisen, weil er als Hartz IV-Empfänger nicht die Kosten für einen Gutachter tragen kann. 

Dafür wurde er von seinem Vermieter, dem Münchener Privateigentümer Dieter Zunker verklagt, weil er wegen des desolaten Zustands seiner Wohnung seine Miete gemindert hatte. Hier wird wieder einmal deutlich, wie wichtig es ist, sich vor einer Mietminderung Rat bei Jurist/innen zu holen. Die Gerichte gaben den Forderungen des Vermieters Recht. Das Jobcenter weigerte sich, die Mietnachzahlungen zu übernehmen. Schon im Mai 2019 drohte ihm die Räumung. Wegen seiner schweren Erkrankung bekam er einen Aufschub. Auch nach dem zweiten Aufschub droht Daniel noch immer die Räumung in die Obdachlosigkeit vor Anbruch des Winters. 

Solidarische Nachbar/innen wollen Räumung verhindern
Seine drohende Räumung wurde nur deshalb bekannt, weil er nicht still und heimlich die Wohnung verließ, sondern solidarische Nachbar/innen und das Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ um Unterstützung gebeten hat. Sie hatten für den 16. Oktober um 6 Uhr eine Kundgebung vor der Transvaalstraße 9 angemeldet, die nach dem Aufschub abgesagt wurde. Die unterstützenden Gruppen haben bereits angekündigt, dass sie auch für den 30. November mobilisieren werden. „Nachdem die Wohnung jahrelang vernachlässigt und dringend notwendige Reparaturen gar nicht oder von Daniel selbst ausgeführt wurden, hatte er schließlich die Miete gemindert. Die Minderungen akzeptierte der Vermieter nicht, was seiner Ansicht nahc zu Mietschulden geführt habe. Schlecht beraten wurde Daniel von seinen Anwalt, „einen hohen Tier bei der Immobilienlobby von Haus und Grund“, erklärte ein Nachbar. Daniel vermutet, dass die Wohnung nach seiner Räumung modernisiert und teuer verkauft wird. Bereits 2016 habe er einen Zettel  an seiner Wohnungstür vorgefunden, auf dem ihm mitgeteilt wurde, dass seine Wohnung verkauft werden solle und er drei Wochen Zeit habe sie zu verlassen. Damals hatte Daniel diesen rechtswidrigen Räumungsversuch ignoriert. Jetzt könnte der Hauseigentümer mehr Erfolg haben, wenn nicht auch der dritte Räumungstermin verhindert wird.

Solidarisches Wedding
Bereits am 6. August hatten solidarische Nachbar/innen gegen die Zwangsräumung einer Wohngemeinschaft im Wedding mobilisiert (siehe MieterEcho online vom 06.08.2019), konnten die Räumung, aber nicht verhindern. Auch einer der damals von der Räumung betroffenen Mieter engagiert sich gegen Daniels Räumung. Im Wedding ist in den Jahren ein solidarisches Netzwerk entstanden, das unter anderem aus dem Stadtteilladen Agnes Reinhold in der Afrikanischen Straße 73, der Erwerbsloseninitiative Basta und dem Bündnis „Hände weg vom Wedding“ besteht. Ihnen ist es auch zu verdanken, dass Zwangsräumungen im Wedding jetzt manchmal nicht mehr geräuschlos über die Bühne gehen und vielleicht nicht nur verschoben, sondern ganz verhindert werden können. 

Peter Nowak