n Nachruf auf den engagierten Gewerkschaftler.

IN UNSEREN KÄMPFEN BLEIBT WILLI HAJEK LEBENDIG

Für Willi war die Solidarität mit Kolleg*innen selbstverständlich, egal in welchen Gewerkschaften sie sich organisiert haben. So war er vor mehr als 10 Jahren, als der FAU im Zuge des Streiks im Berliner Babylon die Gewerkschaftsfähigkeit aberkannt werden sollte, sofort bereit, ein Solidaritätskomitee für Koalitionsfreiheit zu unterstützen, das den Angriff schließlich verhinderte. Als 2014 die Bundesregierung mit dem Tarifeinheitsgesetz kleine Gewerkschaften kaltstellen wollte, ging Willi wieder auf die Barrikaden und war maßgeblich an einer bundesweiten Demonstration für die Gewerkschaftsfreiheit in Frankfurt/Main beteiligt.

„Hommage an unseren Freund und Kollegen Willi Hajek“. Mit diesen Worten war der Nachruf überschrieben, mit dem die linke Basisgewerkschaft Sud ihren langjährigen Aktivisten Willi Hajek würdigte. Geboren in Baden-Württemberg, wurde er geprägt von seinen Erfahrungen, die er in im roten Jahrzehnt gesammelt hatte, wie in Frankreich die Jahre nach dem sozialen Aufbruch von 1968 genannt wurden. Dort erlebte er, wie Arbeiter*innen mit neuen Kampfformen gegen ihre Unterdrückung kämpften. Dass Hajek davon fasziniert war, lag sicher auch an seiner Herkunft. Sein Vater war ein politisch interessierter Maschinenschlosser, der mit den Verhältnissen in der Nachkriegs-BRD nicht einverstanden war. Hajek studierte in Heidelberg französisch, was ihm seine Kontakte im westlichen Nachbarland ungemein erleichterte. Die Erfahrungen, die er in Frankreich sammelte, sollten sein Leben bestimmen. Lip und Larzac, das waren in den frühen 1970er Jahren zwei Namen, die zum Symbol für einen …

… selbstbestimmten linken Kampf standen, der nicht von einer Partei oder Großgewerkschaft gelenkt wurde. Noch mehr 50 Jahre später erinnerte sich Hajek im Interview mit Johanna Schellhagen vom Kollektiv labournet.tv  an den Arbeitskampf in der Uhrenfabrik Lip, wo die Arbeiter*innen die Produktion selber übernommen hatten. „Hier lernte ich eine Gewerkschaft kennen, die auf Selbstorganisation statt auf Bürokratie setze“, erinnerte sich Hajek. Der Chef braucht Dich, Du brauchst ihn nicht, diese Parole, die im Kampf für den Erhalt der selbstverwalteten Fabrik Lip geprägt wurde, wurde für Hajek der Leitspruch, der seine politischen Aktivitäten bestimmen sollte.

Ein weiterer Kampf, der ihn geprägt hat, war der Widerstand der Bäuer*innen im südfranzösischen Larzac. Sie verhinderten gemeinsam mit einer westeuropaweiten Solidaritätsbewegung, dass sie die Region für die Erweiterung eines Truppenübungsplatzes verlassen mussten. Diese Erfahrungen verhinderten, dass Hajek, wie viele andere 1968er in Parteien oder anderen Großorganisationen Karriere machte. Er blieb ein Linker der Basis sein Leben lang.

Nachdem er aus Frankreich nach Deutschland zurückkehrte, erfuhr er von der Kündigung eines oppositionellen Gewerkschaftlers bei Opel-Bochum, nachdem der auf einer Betriebsversammlung Kritik am Konzern geübt hatte. Hajek nahm Kontakt mit den Kolleg*innen auf. Daraus entstand eine lebenslange politische und persönliche Freundschaft mit der Gruppe Gegenwehr ohne Grenzen (GoG), in der sich oppositionelle Gewerkschaftler*innen bei Opel Bochum organisiert hatten. Hier begegnete Hajek dem rebellische Geist wieder, der ihn in Frankreich so beeindruckt hatte.

SOLIDARITÄT MIT DER FAU

Für Willi war die Solidarität mit Kolleg*innen selbstverständlich, egal in welchen Gewerkschaften sie sich organisiert haben. So war er vor mehr als 10 Jahren, als der FAU im Zuge des Streiks im Berliner Babylon die Gewerkschaftsfähigkeit aberkannt werden sollte, sofort bereit, ein Solidaritätskomitee für Koalitionsfreiheit zu unterstützen, das den Angriff schließlich verhinderte. Als 2014 die Bundesregierung mit dem Tarifeinheitsgesetz kleine Gewerkschaften kaltstellen wollte, ging Willi wieder auf die Barrikaden und war maßgeblich an einer bundesweiten Demonstration für die Gewerkschaftsfreiheit in Frankfurt/Main beteiligt.

Mit dem Einzug des neoliberalistischen Regimes ab Mitte der 1970er Jahre wurde auch der Gegenwind gegen diese emanzipative Betriebslinke stärker. Die Zersplitterung und kapitalistische Konkurrenz sollte die gewerkschaftliche Solidarität zerstören. Dagegen organisierte Hajek Orte des Austausches und des Kennenlernens wie Bildungswochen und Seminare. Nachdem das Aufkommen der Gelbwestenbewegung in Frankreich auch viele Linke überraschte und oft auf Distanz gehen ließ, versuchte Hajek auf mehreren Veranstaltungen in Deutschland, Verständnis für diese Bewegung zu vermitteln. Anfang 2020 veröffentlichte Hajek unter dem Titel „Gelb ist das neue Rot“ im Verlag „Die Buchmacherei“ ein wichtiges Buch zu der neuen Bewegung. Trotz seiner schweren Erkrankung blieb Willi Hajek bis zum Schluss an gesellschaftlichen Fragen interessiert.

Am 3. Oktober starb Hajek in Marseille, der Stadt, die im letzten Jahrzehnt sein Lebensmittelpunkt geworden war, in dem Land, dessen rebellische Arbeiter*innenklasse ihn ein Leben lang inspirierte. Ihm gelang es, selber wiederum Menschen zu inspirieren, für eine Gesellschaft zu kämpfen, in denen die Menschen nicht mehr Rädchen im kapitalistischen Getriebe sind. In unseren Kämpfen bleibt Kollege Willi Hajek lebendig. Peter Nowak