Erst durch einen Freund hatte der freie Journalist Julian Rzepa davon erfahren, dass der Verfassungsschutz eines seiner Fotos nutzt.

Erfolgreich gegen den Verfassungsschutz gewehrt

»Ein Freund hat mich angerufen und gesagt: Du bist im Verfassungsschutz. Da habe ich erst entdeckt, dass die mein Foto geklaut haben«, berichtet Julian Rzepa gegenüber "nd", wie er davon erfahren hat. Eine Genehmigung hätte er nie gegeben. Zum einen lehne er eine Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz grundsätzlich ab.

Die von Ihnen aufgerufene Seite konnte nicht gefunden werden.« Diese Meldung erscheint, wenn man eine Seite des Verfassungsschutzes Baden-Württemberg aufruft. Dort stand bis vor Kurzem ein Foto des freien Journalisten Julian Rzepa, das die Behörde ohne dessen Wissen verwendet hatte. Es zeigt eine Demonstration nach einer Häuserräumung am 11. Dezember 2021 in der Freiburger Innenstadt. Das Foto war auf der Homepage des …

… Freien Senders Radio Dreyeckland veröffentlicht worden und mit dem Zusatz »All rights reserved« gekennzeichnet. Damit ist klar ausgedrückt, dass die Verwendung eines Fotos ohne Einwilligung des Fotografen untersagt ist. »Ein Freund hat mich angerufen und gesagt: Du bist im Verfassungsschutz. Da habe ich erst entdeckt, dass die mein Foto geklaut haben«, berichtet Rzepa gegenüber „nd“, wie er davon erfahren hat. Eine Genehmigung hätte er nie gegeben. Zum einen lehne er eine Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz grundsätzlich ab. Zum anderen bebildere sein Foto einen Artikel unter der Überschrift »Linksextremisten reagieren auf Abriss des Szeneobjekts G19«, mit dem außerparlamentarische Aktivitäten diskreditiert würden. So heißt es in der Einleitung zu dem Artikel, unter den das Foto gesetzt wurde: »In Zeiten steigender Mietkosten und Wohnungsnot bietet das Aktionsfeld ›Antigentrifizierung‹ Linksextremisten die Möglichkeit zum Schulterschluss mit zivilgesellschaftlichen Akteuren.“ Zunächst sei er aber ratlos gewesen, wie er sich gegen die Verwendung des Fotos wehren könnte, berichtet der Fotograf. Daher habe er über die sozialen Netzwerke gefragt, ob eine Klage gegen den Verfassungsschutz erfolgversprechend ist. Die Reaktionen hätten Rzepa dann positiv überrascht: »Es haben nicht nur zwei Medienanwälte ihre Unterstützung angeboten. Ich bekam auch sofort Informationen über einen Präzedenzfall.«  2014 hatte das Berliner Landgericht entschieden, dass der Inlandsgeheimdienst von Mecklenburg-Vorpommern nicht ohne Zustimmung ein Foto der Band Feine Sahne Fischfilet hätte übernehmen dürfen. Die antifaschistisch orientierte Punkband wurde damals von den Diensten im Bereich Linksextremismus aufgelistet. Von den Reaktionen und Informationen ermutigt, beauftrage Rzepa schließlich den Rechtsanwalt David Werdermann mit der Klage gegen den Verfassungsschutz. Der Jurist hat sich in den letzten Jahren immer wieder der juristischen Verteidigung der Grundrechte auch im Medienbereich gewidmet. Auch in diesem Fall hatte er Erfolg. Nachdem der Verfassungsschutz zunächst einen Vergleich angeboten hatte, in dem eine Verschwiegenheitspflicht enthalten war, die von Werdermann und seinem Mandanten nicht akzeptiert wurde, ist die juristische Auseinandersetzung auf diesem Wege nun ohne eine solche Klausel beendet. Rzepa bekommt eine Entschädigung von 1500 Euro. Doch wichtig ist ihm auch das Signal, dass man sich dagegen wehren kann, wenn der Verfassungsschutz Fotos ohne Zustimmung nutzt. Für ihn ist das neben dem entgangenen Honorar nämlich auch eine Rufschädigung. Er möchte nicht, dass Gerüchte aufkommen, dass er für den Inlandsgeheimdienst arbeitet. Daher war es ihm auch wichtig, nicht an eine Verschwiegenheitspflicht gebunden zu sein. Solche Klauseln sind wohl auch dafür verantwortlich, dass bisher wenig über Fälle bekannt ist, in denen sich Journalist*innen erfolgreich gegen die unberechtigte Verwendung ihrer Fotos durch den Verfassungsschutz gewehrt haben. Sie bekommen eine Entschädigung und schweigen darüber. Anwalt Werdermann ist aktuell ein weiterer Fall bekannt, in dem ein Journalist gegen den Verfassungsschutz wegen der Verwendung seiner Arbeiten klagt.  Peter Nowak

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