In Friedrichshain soll das „Berliner Modeinstitut“ Ende Januar aus den Räumen. Noch regt sich Protest

Die Kiezoase wird trockengelegt

„Der Laden soll weg, weil ein Gewerbemiet­ vertrag schnell zu kündigen ist. Auch unsere Situation ist weiterhin unsicher“, sagt eine Mieterin des Hauses. Sie erklärt sich die an­ fängliche Bereitschaft der Eigentümer, einen Folgevertrag für den Laden abzuschließen, da­ mit, dass die Mieter*innen an die Öffentlich­ keit gegangen waren und infolgedessen die Eigentümer*innen in der Kritik standen.

Pflanzen, Holzbänke und alte Stühle sind um einen Holztisch drapiert – der Eingangsbereich des Modeinstituts in der Samariterstraße 8 er­ innert an ein altes Wohnzimmer. Da fällt ein Transparent mit der Aufschrift „Rausschmiss“ über der Eingangstür ins Auge, das so gar nicht zu dem Ambiente passen will. „Ich wollte meine Kund*innen darüber informieren, dass ich am 31. Januar 2020 hier raus sein muss“, er­klärt Daniela Wisotzky gegenüber der taz. Seit 17 Jahren ….

….bietet sie im Modeinstitut Vintage­ mode aus den 1920er Jahren für Frauen an – für jeden Geschmack und für jedes Alter – und hat sich damit einen Namen gemacht. Manche Kund*innen kommen dafür aus anderen Stadt­ teilen angereist. Dass sie den Laden jetzt ver­ lassen muss, liegt an einem Eigentümerwech­ sel in dem Eckhaus, der bereits vor einigen Mo­ naten für Schlagzeilen sorgte.

Nachdem die Fortis Group das Gebäude er­ worben hatte und per Brief ankündigte, dass sich die Mieten nach einer Modernisierung verdoppeln und sogar verdreifachen könnten, gingen die Bewohner*innen im März 2019 an die Öffentlichkeit. Noch heute hängen zahlrei­ che Transparente gegen die Verdrängung aus dem Haus. Die angekündigte Modernisierung hat noch nicht begonnen. Wisotzky wurde mit­ geteilt, dass ihr Gewerbemietvertrag nicht ver­ längert wird.

Erst als die Bundestagsabgeordnete Canan Bayram (Grüne) in einem Brief an den Eigen­ tümer auf die wichtige Rolle des Ladens für den Kiez hinwies, wurde ihr eine Frist bis Jah­resende gewährt. Die wurde dann auf Bitten Wisotzkys um einen Monat bis zum 31. Januar verlängert. So kann sie das existenziell wich­ tige Weihnachtsgeschäft noch mitnehmen. Am 31. Januar soll endgültig Schluss sein.

Dabei hatten ihr die neuen Eigentümer zwi­ schenzeitlich in Aussicht gestellt, sie könne nach einer Sanierung wieder in den Laden ein­ ziehen. Als Wisotzky anfragte, ob sie bei der Gestaltung der Räume ein Mitspracherecht habe, wurde das verneint. „Mir wurde mitge­ teilt, dass ein Wiedereinzug in den Laden nur eine unverbindliche Option gewesen war und mittlerweile hätte man sich anders entschie­ den“, fasst die Ladenbetreiberin die Antwort der Fortis Group zusammen. Sie habe eigentlich keine Kraft zum Widerstand mehr gehabt, be­ schreibt sie gegenüber der taz ihre Stimmung nach dieser Mitteilung. Die Mieter*innen aus dem Haus hätten jedoch sofort eine Mahnwa­ che vor dem Laden organisiert. Das Transpa­ rent über der Tür sei dabei entstanden.

„Der Laden soll weg, weil ein Gewerbemiet­vertrag schnell zu kündigen ist. Auch unsere Situation ist weiterhin unsicher“, sagt eine Mieterin des Hauses. Sie erklärt sich die an­fängliche Bereitschaft der Eigentümer, einen Folgevertrag für den Laden abzuschließen, da­ mit, dass die Mieter*innen an die Öffentlich­ keit gegangen waren und infolgedessen die Eigentümer*innen in der Kritik standen. „Wir müssen wieder lauter werden“, sagt eine Nach­barin. „Der Laden ist wie eine Kiezoase. Der darf für keinen Spätkauf verschwinden.“ Die Fortis Group äußerte sich bis zum Redaktionsschluss nicht auf eine Anfrage der taz. Peter Nowak

Erstveröffentlichungsort:
https://taz.de/!5648773/