Transnationale Vernetzung von MieterInneninitiativen und Recht-auf-Stadt-Gruppen

Europaweites Vernetzungstreffen von Mieter/innen in Berlin

Das Treffen machte deutlich, dass der Kampf um bezahlbare Mieten bei allen landesspezifischen Unterschiede keine Grenzen kennt

Der Kampf um bezahlbare Wohnungen ist längst ein europäisches Thema geworden. Die Immobilienwirtschaft agiert global. Höchste Zeit, dass auch die Mieter/innen über Landesgrenzen hinweg kooperieren. Dazu hat auch die Berliner Mietergemeinschaft in den Jahren 2013 – 2015 mit der Veranstaltungsreihe „Wohnen in der Krise“ einen wichtigen Beitrag geleistet. Zu Wort kamen dort Mieteraktivist/innen aus zahlreichen europäischen Ländern (https://www.bmgev.de/politik/wohnen-in-der-krise.html). Die transnationale Vernetzung war auch das Anliegen eines Treffens von Delegierten des Netzwerks „European Action Coalition for the Right of Housing and to the City” aus 12 Ländern, die sich vom 7.- 10. Juni in Berlin getroffen haben. Schon im Namen wird deutlich, dass hier ….

….aktive Mieter/innen mit Initiativen aus dem Recht auf Stadt-Spektrum kooperieren. Das Netzwerk wurde im Jahr 2013 in der griechischen Hauptstadt am Rande des Athener Alternativgipfel „Alter Summit“ gegründet. Damals protestierten in Griechenland, aber auch in anderen Ländern der europäischen Peripherie, Zigtausende Menschen gegen die von der EU-Troika erzwungene Austeritätspolitik. Damals keimte auch die Hoffnung auf eine transnationale soziale Bewegung auf, die dem Wirtschaftsliberalismus Grenzen setzten könnte. Im Oktober 2014 rief das Netzwerk zum Protest gegen eine der weltweit größten Immobilienmessen auf – die Mipim in London. Damals blockierten Aktivist/innen den Zugang der Westlondoner Ausstellungshalle Olympia, auch um gegen die Nähe des damaligen Londoner Bürgermeisters Boris Johnson zu der Immobilienwirtschaft zu protestieren. Johnson könnte bald britischer Premierminister werden. Das Netzwerk für das Recht auf Wohnen und Recht auf Stadt ist bis heute aktiv. Dabei geht es um Erfahrungsaustausch, Strategiebildung, Kampagnen- und Forschungsarbeit auf transnationaler Ebene. 

Wohnraum soll der Profitlogik entzogen werden
Jüngstes Resultat der Netzwerksarbeit ist eine Broschüre über die Finanzialisierung des Wohnungsmarkts, das in Berlin vorgestellt wurde. Darin findet man einfach aufbereitete wissenschaftliche Inhalte über Investoren und deren Praktiken auf dem Wohnungsmarkt auf europäischer Ebene. Auch die zentrale Forderung des Netzwerks findet sich in der Broschüre: Der Wohnraum soll dem Markt und damit der Profitlogik entzogen werden, ist ein Grundkonsens der unterschiedlichen Gruppen. Das Treffen wurde in Berlin vom Bündnis gegen Zwangsräumungen und der Solidarischen Aktion Neukölln vorbereitet. In den vergangenen Tagen beschäftigten sie sich vor allem mit der Stärkung der eigenen transnationalen Strukturen. Daneben gaben die Gruppen einen Einblick in die Arbeit in den unterschiedlichen Ländern. Dazu gehören auch künstlerische Ausdrucksweisen. „A început ploaia“ (dt.: Es begann zu regnen) lautet der Titel eines Dokumentarfilms über Zwangsräumungen von Roma in Bukarest, der am Freitag, den 7.6., um 19 Uhr im Kino der Regenbogenfabrik in der Lausitzer Straße 22 gezeigt wurde. Der Film dokumentiert die Geschichte der Räumung eines Hauses und zeigt den Widerstand von einer Gemeinschaft von Roma, die nach der Räumung zwei Jahre lang auf der Straße gelebt und für ihr Recht auf Wohnen gekämpft haben. Emanuel Georgescu, ein Betroffener, der im Film gezeigten Räumungen und Michele Lancione, der Regisseur des Films, waren bei der Vorführung anwesend. Sie berichteten aus eigener Erfahrung von der Räumung der Bewohner/innen und der Entstehung des Films. Auch an Protesten gegen die Deutsche Wohnen beteiligten sich Aktivist/innen der europäischen Mieter/innenkoordination am vergangenen Freitag. Das Treffen machte deutlich, dass der Kampf um bezahlbare Mieten bei allen landesspezifischen Unterschiede keine Grenzen kennt. Eine weitere Erkenntnis teilten die europäischen Aktivist/innen. Mieter/innenrechte müssen von den Betroffenen selber erkämpft werden.

Peter Nowak