Eine Fotoausstellung in Kreuzberg erinnert an über drei Jahrzehnte BesetzerInnengeschichte

Alte, neue Kämpfe

Umbruch wurde 1988 von FotografInnen gegrün- det, die sich gegen die Unterbelichtung der linken Bewegung wehrten.“

Von Peter Nowak

Bei dem älteren Herrn mit Anzug und Brille würde man auf den ersten Blick keinen Sympathisanten der Berliner HausbesetzerInnenbewegung ver- muten. Doch das Foto, das Teil der Fotoausstellung „Die Häuser ser denen, die drin wohnen“ ist, zeigt den damals bekannten linken Theologen Helmut Gollwitzer, der 1981 in ein besetztes Haus in der Arndtstraße 42 am Chamissoplatz zog, das akut von Räumung bedroht war. Gollwitzer gehörte zu einer größeren Gruppe von WissenschaftlerInnen und Intellektuellen, die….

….in den 1980er-Jahren Patenschaften für Häuser übernahmen, die von Räumung bedroht waren. Diese Form der Solidarität führte seinerzeit zu einer breiten gesellschaftlichen Debatte über die Legitimation von Besetzungen.

Eine Frage, die angesichts des angespannten Mietmarkts bis in die Gegenwart reicht. Die Ausstellung des Umbruch-Fotoarchivs widmet sich deshalb auch der Berliner BesetzerInnenbewegung, die mehr als drei Jahrzehnte umfasst.

Fotos von zwölf verschiedenen FotografInnen sind noch bis Donnerstag im Café der Regenbogenfabrik zu sehen. Hermann Bach, der heute in Kreuzberg das Archiv betreut, betont: „Umbruch wurde 1988 von FotografInnen gegründet, die sich gegen die Unterbelichtung der linken Bewegung wehrten.“

Ein Teil der ausgestellten Fotos stammt von dem in den 1980er-Jahren sehr bekannten Fotografen Michael Kipp. Als er 2009 verarmt starb, hatte er viele seiner Fotos und Abzüge unter seinem Bett aufbewahrt. Es war ein Glücksfall, dass das Umbrucharchiv sie jetzt der Nachwelt zugänglich machen konnte.

Neue Fotos, alte Kämpfe

Die jüngsten Fotos stammen noch aus diesem Jahr – etwa von einer noch besetzten Wohnung in der Großbeerenstraße 17a. Sowie vom ehemali- gen Gemüseladen in der Wrangelstraße, der nach der großen MieterInnendemonstration am 6. April kurz besetzt und wenige Stunden später wieder geräumt wurde. „Besetzungen sind immer noch aktuell“, kommentiert Bach die Bilder.

„#Besetzen, wie weiter?“, lautet daher auch die Frage- stellung der Veranstaltung zur Finissage. Dort soll auch darüber diskutiert werden, was die heutigen BesetzerInnen von ihren VorkämpferInnen vor drei Jahrzehnten lernen können.

Besetzen, wie weiter?

Diskussion am 13. Juni um 19 Uhr im Regenbogen-Café in der Lausitzer Straße 22. Dort ist bis zum Donnerstag die Ausstellung von 13–18 Uhr zu sehen. Mehr Infoformation: besetzen.noblogs.org

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