Castorgegner vor Gericht

Am heutigen Montag beginnt vor dem Potsdamer Amtsgericht der Prozess gegen einen AKW-Gegner. Ihm wird vorgeworfen, 2010 in der Nähe von Kassel zwei Personen unterstützt zu haben, die mit Seilen an einer ICE-Strecke gegen den damaligen Castortransport protestiert haben. Der zweite Vorwurf ist bereits fünf Jahre alt. Beim Castortransport 2008 soll der Angeklagte in der Pfalz Aktivisten unterstützt haben, die sich in einem Betonblock anketteten und damit den Atomzug 12 Stunden aufhielten. Der Vorgang ist in mehrerlei Hinsicht bizarr. Zum einen ist es der Gerichtsort, der weder mit dem vermeintlichen Tatort noch dem Wohnort des angeblichen Täters zu tun hat. Denn seit einer internen Reform der Bundespolizei werden sämtliche Verfahren zu Ordnungswidrigkeiten im Bereich der Bahnanlagen nur noch vor dem Potsdamer Amtsgericht verhandelt. Zum anderen moniert der Beschuldigte, er habe sich beide Male lediglich in der Nähe einer Aktion zivilen Ungehorsams befunden.
Fracking

Die merkwürdige Regelung über den Gerichtsort bringt nicht nur lange Anfahrtswege für Beklagte – im aktuellen Fall 500 Kilometer, mit sich. Juristen sehen auch eine Beeinträchtigung der Rechte der Angeklagten, wenn der Gerichtsort für sämtliche Verfahren Potsdam ist. Nun regt sich Widerstand: Bereits im Februar organisieren zahlreiche außerparlamentarische Gruppen in der brandenburgischen Landeshauptstadt Aktionstage gegen Repression und enterten in diesem Rahmen auch das Brandenburger Tor in Potsdam.

Immerhin konnte in der vergangenen Woche die Robin-Wood-Aktivistin Cecile Lecomte, die wegen ihrer Kletteraktionen Eichhörnchen genannt wird, vor Gericht einen Erfolg erzielen. Sie war am 17. Mai 2011 bei einer Protestaktion gegen die Tagung des Deutschen Atomforums in Berlin von der Polizei festgenommen worden. Jetzt hat ihr die Polizei schriftlich bestätigt, dass ihre Festnahme ebenso rechtswidrig war wie der anschließende Platzverweis. Ob das Verfahren heute in Potsdam ebenso ausgeht, wird sich zeigen.
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Peter Nowak