Ein Praxisteam am Schlesischen Tor fliegt nach 40 Jahren aus ihren Räumen. Für viele Pa­ti­en­t*in­nen ist die medizinische Versorgung in Gefahr.

Kiezpraxis wird verdrängt

arum die Praxis in Kreuzberg bleiben will? „Unsere Pa­ti­en­t*in­nen sind alteingesessene und neue Kreuzberger*innen, Expats aus aller Welt, Menschen der schwulen, lesbischen und queeren Communities, Menschen ohne Papiere, Tourist*innen, Menschen, die Drogen gebrauchen, Heroinabhängige in Opiatsubstitutionstherapie und viele mehr“, sagt der Mediziner Westerbarkey. „Ohne die Kiezpraxis ist ihre regelmäßige medizinische Versorgung in Gefahr.“

Wer die Homepage der Gemeinschaftspraxis am Schlesischen Tor besucht, wird nicht nur über die medizinischen Leistungen der Ärz­t*in­nen informiert. Dort ist auch zu erfahren, dass die Kiezpraxis, die seit 40 Jahren in Kreuzberg ihr Domizil hat, erneut …

… akut von Verdrängung bedroht ist. „Unser Standort ist bedroht, weil die Vermieterin, die mittlerweile luxemburgische BR Rhein S.à.r.l., unseren Mietvertrag langfristig nicht verlängern will“, heißt es dort.

„Wir müssen nun definitiv raus und suchen intensiv nach Räumlichkeiten“, sagt Volker Westerbarkey, Facharzt des Praxisteams, zur taz. Dass die Ärz­t*in­nen überhaupt noch Pa­ti­en­t*in­nen behandeln können, ist der Erfolg einer monatelangen Kampagne. Denn eigentlich sollte die Praxis schon zum Jahresende 2023 verschwinden. Unter dem Motto „Kiezpraxis muss bleiben“ setzten sich Patient*innen, aber auch Stadtteilinitiativen dafür ein, dass die Kündigung zurückgenommen wird.

Doch es konnte nur ein Aufschub von sechs Monaten erreicht werden. Nun soll die Praxis Ende Juni raus. Aktuell verhandelt sie noch mit den Eigentümer über einen weiteren Aufschub, bis neue Räumlichkeiten in Kreuzberg gefunden sind. Das dürfte bei den derzeitigen Gewerbemieten schwer werden.

Existenzielles suchtmedizinisches Angebot

Warum die Praxis in Kreuzberg bleiben will? „Unsere Pa­ti­en­t*in­nen sind alteingesessene und neue Kreuzberger*innen, Expats aus aller Welt, Menschen der schwulen, lesbischen und queeren Communities, Menschen ohne Papiere, Tourist*innen, Menschen, die Drogen gebrauchen, Heroinabhängige in Opiatsubstitutionstherapie und viele mehr“, sagt der Mediziner Westerbarkey. „Ohne die Kiezpraxis ist ihre regelmäßige medizinische Versorgung in Gefahr.“

Seine Kollegin Stella Begrich weist dann auch auf ihr suchtmedizinisches Angebot hin, das angesichts der Drogenkrise gerade in Kreuzberg für nicht wenige Menschen existenziell ist.

Die Kreuzberger Stadtteilinitiative Bizim Kiez setzt sich ebenfalls für den Verbleib der Kiezpraxis ein. Sie fordert von der Politik Maßnahmen, damit die wichtige gesundheitliche Grundversorgung in der Stadt nicht durch Kündigungen aus Profitgründen bedroht wird. Das liegt jedoch nicht allein beim Senat, denn die Anpassung des Gewerbemietrechts ist Sache der Bundespolitik. Peter Nowak