Am Dienstag werden in zahlreichen deutschen Städten Solidaritätsaktionen vor italienischen Konsulaten stattfinden. Sie stehen unter dem Motto »Weder in Hamburg noch in Piacenza – gegen die Einschränkung des Streikrechts«. Bereits in den vergangenen Tagen waren aus diesem Anlass Kundgebungen abgehalten worden, unter anderem vor dem „Kiezhaus Agnes Reinhold“ im Berliner Stadtteil Wedding. Gewerkschafter*innen und linke Aktivist*innen wollen damit ihre Solidarität mit italienischen Basisgewerkschafter*innen ausdrücken. In der vergangenen Woche waren jeweils vier Gewerkschafter der Basisgewerkschaften USB und Si Cobas unter Hausarrest gestellt worden. Ihnen wird die Gründung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Auslöser für diese Anklage waren angeblich …
… Streiks in den Logistiklagern der norditalienischen Stadt Piacenza in den Jahren 2014 bis 2021. Der Staatsanwaltschaft zufolge wurden diese Streiks unter einem Vorwand und mit »erpresserischen« Absichten durchgeführt, um bessere Bedingungen für die Arbeiter*innen zu erreichen, als sie im nationalen Vertrag vorgesehen sind.
»Auf der Anklagebank befinden sich alle wichtigen Kämpfe und Mobilisierungen der letzten Jahre«, heißt es in einer Solidaritätserklärung, die der Arbeitskreis Internationalismus der Gewerkschaft IG Metall gemeinsam mit anderen Initiativen verfasst hatte. In der Erklärung wird darauf hingewiesen, dass die Basisgewerkschaft USB in der jüngsten Vergangenheit mit Streiks gegen Waffenlieferungen, die für den Jemen oder die Ukraine bestimmt waren, für Aufmerksamkeit gesorgt hatte. »Unsere Solidarität gilt auch den Blockadeaktionen des Hafenarbeiter-Komitees (CALP) in Genua, die ihre Aktionen gegen Waffen-Transporte auch mit der italienischen Verfassung begründen, in der Waffenexporte in Kriegs- und Krisengebiete ausgeschlossen sind«, betonen die linken Gewerkschafter*innen.
Bei ihren Protestaktionen machen sie deutlich, dass nicht nur in Italien das Streikrecht angegriffen wird. Auch in Deutschland werde die Einschränkung von Arbeiter*innenrechten in die Diskussionen gebracht, erklärte ein Aktivist der Berliner Gewerkschaftslinken gegenüber »nd«. Er verwies darauf, dass Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sogar die Ausrufung des nationalen Notstands ins Gespräch gebracht hat, um das Streikrecht einzuschränken und den Arbeitskampf an der norddeutschen Küste zu beenden.
Hafenarbeiter*innen aus Hamburg, Bremen, Bremerhaven, Brake, Emden und Wilhelmshaven hatten Mitte Juli einen 48-stündigen Streik durchgeführt. Die Logistikunternehmen HHLA und Eurogate klagten gegen den Streikaufruf. Nachdem das Arbeitsgericht in Hamburg Zweifel an der formalen Rechtmäßigkeit des Streikaufrufs äußerte, einigten sich die Kläger mit der Gewerkschaft Verdi auf eine Friedenspflicht bis zum 26. August. Damit wird nach Ansicht der linken Gewerkschafter*innen die Streikdynamik ausgebremst.
Unter dem Motto »Hafenstreik: Gegen jede Einschränkung des Streikrechts« haben Gewerkschafter*innen eine Petition lanciert. Die Initiator*innen wenden sich gegen eine gerichtlich erzwungene Friedenspflicht und fordern, dass die Belegschaften über ihren Streik selber entscheiden können. Sie befürchten, dass gerade in Zeiten von Wirtschaftskrise und hoher Inflation, die zu Reallohnverlusten führt, die Angriffe auf die Rechte der Beschäftigten zunehmen werden.
Dazu tragen auch wirtschaftsnahe Medien bei, die sich darüber aufregen, dass Beschäftigte gerade in Krisenzeiten streiken. »Dahinter steckt oft eine Volksgemeinschaftsideologie, nach der Arbeitskämpfe eigentlich nur als Störung der Wirtschaft betrachtet werden. Eine solche Propaganda leistet der Kriminalisierung von kämpferischen Gewerkschafter*innen wie in Italien Vorschub«, so die Befürchtung des Aktivsten der Berliner Gewerkschaftslinken. Peter Nowak