Eine antifaschistische Kampagne macht auf die rechte Unterwanderung bei Bundeswehr und Polizei aufmerksam

Zweifel an der Sicherheit

Eigentlich ist die Kleinstadt Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern eine Hochburg von Rechtsradikalen. Umso beachtlicher ist es, dass dort 600 Menschen gegen die Chatgruppe Nordkreuz demonstrierten.

Eigentlich ist die Kleinstadt Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern eine Hochburg von Rechtsradikalen. Umso beachtlicher ist es, dass dort 600 Menschen gegen die Chatgruppe Nordkreuz demonstrierten.
Rechte Netzwerke reichen längst bis in die Bundeswehr und Polizei hinein. Das zeigte erst in der vergangenen Woche die Verurteilung des ehemaligen Bundeswehroffiziers Franco A. zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren, der nach Ansicht der Richter am Oberlandesgericht Frankfurt am Main rechtsradikale Anschläge auf liberale Politiker*innen und Personen der Zivilgesellschaft vorbereitet hat. Auf eine rechte Unterwanderung bei Sicherheitskräften machten am Samstag rund 600 Antifaschist*innen mit einem Aktionstag in der …

… mecklenburgischen Kleinstadt Güstrow aufmerksam. Der dortige Schießplatz war das infrastrukturelle Rückgrat der Chatgruppe Nordkreuz, wo sich Rechtsradikale über konspirative Wohnungen und den Erwerb von Bundeswehrmunition austauschten. Noch immer sind 55 000 Schuss Munition aus Beständen der Armee verschwunden. Auf diese beunruhigend große Zahl machte die Demonstration aufmerksam.

An der Spitze des Aufzugs hielten die Antifast*innen ein Transparent mit dem Slogan »Ihr seid keine Sicherheit« hoch. Das ist zugleich auch der Name einer überregionalen Kampagne, die diese Demonstration organisierte. Zahlreiche Gruppen der außerparlamentarischen Linken haben sich dort zusammengeschlossen, beispielsweise das Ums-Ganze-Bündnis, die Interventionistische Linke, das Netzwerk Nationalismus ist keine Alternative und die Berliner Gruppe Andere Zustände ermöglichen. Einen Redebetrag hielt auch Karen Larisch, Linke-Abgeordnete im Landtag von Mecklenburg Vorpommern, die selbst in Güstrow lebt und in den vergangenen Jahren wiederholt Angriffen von Neonazis ausgesetzt war. Larisch warnt bereits seit Jahren vor völkischen Siedlern, die sich in der Region von Güstrow niedergelassen haben. Bis 2019 war die rechtsextreme NPD außerdem mit zwei Mitgliedern im Stadtrat von Güstrow vertreten.
Zwei Neonazis provozierten auch auf der Demonstration am Samstag. Eine Sprecherin der Kampagne monierte gegenüber dem »nd«, dass die Polizei nicht eingeschritten sei, obwohl einer der Rechten sogar den Hitlergruß gezeigt haben soll. Zufrieden zeigte sie sich dennoch mit dem Aufzug, weil es gelungen sei, Antifaschist*innen aus Güstrow und Umgebung anzusprechen, sich an der Demonstration zu beteiligen. Zudem habe die Kampagne »Ihr seid keine Sicherheit« gezeigt, dass die überregionale Organisierung zu einer linken Demonstration möglich sei. Besonders die Corona-Pandemie und die Lockdowns hatten zuletzt linke Mobilisierungen stark beeinträchtigt; und nicht zuletzt die starke polizeiliche Repression hat dafür gesorgt, dass linke Proteste gegen Neonazi-Aktivitäten zuletzt selten geworden sind. Probleme habe es laut der Sprecherin im Vorfeld der Demonstrationen gegeben, weil der Auflagenbescheid unter anderem vorsah, dass alle Ordner*innen vorher der Polizei namentlich bekannt gemacht werden sollten. Dagegen wehrte sich die Kampagne gerichtlich.
»Vor allem für viele antirassistische Zusammenhänge sind Orte wie Güstrow No-Go-Areas. Selbst für Demonstrationen«, fasst die Sprecherin die Erfahrungen der Kampagne »Ihr seid keine Sicherheit« zusammen, die vor der Demo zahlreiche Veranstaltungen in ganz Deutschland durchgeführt hatte. Peter Nowak

Erstveröffentlichungsort: