Landkreis mahnte Arbeitskreis und Grundrechtekomitee ab

Sanktionen gegen Abschiebungskritiker

Das Grundrechtekomitee hatte den inkriminierten Bericht auf seiner Webseite an einer Stelle ergänzt, danach aber keine weitere Rückmeldung der Kreisverwaltung Unna erhalten. Britta Rabe vom Komitee für Grundrecht fordert eine öffentliche Entschuldigung des Landrates und die Rücknahme der Abmahnung. »Ehrenamtlich Aktive und Bürgerrechtsorganisationen, die Kritik an der rigiden Abschiebungspraxis äußern, dürfen nicht an der freien Meinungsäußerung gehindert werden.

Weil sie in einer Pressemitteilung die inhumane Abschiebung einer Familie angeprangert hatten, bekamen das Komitee für Grundrechte und Demokratie und der Arbeitskreis Asyl Schwerte Post vom Anwalt. Was war geschehen? Der Kreis hatte am 18. Januar 2022 eine Familie nachts nach Bangladesch abgeschoben. Sie lebte seit 2016 in Deutschland und hätte von dem von der neuen Bundesregierung geplanten »Chancen-Aufenthaltsrecht« profitiert. Es sieht für Menschen, die am 1. Januar 2022 seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben und ohne Vorstrafen sind, ein Bleiberecht vor. Dies ist aber noch nicht umgesetzt. Die Familie wurde vom Arbeitskreis (AK) Asyl Schwerte unterstützt. Umso größer war die Empörung über …

… die Umstände der Abschiebung. »Die Beamt*innen kamen gegen Mitternacht und brachten einen Schlüsseldienst mit, um sich Zugang zur Wohnung der Familie verschaffen zu können«, teilte der AK Asyl mit. Seine Mitglieder sehen darin ein rechtswidriges Vorgehen, das ungeachtet des zuvor erlassenen Durchsuchungsbeschlusses durch das zuständige Verwaltungsgericht gegen Artikel 13 Grundgesetz, also die Unverletzlichkeit der Wohnung, verstoße.
Nach Angaben der Unterstützer*innen musste sich die sechsjährige Tochter der Familie auf dem Weg zum Flughafen Hannover aufgrund des enormen Stresses mehrmals im Auto übergeben. Doch die Bitte der Eltern, die Fahrt zu unterbrechen, seien ignoriert worden. Nach Angaben der Familie befanden sich am Flughafen dann rund 35 Menschen aus Bangladesch – und deutlich mehr Polizist*innen. »Eine traumatisierende und extrem beängstigende Erfahrung für die Familie und insbesondere für das Kind«, sagt ein Mitglied des AK Asyl.
Doch nicht die Verantwortlichen für diese Abschiebung, sondern die Kritiker*innen sollen sanktioniert werden. Die Kreisverwaltung Unna ließ über eine Anwaltskanzlei Abmahnungen mit der Androhung einer Klage an das Komitee für Grundrechte und Demokratie und den AK Asyl versenden. Stein des Anstoßes ist eine gemeinsame Presseinformation, in der die beiden Organisationen die Umstände der Abschiebung scharf kritisieren.
In dem anwaltschaftlichen Schreiben wurden das Grundrechtekomitee und der AK Asyl aufgefordert, zwei Äußerungen zurückzunehmen und künftig zu unterlassen. Zudem sollen sie eine Unterlassungserklärung mit Androhung einer Strafe von 5100 Euro unterschreiben.
Doch die Organisationen weigerten sich und gingen an die Öffentlichkeit. Die Pressestelle der Kreisverwaltung teilte AK Asyl Schwerte nach mehrfacher Nachfrage mit, man werde von weiteren rechtlichen Schritten absehen. Das Grundrechtekomitee hatte den inkriminierten Bericht auf seiner Webseite an einer Stelle ergänzt, danach aber keine weitere Rückmeldung der Kreisverwaltung Unna erhalten. Britta Rabe vom Komitee für Grundrecht fordert eine öffentliche Entschuldigung des Landrates und die Rücknahme der Abmahnung. »Ehrenamtlich Aktive und Bürgerrechtsorganisationen, die Kritik an der rigiden Abschiebungspraxis äußern, dürfen nicht an der freien Meinungsäußerung gehindert werden.« Peter Nowak

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