Gewerkschafter fordern einen solidarischen Lockdown, um die Corona-Pandemie zu bekämpfen

Wenn der Abstand nicht eingehalten wird

Kritisiert wird, dass in der Freizeit strenge Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen gelten, Kinder zu Hause lernen müssen. Bibliotheken sind ebenso geschlossen wie Gaststätten, Kneipen und Kinos. Aber Ansteckungen am Arbeitsplatz, wie in deutschen Fleischfabriken, bei Airbus oder im Hamburger Hafen sowie auf dem Weg dorthin, werden ignoriert oder in Kauf genommen, kritisieren die Gewerkschafter*innen, die für einen Lockdown werben.

»Gewerkschafter*innen für einen solidarischen Lockdown« lautet ein Aufruf, der von einigen Gewerkschaftsuntergliederungen sowie aktiven Gewerkschafter*innen initiiert wurde. Unterzeichnet wurde er unter anderem von Jugendausschüssen der Gewerkschaften IG Metall und der IG Bau. Eine Unterstützung von größeren Gewerkschaftsgliederungen fehlt bisher. Mit dem Aufruf unterstützten die Gewerkschafter*innen die Initiative …

… ZeroCovid, die seit einigen Wochen auch unter Linken für heftige Diskussionen sorgt. Schließlich propagiert die von verschiedenen Linken initiierte Kampagne einen europäischen Lockdown, um die Zahl der Covid-19-Infektionen auf Null zu bringen. Finanziert werden sollen die Beschäftigten aus einer Versteuerung von Kapital. Die Unterstützer*innen, darunter die Künstlerin Bini Adamczak und der langjährige PDS-Abgeordnete Winfried Wolf, sprechen von einem solidarischen Lockdown. Kritiker*innen in der Linken warnen vor einer weiteren Stärkung autoritärer Maßnahmen. In den vergangenen zwei Wochen sind die Anhänger*innen von Zero-Covid in verschiedenen Städten – darunter Berlin, Hamburg, Nürnberg, Darmstadt und Münster – auf die Straße gegangen. In Hamburg forderten sie auf einer Kundgebung vor einem Nobelhotel, die in der Pandemie geschlossenen Gebäude für Wohnungs- und Obdachlose und Geflüchtete zu öffnen, die auf der Straße oder in Sammelunterkünften leben müssen. Vor einer Amazon-Auslieferungsstation wurde gefordert, dass die Lieferung von Produkten, die nicht der Daseinsvorsorge dienen, unter Corona-Bedingungen eingestellt wird. 

Anfang Februar startete auch die Twitterkampagne CovidAtWork. »Was in der Privatwirtschaft passiert, muss an die Öffentlichkeit. Erzählt Euch von Euren Erfahrungen«, heißt es in dem Aufruf. Hier können Beschäftigte von Corona-Fällen im Betrieb ebenso berichten wie von Arbeitsplätzen, an denen der Abstand nicht eingehalten werden kann. »Natürlich würden wir uns freuen, wenn wir auch berichten könnten, wie Beschäftigte erfolgreich die Produktion heruntergefahren haben«, erklärte eine Zero-Covid-Aktivistin gegenüber »nd«. Das ist auch das Ziel des gewerkschaftlichen Aufrufs. »Wir Gewerkschafter*innen wissen, dass wir die Pandemiebekämpfung durch einen solidarischen Shutdown selbst in die Hand nehmen und gestalten müssen«, heißt es dort. Als gemeinsames Ziel wird in dem Aufruf benannt, sich branchenübergreifend für die vorübergehende Schließung aller gesellschaftlich nicht dringend erforderlichen Bereiche der Wirtschaft stark zu machen, um Corona zu besiegen. Die Beschäftigten müssten dazu bei vollem Lohnausgleich freigestellt werden. 

Kritisiert wird, dass in der Freizeit strenge Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen gelten, Kinder zu Hause lernen müssen. Bibliotheken sind ebenso geschlossen wie Gaststätten, Kneipen und Kinos. Aber Ansteckungen am Arbeitsplatz, wie in deutschen Fleischfabriken, bei Airbus oder im Hamburger Hafen sowie auf dem Weg dorthin, werden ignoriert oder in Kauf genommen, kritisieren die Gewerkschafter*innen, die für einen Lockdown werben. Kritik an den Forderungen kommt von der Initiative »Feministischer Lockdown«. Sie erinnern daran, dass es Millionen Arbeitsplätze in der Daseinsvorsorge gibt, beispielsweise im Pflegebereich, sowie im Verkauf. Sie können nicht geschlossen werden. Da dort oft Frauen in prekären Verhältnissen arbeiten, befürchten sie, dass ein Lockdown wie ihn ZeroCovid fordert, für viele nicht solidarisch sein würde. Peter Nowak