Trotz starker Proteste weitete die schwarz-gelbe Koalition in Nordrhein-Westfalen die Befugnisse für die Polizei aus. Initiativen halten diese für verfassungswidrig.

Grundrechteverletzung durch Neuregelungen beklagt

Mit dieser Verfassungsbeschwerde könnten wir eine Grundsatzentscheidung erwirken, die der ›Telekommunikationsüberwachung ohne Grenzen‹ deutschlandweit einen Riegel vorschiebt«, so Digitalcourage.

Die Einführung schärferer Polizeigesetze sorgte vergangenes Jahr in verschiedenen Bundesländern für Proteste. Sie konnten die Verabschiedung der Gesetze in Brandenburg, Bayern oder auch Nordrhein-Westfalen aber nicht verhindern. In NRW wurde das Polizeigesetz Ende 2018 im Landesparlament verabschiedet. Doch der Widerstand ist damit nicht am Ende. Am Mittwoch reichte….

….. der Verein Digitalcourage Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz ein.
Die Beschwerde richtet sich gegen neue Bestimmungen im Paragraf 20c des Polizeigesetzes von NRW. Demnach muss ein Telekommunikationsanbieter bei einer richterlich genehmigten Telekommunikationsüberwachung der Polizei den Rohdatenstrom als »Überwachungskopie« zur Verfügung stellen. Das betrifft alle Daten, die über den Anschluss übertragen werden – Telefonie und Internet.
Michèle Winkler ist Referentin der Geschäftsstelle des Komitees für Grundrechte und Demokratie e.V. und eine der Beschwerdeführer*innen. Sie sagte dem »nd«, dass der juristische Weg lang und hürdenreich sei. Zunächst muss die Justiz klären, ob sie die Verfassungsbeschwerde annimmt. Wenn diese Hürde gemeistert ist, muss sich das Gericht mit dem Gegenstand der Beschwerde befassen. Das kann einige Jahre dauern. Dann könnte das Polizeigesetz in Gänze oder in Teilen für grundrechtswidrig erklärt werden. Das wäre ein großer Erfolg für die zivilgesellschaftliche Bewegung. Er hätte auch über NRW hinaus Bedeutung. »Mit dieser Verfassungsbeschwerde könnten wir eine Grundsatzentscheidung erwirken, die der ›Telekommunikationsüberwachung ohne Grenzen‹ deutschlandweit einen Riegel vorschiebt«, so Digitalcourage.
Zudem wird die mit den Überwachungsmaßnahmen verknüpfte Vorverlagerung der polizeilichen Eingriffsschwelle moniert. Die Polizei kann schon bei einer »drohenden Gefahr« eingreifen. Für Michèle Winkler handelt es sich um einen »unbestimmten Rechtsbegriff«, der einer Ausweitung der Polizeieingriffe den Weg ebnet. Nach der Einführung des Polizeigesetzes können Festgenommene, die sich weigern, ihre Identität preiszugeben, bis zu sieben Tage von der Polizei festgehalten werden. Davon waren Besetzer*innen im Hambacher Forst betroffen, die sich gegen die Kohleabbaggerung wehren.
Das Bündnis »Polizeigesetz NRW stoppen« spricht von einer »Lex Hambi« und kritisiert, dass Grundrechte von Demonstrant*innen massiv eingeschränkt wurden. Einige Menschen, die festgenommen wurden, haben ebenfalls den juristischen Weg beschritten und klagen wegen Einschränkung ihrer Grundrechte. Der Widerstand formiert sich bisher nur außerparlamentarisch. Die in NRW oppositionellen Grünen prüfen noch, ob sie gegen das Polizeigesetz juristisch vorgehen.

Peter Nowak

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