Mitten im Sommer brachten Mieter*innen der Holteistraße 19 und 19a über 150 Menschen in Friedrichshain auf die Straße

Mieter/innen der Holteistraße 19 zeigen Fortis Group die Zähne

Fast am Ende ihrer Demonstration wurden die Mietrebell/innen der Holteistraße von Bewohner/innen der Jessener Straße 41 mit einer musikalischen Einlage begrüßt. „Wir haben in den frühen 1990er Jahren das Haus besetzt und es so den Verwertungsinteressen der Immobilienbranche entrissen. Es ist uns eine Ehre, euch in eurem Kampf zu unterstützen“, erklärte ein Bewohner.

„Wir sind wütend, wir sind laut, weil man uns die Wohnung klaut“, skandieren die Mieter/innen in der Holteistraße 19 und 19a in Berlin-Friedrichshain. Am 20. Juli um 14 Uhr hatten sich ca. 150 Menschen vor den Häusern im Südkiez von Friedrichshain versammelt. Viele trugen Plakate mit der Aufschrift „SOS Holteistraße 19 und 19a“. Die 21 Mietparteien haben vor fünf Wochen erfahren, dass ihr Haus….

…..von der Fortis Group gekauft werden soll. Seitdem hat sich der Alltag der Mieter/innen verändert. Hausversammlungen wurden einberufen, Flugblätter gedruckt und Transparente bemalt. Die Demonstration durch Friedrichshain war der Höhepunkt der Aktivitäten der letzten Wochen. „Wir haben uns sofort erkundigt und festgestellt, dass diese Immobilienfirma kein unbeschriebenes Blatt ist”, berichtet Philipp Wachhholz, ein Mieter aus der Holteistraße 19. Paule Harzer, ebenfalls Mieter in dem Haus, lobt die gute Kooperation mit Mieter/innen anderer Häuser, die ebenfalls von der Fortis Group gekauft wurden. Dazu gehört die Samariterstraße 8 in Friedrichshain, die sich seit März 2019 gegen drohende Mieterhöhungen von bis zu 300 Prozent wehrt. Auch die Bewohner/innen der Lembachstraße 7 haben Modernisierungsankündigungen mit massiven Mieterhöhungen in ihren Briefkästen gefunden, nachdem das Haus von der Fortis Group gekauft wurde. „Es hat uns sehr geholfen, dass Mieter/innen anderer Häuser schon ihre Erfahrungen mit der Fortis Group gesammelt haben und sich wehren“, erzählt Pauler. Daher war Ziel der Demonstration, die beiden Häuser im Stadtteil zu besuchen, die sich ebenfalls gegenüber der Fortis Group die Zähne zeigen. „Miete vorher 700 Euro – Miete nachher 1700 Euro“ steht auf Transparenten an den Fenstern der Samariterstraße 8. Diese beiden Zahlen zeigen mehr als viele Worte, wogegen die Mieter/innen kämpfen: Gegen das Bestreben von Immobilienkonzernen, die Mieter/innen wie eine Zitrone auszupressen. „Es gibt kein Recht auf Profite“, erklärte die Bundestagsabgeordnete der Grünen Canan Bayram, die die Mieter/innen unterstützt. Die fordern von ihrem Parteifreund, dem Baustadtrat des Bezirks Kreuzberg-Friedrichshain Florian Schmidt, bei der Holteistraße 19 und 19 a das Vorverkaufsrecht wahrzunehmen und so zu verhindern, dass die Fortis Group zum Zuge kommt. Doch die Mieter/innen treten nicht als Bittsteller/innen an die Politik heran. Sie haben sich organisiert und stellen selbstbewusst Forderungen, wie auf der Demonstration durch den Stadtteil deutlich wurde. Auf dem Weg durch Friedrichshain schlossen sich weitere Bewohner/innen dem Zug an. 

Grüße von ehemaligen Hausbesetzer/innen 
Denn von Mieterhöhungen und Verdrängung betroffen sind nicht nur Mieter/inenn der Fortis Group. Ein Buchhändler in der Proskauer Straße hat eine Mieterhöhung um 400 Prozent bekommen, die er unmöglich zahlen kann. In Kreuzberg haben sich von Verdrängung betroffene Kleingewerbetreibende zusammengeschlossen und wehren sich. Vielleicht macht das Beispiel auch in Friedrichshain Schule? Fast am Ende ihrer Demonstration wurden die Mietrebell/innen der Holteistraße von Bewohner/innen der Jessener Straße 41 mit einer musikalischen Einlage begrüßt. „Wir haben in den frühen 1990er Jahren das Haus besetzt und es so den Verwertungsinteressen der Immobilienbranche entrissen. Es ist uns eine Ehre, euch in eurem Kampf zu unterstützen“, erklärte ein Bewohner. 

Peter Nowak