Die Rebellion erinnern

BRAND Der „Gemischtladen für Revolutionsbedarf M99“ in der Manteuffelstraße bleibt versiegelt

Eine Menschentraube steht vor den verschlossenen Türen des „Gemischtladens für Revolutionsbedarf M99“ in der Manteuffelstraße 99 in Berlin-Kreuzberg. Am Sonntagvormittag wurden alle Zugänge zu dem Laden und der Privatwohnung des Betreibers Hans-Georg Lindenau von der Polizei versiegelt. Eine Besucherin war mit einer Zigarette eingeschlafen und hatte am Sonntagmorgen eine Matratze in Brand gesetzt. Das Feuer war schnell gelöscht, aber für Lindenau sind die Folgen fatal. Zurzeit kann er sich nur noch in einem Raum im ersten Stock aufhalten. Auch nach einer Begehung von Ordnungsamt und Vattenfall am Montag blieben Laden und Privatwohnung versiegelt.

Ein Vattenfall-Mitarbeiter erklärte Lindenau, er könne nicht ausschließen, dass durch das Löschwasser des Feuerwehreinsatzes die Elektrik in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Lindenaus Anwalt Burhardt Dräger hingegen erklärte seinem Mandanten, die Räume seien weiter verschlossen, weil die Polizei wegen des Brands ermittle und das LKA eingeschaltet sei.

„Wenn die Sperrung des Ladens nicht aufgehoben wird, bin ich bald bankrott“, erklärt Lindenau gegenüber der taz. Er verliere jeden Tag etwa 500 Euro an Einnahmen.

Freuen über diese Entwicklung wird sich hingegen die Idema Immobilien- und Verwaltungsgesellschaft, die das Haus im letzten Jahr gekauft hat. Ende Februar entschied das Berliner Amtsgericht in erster Instanz, dass Lindenau den Laden und die Wohnräume bis zum 31. Dezember 2015 räumen muss. Dagegen wollte der Ladenbetreiber in die zweite Instanz gehen. Er verweist darauf, dass er als Querschnittgelähmter durch den Verlust von Laden und Wohnung besonders tangiert ist.

Auch gegen die Versiegelung will sich Lindenau wehren. Er hat mittlerweile ein „Protestschlafen“ vor dem Laden angekündigt. Dabei sollen Schlafsäcke und Isomatten mitgebracht werden. Einige UnterstützerInnen haben bereits ihre Beteiligung zugesagt. Schließlich gilt der Laden M99 in der linken Szene als eine Erinnerung an das rebellische Kreuzberg.

Der Pressesprecher der Polizei Stefan Redlich erklärte gegenüber der Taz, dass die Sperrung der Räume nicht wegen Brandschäden erfolgt sei. Vielmehr  seien Mauerdurchbrüche und  unsachgemäß verlegte Stromleitungen der Grund, weil eine Gefahr für die BewohnerInnen nicht auszuschließen sei. Über die Fortdauer    der Sperre entscheide die zuständige Bauaufsicht. 

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2015%2F03%2F10%2Fa0136&cHash=d57fc28f507ab8b3fcc9d6bf20a99569

Peter Nowak