Mitglied ohne Aufenthalt

Peter Nowak will, dass alle 
ver.di-Mitglied werden können

Die von der CSU angeschobene Kampagne gegen die angebliche Einwanderung von Armutsflüchtlingen in deutsche Sozialsysteme wird auch vom DGB zurückgewiesen. »Dass jetzt ausgerechnet aus christlichen Parteien, allen voran die CSU, Wahlkampf mit Ressentiments aus der untersten Schublade gemacht wird, ist schlicht verantwortungslos«, moniert Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Die Positionierung ist begrüßenswert, gerade weil auch manches DGB-Mitglied den populistischen Diskurs von Seehofer und Co. unterstützt.

Doch die Gewerkschaften könnten auch dafür sorgen, dass Migranten unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus bei ihnen Mitglied werden können. Das ist die Forderung von mehr als 550 Gewerkschaftern, die sich in einer Erklärung an den ver.di-Vorstand wandten. Der Anlass liegt in einer Auseinandersetzung beim ver.di-Landesbezirk Hamburg. Dort hatte der Sekretär Peter Bremme 300 Flüchtlinge der Gruppe Lampedusa-Hamburg aufgenommen, die seit Monaten für ein Aufenthaltsrecht in Deutschland kämpfen.

»In der Gewerkschaft haben wir eine Partnerin gefunden, die die Ungerechtigkeit, die uns angetan wurde, realisiert und diesen Kampf mit uns zusammen führt«, schrieben die Flüchtlinge an ver.di. Da hatte Bremme schon eine Abmahnung bekommen, weil er mit der Aufnahme die ver.di-Satzung verletzt habe. Da die Flüchtlinge weder lohnabhängig noch erwerbslos sind, erfüllen sie die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft nicht, heißt es in einem von ver.di in Auftrag gegebenen Gutachten. Die Entscheidung sorgte für Kritik. Muss eine Gewerkschaft die ausgrenzende Logik der deutschen Asylgesetze übernehmen, die Flüchtlingen eine Arbeitsaufnahme verbietet und so auch verhindert, dass sie sich erwerbslos melden können, fragten sich viele Gewerkschafter nicht nur bei ver.di.

Die Diskussion ist nicht neu. Bereits vor knapp zehn Jahren kämpfte das Respect-Netzwerk, in dem sich migrantische Hausarbeiterinnen organisiert hatten, für ihr Recht auf eine Gewerkschaftsmitgliedschaft, die zunächst in der Satzung ebenfalls nicht vorgesehen war. Sie hatten Erfolg. Seit einigen Jahren existieren in mehreren Städten ver.di-Arbeitskreise, die auch Beschäftigten ohne gültige Dokumente zu ihrem Recht verhelfen. Papierlos, aber nicht rechtlos, lautet ihr Motto. An diese positiven Beispiele sollte die Initiative für eine Mitgliedschaft unabhängig vom Aufenthaltsstatus anknüpfen. Damit würden die Gewerkschaften nicht nur ein wichtiges Signal gegen rassistische Ausgrenzung setzen. Sie würden auch deutlich machen, dass die Spaltung zwischen Flüchtlingen, die in der Realität trotz Verbots oft arbeiten müssen, um zu überleben, osteuropäischen Arbeitsmigranten, die mit der Hoffnung auf ein besseres Leben nach Deutschland kommen, und anderen Beschäftigten zumindest in ihren Organisationen der Vergangenheit angehört.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/920324.mitglied-ohne-aufenthalt.html

Peter Nowak


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