Der Druck steigt

Es ist selten geworden, dass studentische Vollversammlungen (VV) bis auf den letzten Platz besetzt und die Menge auch nach zwei Stunden nicht kleiner geworden ist. Doch in den letzten Wochen gab es mehrere solcher VV an der Freien Universität (FU) Berlin. »Der Druck steigt«, diese Parole auf einem Transparent trifft die Stimmung vieler Kommilitonen gut. Es ist der Druck durch immer höhere Leistungsanforderungen, der mit der Angst gekoppelt ist, das Arbeitspensum nicht zu schaffen – und von der Universität zu fliegen. Denn nach einer neuen Prüfungsordnung, die an der FU zum Wintersemester in Kraft treten soll und Grund für die Proteststimmung ist, sollen nur noch drei Prüfungswiederholungen möglich sein. Wer die nicht besteht, wird exmatrikuliert und hat an keiner Hochschule in Deutschland mehr die Möglichkeit, weiter zu studieren. Studierende, die mit den Leistungspunkten in Verzug sind, sollen sich in sogenannten Leistungsvereinbarungen zu »Maßnahmen zur Erreichung des Studienstils« verpflichten. Zudem soll die Anwesenheitspflicht wieder eingeführt werden, die beim letzten großen Bildungsstreik Gegenstand starken studentischen Widerstands war und daher wieder zurückgezogen wurde.

Weil es in letzter Zeit kaum Proteste gab, schien für die Hochschulleitung die Zeit günstig, mit der Prüfungsordnung den Leistungsdruck massiv zu erhöhen und studentische Rechte einzuschränken. Im nächsten Semester wird sich zeigen, ob auch der studentische Druck gegen die neue Prüfungsordnung noch wächst. Was in den letzten Wochen an Widerstand aufgeflackert ist, war ein guter Anfang. Um aber die neue Prüfungsordnung zu verhindern, müsste an die Bildungsstreiks der letzten Jahre angeknüpft werden.
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Peter Nowak