EU: Verdeckte Ermittler in der Kritik
In den vergangenen Jahren haben sich linke Aktivisten verstärkt länderübergreifend vernetzt, um gegen EU-Treffen, G8-Gipfel und NATO-Konferenzen zu protestieren. Aber auch die Polizeikräfte koordinieren sich verstärkt. So wurde nach dem Castor-Transport vom November 2010 heftig darüber diskutiert, ob der Einsatz französischer Polizisten legal gewesen sei. Mittlerweile gerät auch der länderübergreifende Einsatz von verdeckten Ermittlern verstärkt in die Kritik.
Simon Brenner nannte sich der eingeschleuste Polizeispitzel, der in der linken Szene Heidelbergs enttarnt wurde. Er hatte sich nicht nur an den Castor-Protesten und vielen anderen inländischen Aktionen sondern auch an einem europaweiten antirassistischen Camp in Brüssel Ende September 2010 beteiligt. Nach Informationen der Frankfurter Rundschau rief der V-Mann von dem Brüsseler Camp mit seinem Handy 47 Mal eine Nummer in Deutschland an. „Wählt man nun die Nummer, meldet sich ein Mann, der auf die Frage, ob er Angehöriger des Landeskriminalamts sei, sofort auflegt“, heißt es in der FR.
Auch in Großbritannien ist im Oktober 2010 ein in die linke Szene eingeschleuster Polizist mit europaweiten Kontakten enttarnt worden. Nach Recherchen des auf europäische Sicherheitspolitik spezialisierten Journalisten Matthias Monroy war der V-Mann unter dem Alias-Namen Mark Stone „immer wieder bei Aktionen, Demonstrationen und Camps in EU-Staaten unterwegs und unternahm Fahrdienste oder verlieh großzügig seinen UMTS-Stick für mobiles Internet“. Er sei häufig zu Besuch in Berlin gewesen und war auch bei den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 aufgetaucht.
Kleine Anfrage mit vielen Lücken
Der Bundestagsabgeordnete der Linken Andrej Hunko wollte in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung zum Komplex „Grenzüberschreitende Ermittlungen und Observationen“ wissen, wie verdeckte Ermittlungen auf deutschen Hoheitsgebiet zustande kommen. „Hierzu werden aus einsatztaktischen Gründen weder Negativ- noch Positivauskünfte erteilt“, lautete die Antwort. Das war allerdings nicht die einzige unbeantwortete Frage. So sei der Bundesregierung die Anzahl der grenzüberschreitenden verdeckten Ermittlungen nicht bekannt, weil keine Statistiken darüber geführt werden. Über die Anzahl der von Deutschland ausgeliehenen verdeckten Ermittler an andere Länder lagen ebenso wenig Zahlen vor, wie über mögliche strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen ausländische Polizeikräfte. Aufgeführt wurden in der Antwort auf die kleine Anfrage allerdings die verschiedenen bilateralen Verträge zwischen den europäischen Staaten, die die Grundlage für die grenzüberschreitenden Ermittlungen bieten.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/187939.spitzeln-ohne-grenzen.html?sstr=verdeckte|Ermittler
Peter Nowak