Kritisch bis in die Schnipsel

Das Filmfestival Globale mit Beiträgen zu Arbeitswelt, Emanzipation und Israel
 
Einblicke in die internationale Arbeitswelt: Szene aus dem Film »Terra Extrema«
Foto: Globale
»Wir haben keinen Slogan. Wir haben etwas zu zeigen.« So wirbt das am heutigen Donnerstag beginnende globalisierungskritische Filmfestival Globale für sich. Bis zum 2. Juni werden im Kino Moviemento in Kreuzberg und in den Räumen des Vereins allmende e.V. gesellschaftskritische Filme gezeigt. Daneben gibt es eine Reihe von Diskussionsveranstaltungen, bei denen auch der selbstkritische Rückblick auf die eigene Geschichte nicht fehlen soll.

Im Jahr 2003 startete eine Gruppe junger Kunstschaffender, Studierender und Gewerkschafter die erste Globale. Damals hatte die globalisierungskritische Bewegung gerade ihren Zenit überschritten und das Festival sollte Bilder liefern, die mehr als nur Propaganda waren. Damals machte das Zauberwort vom Medienaktivismus die Runde. Im Jahr 2010 bietet das Festival nun die Gelegenheit, ein Resümee zu ziehen. Was ist aus der Idee der Demokratisierung der Medien geworden? Hat das Internet wirklich die Spielräume für politisches Handeln erweitert? So lauten denn auch einige der Fragen, denen sich am Samstag ab 14 Uhr eine Diskussionsrunde widmet.

Noch aus der 68er-Bewegung und ihren Nachwirkungen stammt ein weiteres Zauberwort: die sexuelle Revolution. Eine Filmreihe widmet sich der Frage, ob der Traum von Ausbruch aus alten Zwängen nicht zu neuer Frauenunterdrückung geführt hat und ob im Porno noch emanzipatorische Elemente zu finden sind. Dass die Globale heiße Eisen nicht scheut, zeigt auch die Reihe zum Thema Israel. Dabei soll nicht der die deutschen Linken polarisierende Streit über das Verhältnis zwischen Palästinensern und Israelis, sondern die unterschiedlichen Facetten innerhalb der israelischen Gesellschaft im Mittelpunkt stehen. Die wachsende Bedeutung von orthodoxen jüdischen Gemeinden in Israel wird ebenso Thema eines Filmes sein, wie die Bedeutung der Marke Jaffa-Orangen, die in Israel nicht nur geschätzte Exportprodukte sind, sondern auch ein Symbol für die Fruchtbarmachung der Wüste. Ein weiterer Film widmet sich der der Frage, wie linke Israelis über ihren Staat denken.

Wie in den vergangenen Jahren werden auch auf dieser Globale im Komplex »Labour-Movies« Themen aus der Arbeitswelt im Mittelpunkt stehen. Dabei wird es um den Konflikt im Berliner Kino Babylon ebenso gehen, wie um einen langjährigen, am Ende erfolgreichen Streik im mexikanischen Reifenwerk Euskadi. Im Film »Der Gewinn der Krise« geht es um die Frage, wie Menschen mit den Krisenfolgen umgehen. »Die Fragen nach den politischen Spielräumen in der ›Krise‹ werden sowohl im Film als auch in den Diskussionen einen wichtigen Stellenwert haben«, erklärt Globale-Sprecher Tobias Hering. Allerdings hat die Globale nicht erst wegen der momentanen Krise einen kapitalismuskritischen Anspruch, betont er. Zudem sieht es Hering als einen besonderen Erfolg, dass die Globale auch im sechsten Jahr ihre Unabhängigkeit bewahrt hat und den gerade bei Kulturprojekten häufigen Weg der Kommerzialisierung erfolgreich umgehen konnte.

Zudem hat die Globale auch den zweiten Teil des Begriffs »Medienaktivismus« immer ernst genommen. So findet am 30. Mai um 17 Uhr eine Videovorführung vor dem Ausreisezentrum in der Motardstraße in Berlin-Spandau statt, in dem geduldete Flüchtlinge leben. Und am 6. Juni findet als Abschlussaktion der Globale um 17 Uhr ein kritischer Rundgang durch das Deutsche Historische Museum statt. Dabei soll 125 Jahre nach der Berliner Afrikakonferenz ein kritischer Blick auf den deutschen Kolonialismus geworfen werden. Ab 20.30 Uhr soll es dann an der Temporären Kunsthalle Filmschnipsel zum Thema geben.

Mittlerweile hat die Globale in verschiedenen deutschen Städten, aber auch in Polen und Uruguay Nachahmer gefunden.

Bis 2. Juni, Moviemento, Kottbusser Damm 22, weitere Infos unter www.globale-filmfestival.org

 http://www.neues-deutschland.de/artikel/171734.kritisch-bis-in-die-schnipsel.html

Peter Nowak