
Am 19. September 1991 starb Samuel Yeboah durch einen rassistischen Brandanschlag in Saarlouis-Fraulautern. Fast 34 Jahre später wird eine offizielle Gedenktafel am Rathaus der Stadt an den Geflüchteten aus Ghana erinnern. Dabei existiert die Sandsteintafel schon seit fast 25 Jahren. »Sie entstand zum zehnten Jahrestag der Ermordung von Samuel Yeboah und war bereits…
… am 19. September 2001 kurz am Rathaus angebracht«, erinnert sich Roland Röder. Er ist Geschäftsführer der Aktion 3. Welt Saar, tragende Säule eines antifaschistischen Bündnisses, das sich seit vielen Jahren für ein würdiges Gedenken an Yeboah einsetzt.
Die Tafel trägt die Aufschrift: »In Erinnerung an Samuel Yeboah, Flüchtling aus Ghana. Am 19.9.1991 durch einen rassistischen Brandanschlag in Saarlouis ermordet.« Damals wurde die Tafel innerhalb kurzer Zeit von der Stadt wieder entfernt. Umso wichtiger ist für Röder, dass die Verwaltung von Saarlouis die damals abgelehnte Tafel am Freitag im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung offiziell übernimmt.
Für die Antifaschist*innen ist das erfreulich. »Es passiert ja nicht alle Tage, dass ein Oberbürgermeister von der CDU eine dezidiert antifaschistische Gedenktafel auf Dauer öffentlich ausstellt und sie noch dazu von Antifaschisten überreicht bekommt«, sagt Röder. Seine Mitstreiter*innen und er blicken auf einen Jahrzehnte währenden Kampf um ein würdiges Gedenken zurück.
»Als Aktion 3. Welt Saar haben wir zusammen mit dem Saarländischen Flüchtlingsrat und der Antifa Saar nicht aufgehört, an den Fall zu erinnern – gegen den Widerstand der Stadt Saarlouis«, betont Röder. Diese kontinuierliche Arbeit hatte auch maßgeblichen Anteil daran, dass es 2023 und 2024 doch noch zu Prozessen gegen zwei der mutmaßlichen Täter kam, von denen zumindest einer, Werner S., Ende 2023 zu einer Haftstrafe von sieben Jahren verurteilt wurde. Der Neonazi, der ihn wohl zu der Tat angestiftet hat, wurde dagegen im Juli 2024 freigesprochen.
»Unsere Arbeit führte entscheidend dazu, dass sich 2019 eine Zeugin bei der Polizei meldete. Diese ermittelte dann zum ersten Mal in diesem Mordfall seriös, professionell und drehte jeden Stein viermal um«, erzählt Röder. Und es gab für die Antifaschist*innen noch weitere Erfolge. »Zusätzlich gelang es uns, genug politischen Druck aufzubauen, sodass der Landtag einen Untersuchungsausschuss, einen Opferentschädigungsfonds und die Stelle eines Antirassismus-Beauftragten einsetzte«, bilanziert Röder die späten Früchte der Arbeit seiner Initiative.
Doch mit Kritik an Behörden spart er weiterhin nicht: Saarlouis betreibe ein »Erinnern ohne Vergangenheit«, findet er. »Jetzt möchte man an Samuel Yeboah erinnern, aber man klammert die eigene, mehr als 30 Jahre währende Vertuschung und Verharmlosung aus und ebenso die Diffamierung der wenigen, die die Erinnerung an ihn und den brutalen Anschlag wachhielten.«
2001 hatte die Stadt die Gedenktafel nicht einfach entfernen lassen, sondern auch Anzeige erstattet. Das hatte eine langwierige Prozessserie gegen den Anmelder der Demonstration zum Gedenken an Yeboah am 19. September 2001 zur Folge.
Röder weist derweil auch auf den gesellschaftlichen Kontext hin, in dem der Brandanschlag geschah, bei dem Yeboah mit nur 27 Jahren starb. Er kritisiert dabei auch den langjährigen saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine, damals SPD. Die Kommunalpolitik wie auch die Landespolitik unter Lafontaine hätten sich geweigert, die Tatsache anzuerkennen, »dass es im beschaulichen Saarland eine aktive Nazi-Szene gab, die die Region Saarlouis als ›national befreite Zone‹ betrachtete«. Röder erinnert daran, dass zahlreiche weitere rechte Anschläge, die in den 90er Jahren im Saarland verübt wurden, bis heute nicht aufgeklärt sind. Peter Nowak