Ein satirisches antirassistisches Plakat ruft die Staatsanwaltschaft auf den PlanRechte Chat-Gruppen in der Polizei werden immer wieder publik. Statt das Problem zu untersuchen, wird nach Künstler*innen gefahndet, die darauf aufmerksam machen wollen.

Seehofers Rache

Unterstützung kommt auch von der Politik. »Wir sind solidarisch mit dem Adbusting-Kollektiv Dies Irae.Wir brauchen gerade in diesen Zeiten mehr und nicht weniger engagierte politische Kunst«, so Linke-Geschäftsführer Jörg Schindler. Aktionskunst vom Verfassungsschutz und dem Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum verfolgen zu lassen, sei in einer Demokratie eine dramatische Fehleinschätzung. Auch der Grafiker Klaus Staeck, der selber zahlreiche Verfahren wegen seiner Plakate hatte, wendet sich gegen die Kriminalisierung.


»Polizeiproblem« ist groß auf dem Plakat zu lesen, auf dem der ehemalige Bundesinnenminister Horst Seehofer mit einer Augenklappe mit Polizeiemblem abgebildet ist. In Spiegelstrichen werden die Vorteile dieser Augenklappe aufgeführt: »Macht Studie zu rassistischer Polizei überflüssig« heißt unter anderem auf dem Plakat. Damit soll auf den Kontext aufmerksam gemacht, in dem das Plakat entstanden ist. In verschiedenen Bundesländern waren immer …


… wieder rechte Chat-Gruppen bekanntgeworden, in denen sich Polizist*innen mit rassistischen und teilweise neonazistischen Inhalten austauschten. Viele zivilgesellschaftliche Organisationen und Abgeordnete von Grünen und Linke forderten daraufhin eine unabhängige Untersuchung über rassistische Einstellungen bei der Polizei. Doch Seehofer sah schon in einer solchen Untersuchung eine Vorverurteilung der Polizei und lehnte ab. In diese Auseinandersetzung wollten die unbekannten Künstler*innen mit dem satirischen Plakat intervenieren, das im letzten Jahr in verschiedenen deutschen Städten aufgetaucht war. Gar nicht lustig fanden die verfremdete Darstellung wohl Seehofer und seine Beamt*innen. Sie stellen Anzeige wegen verfassungsfeindlicher Verunglimpfung von Verfassungsorganen.
Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden ermittelt seitdem gegen ein angebliches Mitglied des Kunstkollektivs Dies Irae. Unter diesen Namen haben sich in der Vergangenheit Unterstützer*innen zu Wort gemeldet. Im Oktober 2019 gab es einen ersten Prozess in Berlin. Der Aktivist wurde beschuldigt, satirische Plakate über die Polizei, die AfD und die Bundeswehr verbreitet zu haben. Es gab eine Hausdurchsuchung bei ihm. Plakate wurden nach DNA-Spuren untersucht und sogar das Antiterrorabwehrzentrum war involviert. Doch das Gericht stellte das Verfahren gegen eine Geldbuße von 1200 Euro ein.
Obwohl er damit nicht vorbestraft ist, hat der damals Beschuldigte nun erneut Post von der Justiz bekommen. »Als Revanche-Foul hat die Polizei mich beim BKA in eine Datenbank eingetragen. Trotz der Einstellung des Verfahrens werde ich dort als Mitglied des Adbusting-Kollektiv Dies Irae geführt und gelte als der übliche Verdächtigte«, erklärte der Mann, der nicht namentlich in der Presse erwähnt werden will. Dabei kamen die Juristen Andreas Gutmann und Andreas Fischer-Lescano in einer Studie zu dem Schluss, dass die satirische Verfremdung von Plakaten kein Straftatbestand ist. »Adbusting fällt grundsätzlich in den Schutzbereich der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Je nach Ausgestaltung ist auch die Kunstfreiheit berührt.«
Unterstützung kommt auch von der Politik. »Wir sind solidarisch mit dem Adbusting-Kollektiv Dies Irae.Wir brauchen gerade in diesen Zeiten mehr und nicht weniger engagierte politische Kunst«, so Linke-Geschäftsführer Jörg Schindler. Aktionskunst vom Verfassungsschutz und dem Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum verfolgen zu lassen, sei in einer Demokratie eine dramatische Fehleinschätzung. Auch der Grafiker Klaus Staeck, der selber zahlreiche Verfahren wegen seiner Plakate hatte, wendet sich gegen die Kriminalisierung. Peter Nowak

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