Die Gruppe »Widerständige Alte« protestiert gegen US-Atomwaffen in Büchel

Lieber ins Gefängnis statt zu zahlen

Die Veteranen der Friedensbewegung waren wegen »Hausfriedensbruchs« zu jeweils 30 Tagessätzen und Übernahme der Verfahrenskosten verurteilt worden, weil sie am 23. Juli 2018 ohne Erlaubnis der Bundeswehr auf der Startbahn des Militärflugplatzes Büchel für die Beseitigung der dort stationierten US-Atombomben und das Verbot aller Atomwaffen demonstriert hatten.

Verfassungsbeschwerden sind für die Karlsruher Richter tägliches Geschäft. Doch jene, die am Montag von der Kölner Journalistin Ariane Dettloff, der Grundschullehrerin Susanne Großmann aus Erlangen, der Ärztin Brigitte Janus aus Nürnberg und dem Diakon Herbert Römpp aus Hilpoltstein eingereicht wurde, ist in mehrfacher Hinsicht ein Novum. Die vier Beschwerdeführer*innen übergaben die Schriftstücke am Montagvormittag persönlich dem Bundesverfassungsgericht. Sie haben sich zudem zu der Gruppe ….

…. »Widerständige Alte« zusammengeschlossen. »Wir sind alle zwischen 69 und 79 Jahre alt, und die meisten von uns waren schon früher in der Friedensbewegung aktiv«, begründet Ariane Dettloff gegenüber »nd« die Namensgebung. So wie die »Omas gegen rechts« wollen auch die »Widerständigen Alten« deutlich machen, dass Senior*innen durchaus noch gesellschaftspolitisch aktiv sein können. Für Dettloff soll das auch eine Inspiration für jüngere Menschen sein. In die Klage über die angeblich unpolitische Jugend mag sie allerdings nicht einstimmen. Sie verweist darauf, dass sich auch an antimilitaristischen Protesten in letzter Zeit junge Menschen beteiligt haben.

Dettloff und ihre Mitstreiter*innen haben auch deutlich gemacht, dass Aktionen des zivilen Ungehorsams keine Altersbegrenzung kennen. Eine solche Aktion war schließlich der Grund für die Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht und die Mahnwache in Karlsruhe am Montag. Die Veteranen der Friedensbewegung waren wegen »Hausfriedensbruchs« zu jeweils 30 Tagessätzen und Übernahme der Verfahrenskosten verurteilt worden, weil sie am 23. Juli 2018 ohne Erlaubnis der Bundeswehr auf der Startbahn des Militärflugplatzes Büchel für die Beseitigung der dort stationierten US-Atombomben und das Verbot aller Atomwaffen demonstriert hatten.

Die Gruppe hat sich in mehreren Instanzen erfolglos gegen die Verurteilung gewehrt. Mit der persönlichen Abgabe der Beschwerde protestierten die Senior*innen auch dagegen, dass die Justiz die Argumente der Atomwaffengegner*innen gar nicht zur Kenntnis nimmt. In den vorangegangenen Verfahren hätten es die Gerichte in Cochem und Koblenz abgelehnt, »die Frage zu beantworten, inwieweit die Bundeswehr in Büchel Übungen mit atomaren Massenvernichtungswaffen durchführen darf«, erklärten die Vier.

»Sämtliche Beweisanträge zur Völkerrechts- und Verfassungswidrigkeit der Atomwaffen haben die Gerichte zurückgewiesen«, kritisiert Dettloff im Gespräch mit »nd«. Dabei hatten die Senior*innen sich gründlich mit diesen Fragen auseinandergesetzt. So haben sie auf die Folgen eines Atomwaffeneinsatzes bis hin zum »nuklearen Winter« hingewiesen. Dieser würde durch den dichten Explosionsrauch eine flächendeckende Verdunkelung, Temperatursenkung auf wenige Grad über Null über Monate hinweg und nachfolgende globale Ernteausfälle und Hungersnöte erzeugen. Damit wäre das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit der Bevölkerung massiv verletzt, so ihre Argumentation.

Auch mit der Wahrscheinlichkeit eines Unfalls mit den US-Atombomben oder eines versehentlich ausgelösten Atomkriegs beschäftigten sich die Gerichte nicht. Die Antimilitarist*innen fragen sich, warum sie wegen Hausfriedensbruchs verurteilt wurden, wenn sie in Büchel gegen die Atomwaffenlagerung protestierten. Das Nutzungsrecht der Bundeswehr an dem Flugplatz sei nur so weit geschützt, wie das Gelände zu legalen Zwecken verwendet würde.

»Unser Recht, auf der Startbahn gegen Übungen mit verbotenen Massenvernichtungswaffen zu protestieren, muss schwerer wiegen als das Recht der Bundeswehr, dort unbehelligt solche Übungen durchführen zu können«, meint Susanne Großmann. Die »Widerständigen Alten« wollen ihren Protest fortsetzen, auch, wenn sie in Karlsruhe mit ihrer Beschwerde keinen Erfolg haben. Einige der Senior*innen wollen lieber ins Gefängnis gehen, als die Tagessätze zu bezahlen, zu denen sie verurteilt wurden. Peter Nowak