Berliner Polizisten

Polizisten-Party vor Gericht

Polizeischüler haben einen schwarzen Basketballspieler mit Affengeräuschen beleidigt. Sie wurden zu Geldstrafen verurteilt. Einer wurde befördert.

BERLIN taz | Am 27. April 2018 besuchte der Sozialarbeiter Sören S. mit einer Gruppe migrantischer Jugendlicher ein Basketballspiel in der Mercedes-Benz-Arena. Doch statt eines tollen Spiels waren die BesucherInnen mit einer rechten Männergruppe auf den Nachbarplätzen konfrontiert. „Schräg gegenüber von unseren Plätzen fielen meiner Kollegin und mir sieben Männer auf, die kurz nach Spielbeginn einen schwarzen Spieler der gegnerischen Mannschaft mit Affengeräuschen beleidigten“, erzählt S. Als vor der Halbzeitpause aus der Gruppe dann …

…„Sieg und Heil“-Rufe ertönten, reichte es ihm. Er erstattete noch im Stadion Anzeige. Bei der Kontrolle fand die Polizei auf den zwei Handys der Männer Inhalte mit rechtem Gedankengut. Am 16. Mai fand der Prozess gegen drei der Männer vor dem Amtsgericht Tiergarten statt. Dort stellte sich heraus, dass es sich bei der Männergruppe um Polizeischüler handelt, die den Geburtstag eines Kollegen gefeiert hatten. Vor Gericht erklärte der Beschuldigte Tobias B., er sei mit anderen in die „Sieg“-Rufe des Alba-Fanblocks eingefallen, „Heil“-Rufe habe er aber nicht gehört.

Auch die PolizistInnen, die die Gruppe nach S.s Anzeige kontrolliert hatten, wurden vernommen. Eine Polizistin erklärte, dass die Gruppe bereits in der Vergangenheit wegen der Verletzung von Polizeidienstvorschriften in einem rechten Kontext aufgefallen sei. Die Staatsanwaltschaft sah es in ihrem Plädoyer als erwiesen an, dass alle drei Angeklagte durch verfassungsfeindliche „Sieg Heil“-Rufe aufgefallen sind.

Befördert trotz Anzeige

Das Gericht verurteilte die drei Männer zu Geldstrafen in unterschiedlicher Höhe: Zwei Angeklagte müssen, da sie noch Polizeianwärter sind, Geldstrafen von 40 Tagessätzen à 30 Euro bezahlen, der dritte Angeklagte, der unterdessen zum Polizeimeister auf Probe befördert wurde, muss Tagessätze von 50 Euro zahlen.

Für Sören S. ist die Beförderung eine beunruhigende Nachricht. „Er wurde in den Polizeidienst berufen, obwohl das Verfahren schon lief, wenn auch noch kein Urteil gefallen war. Das ist vor allem vor dem Hintergrund der Debatte um rechte Tendenzen auch bei der Berliner Polizei unverständlich“, erklärte er gegenüber der taz. Niklas Schrader, der für die Linke im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt, bereitet dazu eine parlamentarische Anfrage vor. Von der Pressestelle der Berliner Polizei war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu bekommen. Peter Nowak

Zu diesem Artikel veröffentlichte die Taz diesen Leser*innenbrief:

Recht und Ordnung

„Berliner Polizeischüler: Wegen ,Sieg Heil‘-Rufen vor Gericht“,taz.de vom 28. 5. 19
Es gibt Untersuchungen dazu, dass in Berufen, die mit einem Machtstatus einhergehen (also wo man als Individuum Vertreter der „Staatsgewalt“ spielen darf), der Anteil autoritär, intolerant und rechtsradikal gesinnter Menschen überdurchschnittlich hoch ist.

Entsprechende Vorkommnisse in Polizeibehörden und Einheiten der Bundeswehr gab es ja schon häufig: den Fall Oury Jalloh, die Vorfälle beim Kommando Spezialkräfte, der Berliner LKA-Beamte, der private Kontakte zu den Neuköllner Rechtsextremisten pflegt, welche er beschatten sollte, die Polizisten in Hessen, die Drohbriefe an die türkischstämmige Anwältin eines NSU-Hinterbliebenen geschrieben haben …

Hatte selbst in meinem Bekanntenkreis Vorfälle, wo sehr friedliebende und sozial kompetente Menschen, die in keinerlei kriminelle Aktivitäten involviert sind, von Polizisten misshandelt wurden – und das offenkundig nur wegen ihres nichtgermanischen Phänotyps. Das Ganze wurde dann nach einem kurzen Presseecho vom Berliner Polizeisprecher im RBB Fernsehen geleugnet. Natürlich hätten die Beamten nur ordnungsgemäß ihren Dienst verrichtet und strafbare Handlungen seien nicht erkennbar gewesen. Iko Rohm, taz.de

Diesen Artikel nahm ein Kollege zur Grundlage für einen Beitrag im Lover Class Magazin:

https://lowerclassmag.com/2019/06/21/wer-darf-eigentlich-bulle-sein/