Keine Schlacht

KIEZ Die lange Woche der Rigaer Straße geht recht ruhig zu Ende

„Wo finde ich das Treffen der Erstbesetzer der Liebigstraße?“, fragt ein Mittvierziger im Infoladen „Daneben“. Der Mann kam aus Stuttgart angereist, um ein Vierteljahrhundert später noch einmal mit den Menschen zusammenzutreffen, die 1990 Teil der Ostberliner BesetzerInnenbewegung waren. Das Wiedersehen fand im Rahmen der Langen Woche der Rigaer Straße statt, zu der zahlreiche der ehemals besetzten Häuser und alternativen Projekte rund um die Rigaer Straße eingeladen hatten  (taz berichtete). Am Samstag war zeitweise kein Durchkommen rund um die Straße. An Essensständen wurden Pizza und Veganes auf Spendenbasis angeboten. In vielen
Häusern sowie auf öffentlichen Plätzen wurden Workshops abgehalten. Dabei ging die Polizei immer wieder gegen das Aufstellen von Infoständen vor, weil diese – wie die gesamten Aktivitäten der Langen Woche – nicht angemeldet worden waren. Doch die in den Boulevardmedien seit Wochen prophezeiten Straßenschlachten blieben auch am Wochenende aus. Selbst die Demonstration gegen „Verdrängung und Polizeigewalt“, an der sich am Freitagabend rund 600 Menschen beteiligten, endete nur mit kleinen Geplänkeln –
und zahlreichen Festnahmen. Viele NachbarInnen ließen sich am Samstag nicht davon abschrecken, sich an der Aktionswoche zu beteiligen. Einige monierten den Lärm, der durch den Generator verursacht wurde, mit der die Polizei einen Lichtmast mit Strom speiste, der einen Teil der Rigaer Straße ausleuchtete. In einem auf der Homepage der Aktionswoche dokumentierten offenen Brief haben sich einige Mieter der Rigaer Straße mit den OrganisatorInnen der Langen Woche solidarisiert: „Wir wohnen teilweise mehrere Jahrzehnte in der Rigaer Straße. Wir sind Mieterinnen und Mieter und wir wollen hier wohnen bleiben. Wir gehen täglich mit offenen Augen durch
unseren Kiez und sehen täglich Erscheinungen, die uns Sorgen machen“, beginnt der Brief, in dem Beispiele für aktuelle Verdrängungen
auf der Straße beschrieben und für ein gemeinsames Vorgehen über die Aktionswoche hinaus geworben wird.
aus Taz:  13.7.2015  Printausgabe

Peter Nowak