Erinnerung an die Folterhölle


Berliner Antifaschisten planen Gedenkort im ehemaligen KZ Sonnenburg

Das KZ Sonnenburg wurde 1933 zum Inbegriff des NS-Terrors gegen politische Gegner. Heute ist das Lager im polnischen Słonsk weitgehend vergessen. Berliner Antifaschisten wollen dort einen Erinnerungsort einrichten. Sie stellten das Projekt am Mittwochabend in Berlin vor.

Der KPD-Politiker Rudolf Bernstein veröffentlichte 1934 in der Prager »Arbeiter Illustrierten Zeitung« den Artikel »Folterhölle Sonnenburg«. Der spätere Direktors des Staatlichen Filmarchivs der DDR war wie Tausende Nazigegner nach dem Reichstagsbrand im Februar 1933 verhaftet worden. Weil in Berlin nicht genügend Unterkünfte für die vielen Gefangenen vorhanden waren, nahmen die Nazis das Zuchthaus Sonnenburg wieder in Betrieb, das wenige Jahre zuvor von der preußischen Regierung wegen katastrophaler hygienischer Verhältnisse geschlossen worden war.

Doch die bis zu 1000 Häftlinge, in ihrer großen Mehrheit Kommunisten aus Berlin und Umgebung, die dort ab April 1933 einsaßen, hatten nicht nur unter Enge und schlechtem Essen zu leiden. Sie waren auch Demütigungen und Folter der brutalen SA-Wachmannschaften ausgesetzt.

Das Lager wurde im April 1934 geschlossen, aber mit Beginn des Zweiten Weltkrieges erneut eröffnet. Dorthin wurden Nazigegner aus allen von der Wehrmacht besetzten Ländern gebracht. In der Nacht vom 30. auf den 31. Januar 1945 wurden auf dem KZ-Gelände von der Gestapo über 800 Gefangene erschossen. Opfer dieses größten Massakers in der Endphase des NS-Regimes waren Angehörige einer kommunistischen Widerstandsgruppe sowie Gefangene aus Frankreich und Luxemburg. Die Täter wurden in Deutschland nie verurteilt.

Für Hans Coppi von der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) ist Sonnenburg in Deutschland heute weitgehend vergessen, weil es keine Lagergemeinschaft ehemaliger Insassen gibt. In einer Arbeitsgruppe der VVN-BdA, die sich für den Erinnerungsort an das Konzentrationslager einsetzt, arbeitet auch Kamil Majchrzak von der polnischen Edition der Zeitschrift »Le Monde Diplomatique« mit. Er betont gegenüber »nd« die politische Bedeutung des geplanten Gedenkortes. »In Zeiten der Rechtsentwicklung in verschiedenen europäischen Ländern soll dort daran erinnern werden, dass Widerstandskämpfer aus allen europäischen Ländern die Welt vom Nationalsozialismus befreiten.«

Die VVN-BdA hat eine Datenbank mit über 500 Namen von Häftlingen der »Folterhölle« zusammengestellt. Dabei konnte sie sich auf Vorarbeiten des polnischen Historikers und Leiters der lokalen Kommission zur Erforschung der deutschen Verbrechen in Polen, Przemysław Mnichowski, stützen. »Leider existiert nach wie vor keine vollständige Namensliste der auf dem Friedhof der Kriegsgefangenen verscharrten Opfer des Zuchthause«, erklärt Frieder Böhne vom Arbeitskreis der VVN-BdA.

Am 12. und 13. September soll in Słonsk auf einer Tagung über die Gestaltung des Gedenkortes mit Teilnehmern aus Polen, Deutschland, Luxemburg, Norwegen, Belgien beraten werden.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/826522.erinnerung-an-die-folterhoelle.html

Peter Nowak


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