Bei einem Camp im Kiel will das Bündnis »Rheinmetall Entwaffnen« gegen die Rüstungsindustrie mobilisieren

»Kiel entwaffnen – Rüstungsindustrie versenken«

Das antimilitaristische Bündnis hat in den vergangenen Jahren mit mehrtätigen Aktionscamps vor Rüstungsstandorten deutlich gemacht, dass Antimilitarismus in Theorie und Praxis möglich ist. Zweimal fand das Camp im niedersächsischen Unterlüss, dem Sitz des Rheinmetall-Konzerns, statt. Auch Oberndorf, der Heimatort der Rüstungsschmiede Heckler und Koch, wurde von den Rüstungsgegner*innen bereits besucht. Vor zwei Jahren besuchten sie Kassel, seit Jahrzehnten ein Hotspot der deutschen Rüstungsindustrie

Vom 3. bis 8. September planen Antimilitarist*innen aus verschiedenen Ländern in Kiel ein Camp unter dem Motto »Kiel entwaffnen – Rüstungsindustrie versenken«. Die Aktionstage sollen mit einer überregionalen antimilitaristischen Demonstration am 7. September in Kiel enden. Die norddeutsche Hafenstadt ist vielleicht manchen …

… als Ausgangspunkt der Novemberrevolution 1918 im Gedächtnis. Weniger bekannt ist, dass Kiel heute ein Hotspot der Rüstungsindustrie ist. Einen guten Überblick hierzu gibt die Broschüre »Militär und Rüstung in Kiel«, die mit Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Schleswig-Holstein und weiteren linken Gruppen 2003 herausgegeben wurde.

Obwohl das Papier vor mehr 20 Jahren erstellt wurde, gibt sie einen guten Einblick in das Geflecht von Firmen und Institutionen, die in Kiel Militarisierung vorantreiben. Das hat sich seit der nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine in Deutschland aufgerufene militaristische Zeitenwende noch weiter verstärkt.

Gerade in Zeiten der erklärten Kriegstüchtigkeit Deutschlands sieht der Sprecher des antimilitaristischen Bündnisses »Rheinmetall Entwaffnen« die Notwendigkeit, dagegen Widerstand zu leisten: »Wir werden bei den Aktionstagen in Kiel gemeinsam mit internationalen Freund*innen und Genoss*innen über Strategien für unseren gemeinsamen Kampf diskutieren und auch direkte Aktionen gegen Militär und Rüstungsindustrie durchführen«, erklärt der Antikriegsaktivist, der nicht mit Namen in der Zeitung genannt werden will.

Das antimilitaristische Bündnis hat in den vergangenen Jahren mit mehrtätigen Aktionscamps vor Rüstungsstandorten deutlich gemacht, dass Antimilitarismus in Theorie und Praxis möglich ist. Zweimal fand das Camp im niedersächsischen Unterlüss, dem Sitz des Rheinmetall-Konzerns, statt. Auch Oberndorf, der Heimatort der Rüstungsschmiede Heckler und Koch, wurde von den Rüstungsgegner*innen bereits besucht. Vor zwei Jahren besuchten sie Kassel, seit Jahrzehnten ein Hotspot der deutschen Rüstungsindustrie.

An allen bisherigen Camp-Standorten gab es Versuche von Polizei und Politik, das antimilitaristische Camp zu verhindern. »Erst gerichtlich konnten wir die gewünschten Plätze bekommen«, meint der Rheinmetall-Entwaffnen-Aktivist. In Kiel will das Bündnis in unmittelbarer Nähe der Werft, in der Rüstungsgüter produziert werden, die Zelte aufschlagen. Die Anmeldung ist kürzlich erfolgt, von den zuständigen Behörden gab es noch keine Reaktion.

Derweil sorgt das Thema Rüstung in der Kieler Stadtpolitik schon jetzt für Auseinandersetzungen. Am 13.6. hatte die Fraktion Die Linke/Die Partei in die Kieler Ratsversammlung einen Antrag unter dem Titel »Ostsee: Meer des Friedens« eingebracht. Dort fordert die Fraktion, die Ablehnung sämtlicher militärischer Übungen auf der traditionsreichen Kieler Woche. Dort haben sich in den vergangenen Jahren immer auch die Bundeswehr und die Nato in Szene gesetzt. Für die CDU erklärte deren Ratsmitglied Antonia Grage: »Dieser Antrag, dessen Überschrift blanker Hohn angesichts des Inhalts ist, ist mit seiner Zielsetzung in Gänze abzulehnen«.

Die CDU polemisierte mit der Parole »Wir stehen zu unserer Bundeswehr« dagegen und erklärt: »Als CDU-Ratsfraktion freuen wir uns über die Präsenz der Bundeswehr auf der Kieler Woche und über die lokal ansässigen Rüstungsunternehmen, die zur Wertschöpfung in Kiel beitragen«. Mit dieser Auseiandersetzung wird schon deutlich, dass das Camp auch für die Antimilitarist*innen in Kiel eine Unterstützung sein kann, gerade in Zeiten, in den bei den Rüstungskonzernen die Aktien steigen. Erst kürzlich wurde bekannt, dass die Bundeswehr dem Rheinmetall-Konzern einen Auftrag von 8,5 Milliarden erteilt hat.

Leserbrief zu dem Artikel in ND vom 23.7.24

Einige Themenvorschläge Zu »Kiel entwaffnen – Rüstungsindustrie versenken«, nd.Digital 15.7.; dasnd.de/1183700 

In Kiel soll Anfang September ein Camp »Kiel entwaffnen – Rüstungsindustrie versenken« stattfinden. Es ist absolut sinnvoll, dabei wie geplant »Strategien für den gemeinsamen Kampf« zu diskutieren. Dafür habe ich einige Themenvorschläge: Welche Ursachen und Bedingungen für Kriege sind seit den 80er Jahren gleich geblieben, welche haben sich verändert? Was kennzeichnet einen Aggressor? Ist es möglich, für den Frieden, aber ohne gegen den Aggressor zu kämpfen? Ist eine linke Militärpolitik Militarismus, ein Widerspruch in sich oder nötig? Und: Wird die Ostsee ein Meer des Friedens, wenn die Nato ihre Kriegsschiffe abzieht, oder wird sie ein Aufmarschgebiet für die Annexion des Baltikums durch Russland? Damit ließe sich ohne Weiteres eine Woche füllen, und dann wäre den Teilnehmer:innen vielleicht klarer, wofür eine Friedensbewegung heute mobilisieren sollte. Bernd Friedrich, Leipzig

Leserbrief im ND vom 31.7.2024

Andere Fragen
Zu »Einige Themenvorschläge«, Leserbrief B. Friedrich, 23.7., S.8
Auch ich hätte einige Vorschläge für das Camp »Kiel entwaffnen –
Rüstungsindustrie versenken«: Wer hat die russischen Gasleitungen in der Ostsee gesprengt – warum, und wer wurde dadurch geschädigt? Wer ist der Hauptverursacher der Kriege seit Ende des Zweiten Weltkrieges; wer war der Aggressor in Korea, Vietnam, Laos, Kambodscha, Somalia, Irak, Jugoslawien, Grenada, Libyen, Syrien, Afghanistan? Wer gibt das meiste Geld für Kriege,
Rüstung, Militär, Militärstützpunkte, Geheimdienste (und Konterrevolutionen) aus? Wer nutzt die BRD als größten »Flugzeugträger«? Welche Bedeutung haben die Antworten auf diese Fragen für die Weltfriedensbewegung?
Horst Jäkel, Potsdam