Das Spore-Haus in Neukölln verbindet Klimagerechtigkeit, ökologische Regeneration und Bildung

Erzählen und Zuhören

Vor drei Jahren wurde es in dem Backstein-Neubau am U-Bahnhof Leinestraße eröffnet. „An der Schnittstelle von Klimagerechtigkeit, ökologischer Regeneration und Bildung setzt die Spore-Initiative sich mit Kultur- und Lernprogrammen für biokulturelle Vielfalt ein“, heißt es in der Selbstbeschreibung.

In den hellen Räumen finden sich unterschiedliche Sitzgelegenheiten. Gemütliche Sofas wechseln sich mit Holzgestellen ab. Plötzlich hört man die Schreie von Vögeln. Sie gehören zu einer Video-Installation in der Mitte des großen Raumes. Nicht nur die Filme, auch die Kunstinstallationen in einem kleineren Raum im Parterre und in zwei großen Räumen im ersten Stock drehen sich um Klimagerechtigkeit, Bildung und die Ausbeutung des globalen Südens. Wir befinden uns im …

… Spore-Haus in der Hermannstraße 86 in Neukölln. Vor drei Jahren wurde es in dem Backstein-Neubau am U-Bahnhof Leinestraße eröffnet. „An der Schnittstelle von Klimagerechtigkeit, ökologischer Regeneration und Bildung setzt die Spore-Initiative sich mit Kultur- und Lernprogrammen für biokulturelle Vielfalt ein“, heißt es in der Selbstbeschreibung.

Indigenes Wissen

In den Filmen, die in deutscher, englischer und spanischer Sprache zu sehen sind, kommen Menschen zu Wort, die auf der Halbinsel Yucatán in Mexiko leben. Es sind indigene Intellektuelle wie Pedro Uc Be und Aktivist*innen der Escuela de Agricultura Ecológica U Yits Ka’an oder vom Kollektiv Suumil Móokt’aan.

Sie berichten sehr anschaulich, wie in den indigenen Gesellschaften Wetter- und Naturphänomene beobachtet werden. Aus der Art des Windes, dem Wellenschlag im Fluss oder bestimmten Wolkenformationen lassen sich Rückschlüsse auf das Wettergeschehen ziehen, was wiederum Einfluss auf die Zeit der Aussaat hat. Ein solches Erfahrungswissen über Natur und Wetter existiert in allen landwirtschaftlich geprägten Gesellschaften, die alltäglich mit Wetterphänomenen konfrontiert sind, und geht in den urbanen Gesellschaften auf der ganzen Welt verloren.

Kolonialismuskritik 

Allerdings wird im Spore-Haus die Zerstörung des indigenen Wissens fast ausschließlich mit der Kolonisierung in Verbindung gebracht. Hier wird dann oft Naturmystik statt Wissenschaft vermittelt. Das zeigt sich etwa in der Installation vom blutenden Seil, die dort zu sehen ist. Sie bezieht sich auf einen indigenen Mythos, nach dem Kosmos und Erde mit einem Seil zusammengehalten werden. Ein Stück dieses alten Seils sei von Frauen wie ein Heiligtum gehütet worden. Die Kolonisatoren hätten auf der Suche nach Goldschätzen das Seil mit einem Messer durchschnitten, das seitdem eine blutende Wunde habe.

Das kann man als einen Kommentar zum Zustand von Klima und spätkapitalistischer Gesellschaft lesen. Allerdings fällt auf, dass in all der Kritik am Kolonialismus und am Umgang mit der Umwelt kaum kritische Töne zur Wirtschaftsordnung zu finden sind. Stattdessen werden – für sich genommen bestimmt sinnvolle – Beispiele für ein anderes Leben im Kapitalismus vorgestellt. Da geht es um den Anbau von gesunden Lebensmitteln, das Kochen mit selbst angebauten Nahrungsmitteln, den Erhalt traditioneller Saatgutsorten, das Bauen mit lokalen Materialien oder das Erzählen von Geschichten. Erzählen und Zuhören, das sind zwei der Schlüsselworte im Spore-Haus, zu dem auch ein empfehlenswertes Café im Erdgeschoss gehört.

Peter Nowak 

Weitere Informationen und Programm: www.spore-initiative.org