Wie kann Erinnerungsarbeit von unten aussehen? In Fulda wurde kürzlich über Möglichkeiten des Gedenkens an Opfer rechter oder staatlicher Gewalt – auch gegen Widerstände – diskutiert.

Gedanken zum Gedenken

Die ehemalige Stadtverordnete der Offenen Linken Liste in Fulda Karin Masche skizzierte eine Möglichkeit um an Opfer rechter Gewalt zu gedenken. Derzeit wird am Stadtrand von Fulda ein neues Wohnviertel errichtet. Eine dieser neuen Straßen soll nach dem CDU-Politiker Walter Lübke benannt, der 2019 auf der Veranda seines Hauses von einem Neonazi ermordet wurde. „Warum in diesen Viertel nicht auch die beiden Opfer rechter Gewalt Dorit Botts und Enver Simcek erinnern, lautete die Frage von Karin Masche Letzterer hat mehrere Jahre bei den Gummiwerken in Fulda gearbeitet, bevor er sich als Blumenhändler selbstständig machte. Im Jahr 2000 wurde in seinem Blumenladen in Nürnberg vom NSU ermordet.

»Matiullah Jabarkhel 1.1.1997 – 14.4.2018 Fulda«. So lautet die Inschrift auf einem Gedenkstein, der vor einigen Tagen an der Stelle errichtet wurde, an der vor fünf Jahren der afghanische Geflüchtete durch Schüsse eines Polizisten gestorben ist. Die Aufstellung war eine Aktion von Unterstützer*innen des jungen Mannes, die sich nicht damit abfinden wollen, dass er, der Hilfe und Unterstützung durch den sozialpsychiatrischen Dienst gebraucht hätte, durch Polizeikugeln gestorben ist. Zuvor hatte der junge Mann, der sich in einem psychischen Ausnahmezustand befand, randaliert.  Am vergangenen Freitag diskutierten nun etwa 30 Menschen in Fulda darüber, wie ein unabhängiges Gedenken für Opfer von Gewalt durch Rechte oder des Staates aussehen kann. Das Aufstellen des Gedenksteins ohne behördliche Genehmigung wurde als Beispiel einer Gedenkaktion von unten angeführt.  Neben Matiullah Jabarkhel wurde auf der Veranstaltung auch an die Geschäftsfrau Dorit Botts erinnert, die am 17. August 2001 von einem …

… thüringischen Neonazi in ihrem Geschäft in der Fuldaer Innenstadt erstochen wurde. Obwohl die Frau mittlerweile offiziell als Opfer rechter Gewalt anerkannt wird, gibt es auch 23 Jahre nach ihrer Ermordung keinen Erinnerungsort in der Stadt.
»Der Kampf um eine unabhängige Erinnerungspolitik braucht einen langen Atem«, das war das Fazit des Vortrags von Stefan Dietl. Der Gewerkschafter und Publizist berichtete über den 25 Jahre währenden Kampf um das Gedenken an Klaus-Peter Beer, der am 7. September 1995 von zwei Neonazis in Amberg erschlagen und dann in den Fluss Vils geworfen wurde, weil er sich ihnen gegenüber als schwul geoutet hatte. Obwohl die brutale Tat als Vils-Mord bundesweit durch die Medien ging, war sie in Amberg schnell vergessen.
Ab 2003 organisierten junge Antifaschist*innen zum Jahrestag des Mordes jährlich Gedenkdemonstrationen und -veranstaltungen. Dietl berichtete, dass Medien, Stadtgesellschaft und Polizei in Amberg die Antifaschist*innen als Nestbschmutzer beschimpften, die dem Tourismus schaden würden. Es gebe in Amberg keine rechte Szene und wenn, dann wären die Antifaschist*innen daran schuld, war die mantraartig wiederholte Aussage des Amberger CSU-Bürgermeisters. »Sie haben gedacht, sie können die Proteste aussitzen, doch darin haben sie sich getäuscht«, erklärte Dietl. Vielmehr wurde die Forderung nach einem Gedenken für Klaus-Peter Beer auch von der Verdi-Jugend unterstützt, in der die jungen Antifaschist*innen aktiv wurden.
Im Jahr 2020 beschloss der Stadtrat von Amberg schließlich, eine Gedenktafel für das Opfer rechter Gewalt anzubringen. »Dass 25 Jahre nach der Tat der Mord an Klaus-Peter Beer nicht in Vergessenheit geriet, ist einzig und allein denjenigen zu verdanken, die trotz permanenter Einschüchterung von Rechts, trotz der Widerstände und Anfeindungen der örtlichen Politik, trotz der versuchten Repression durch Behörden und Polizei ihren antifaschistischen Protest über zwei Jahrzehnte hinweg auf die Straße und in die Öffentlichkeit tragen«, so Dietl.

Die ehemalige Stadtverordnete der Offenen Linken Liste in Fulda Karin Masche skizzierte eine Möglichkeit um an Opfer rechter Gewalt zu gedenken. Derzeit wird am Stadtrand von Fulda ein neues Wohnviertel errichtet. Eine dieser neuen Straßen soll nach dem CDU-Politiker Walter Lübke benannt, der 2019 auf der Veranda seines Hauses von einem Neonazi ermordet wurde. „Warum in diesen Viertel nicht auch die beiden Opfer rechter Gewalt Dorit Botts und Enver Simcek erinnern, lautete die Frage von Karin Masche Letzterer hat mehrere Jahre bei den Gummiwerken in Fulda gearbeitet, bevor er sich als Blumenhändler selbstständig machte. Im Jahr 2000 wurde in seinem Blumenladen in Nürnberg vom NSU ermordet . 

Peter Nowak

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