Die Ermittlungen gegen Beteiligte wegen des Verdacht auf Bildung einer kriminellen Vereinigung sind eingestellt, das Portal bleibt verboten.

Nicht nachweisbar kriminell – aber verboten: Indymedia linksunten

Getroffen wurde ein Organ der Gegenöffentlichkeit, das zu dieser Zeit allerdings auch unter Linken schon stark an Interesse verloren hatte. Indymedia trat als transnationales Medienzentrum erstmals während der Proteste gegen den WTO-Gipfel in Seattle 1999 in Erscheinund. Es war der Startschuss für eine weltweite globalisierungskritische Bewegung. Die Medienaktivistinnen und -aktivisten von Indymedia waren immer dabei und stellten die Infrastruktur, damit über die Proteste aber auch die staatliche Repression ungefiltert berichtet werden konnte.

Fast fünf Jahre nach dem Verbot des Portals linksunten.indymedia.org hat die Staatsanwaltschaft Karlsruhe die Ermittlungen wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung eingestellt. Die Freiburger Anwältin Angela Furmaniak, die einige der bisher Beschuldigten vertritt, hat die bereits am 12. Juli erfolgte Einstellung des Verfahrens bestätigt. Die bei Razzien im Jahr 2017 beschlagnahmten Datenträger seien bis heute nicht zu entschlüsseln gewesen, heißt es. Im August 2017 war die Unterseite des weltweiten Netzwerks Indymedia von Bundesinnenminister Thomas De Maiziere (CDU) nach dem Vereinsgesetz wegen mutmaßlich verfassungsfeindlicher Bestrebungen verboten worden. Wenige Wochen zuvor war der …

… G8-Gipfel in Hamburg von diversen, zum Teil auch militanten Protestformen begleitet worden. In der Folge begann eine Law-and-Order-Kampagne, an der sich Politiker von SPD bis AfD beteiligten. Die Rechtspartei hatte einen eigenständigen Antragfür das Verbot von sämtlichen Indymedia-Strukturen in den Bundestag eingebracht, der allerdings keine Mehrheit fand.

Doch die AfD wurde dazu auch gar nicht gebraucht. Das konnte die große Koalition von SPD bis CSU besser bewerkstelligen. Im Visier der Kampagne standen vor allem außerparlamentarische Linke. So sollten politischen Zentren Mietverträge gekündigt werden, weil sie für die Proteste gegen den G8-Gipfel geworben hatte.

Schnell stellte sich aber heraus, dass die Handhabe gegen diese linken Einrichtungen gar nicht gegeben war. Das Verbot der Plattform linksunten.indymedia nach dem Vereinsrecht sollte dann die politische Entschlossenheit des Ressortchefs De Maiziere wenige Wochen vor der Bundestagswahl signalisieren.

Die kurze Euphorie über den linken Medienaktivismus

Getroffen wurde ein Organ der Gegenöffentlichkeit, das zu dieser Zeit allerdings auch unter Linken schon stark an Interesse verloren hatte. Indymedia trat als transnationales Medienzentrum erstmals während der Proteste gegen den WTO-Gipfel in Seattle 1999 in Erscheinund. Es war der Startschuss für eine weltweite globalisierungskritische Bewegung. Die Medienaktivistinnen und -aktivisten von Indymedia waren immer dabei und stellten die Infrastruktur, damit über die Proteste aber auch die staatliche Repression ungefiltert berichtet werden konnte.

Schon früh waren deshalb die Indymedia-Aktivisten selbst Ziel von staatlicher Repression. Im Juli 2001 gingen die Bilder vom Sturm schwerbewaffneter Polizisten auf die Diaz-Schule in Genua um die Welt. Es war auch der Ort, von dem aus Indymedia über die massiven Proteste gegen den G8-Gipfel in der Stadt Nachrichten in alle Welt berichtete.

Die Euphorie des linken Medienaktivismus, die sich in ihren frühen Erklärungen niedergeschlagen hat, war aber bald verflogen. Immer mehr war die Rede davon, wie sich unterschiedliche rechte und irrationale Gruppen des Internets bedienen.

Begrenzte Solidarität

Im Jahr 2017, als Indymedia-Linksunten verboten wurde, hatten sich viele Aktivist*en längst andere Kommunikationsformen geschaffen Indymedia war als Informationsquelle auch deshalb nicht sicher, weil längst auch Rechte die Plattform gezielt mit Spam und Fake-Meldungen torpedierten. Daher hielt sich auch der Protest gegen das Verbot in Grenzen.

Eine größere linke Mobilisierung gab es im Januar 2020, als vor dem Bundesverwaltungsgericht die Klage gegen das Verbot nach dem Vereinsrecht verhandelt wurde. Vor Gericht gezogen waren die fünf Beschuldigten aus Freiburg, denen die Verbotsverfügung zugestellt worden war. Sie betonten, dass sie nie Mitglied eines Vereins gewesen seien und bestritten, dass es überhaupt einen Verein „linksunten.indymedia“ gegeben habe. Das Gericht nahm die Klage nicht an und entschied daher auch nicht über die Rechtmäßigkeit der Abschaltung des Mediums.

Gegen diese Entscheidung legten die Betroffenen Beschwerde eingelegt, über die aber noch nicht entschieden ist. Auch die Einstellung der Ermittlungsverfahren ändert nichts daran, dass die Plattform weiterhin verboten ist, wie die Bloggerin Detlef Georgia Schulze auf Twitter moniert. Erhalten geblieben ist das Archiv. Unter linksunten.indymedia.org können sich Interessierte weiterhin ein Bild von den Texten machen, die dort gepostet wurden.

Tatsächlich handelt es sich zum Großteil um Recherchen über faschistische und antisemitische Strukturen. Texte zur Gentrifizierung – also zur Verdrängung ärmerer Bevölkerungsteile aus den Innenstädten – finden sich dort aber ebenso wie Berichte über linke Aktionen, von Demonstrationen und Infoständen bis hin zu gelegentlichen Berichten über militante Aktionen.

Eine Zeit lang war dies tatsächlich ein Forum einer pluralen außerparlamentarischen Linken, das vor zwei Jahrzehnten große Begeisterung auslöste. Inzwischen hat die Plattform aus den verschiedenen Gründen an Bedeutung verloren. (Peter Nowak)