Ob die Proteste mehr als ein Strohfeuer sind? Sie sind jedenfalls sinnvoller als autoritäre Aktionen

Zero-Covid-Aktivisten gehen auf der Straße

Solche Aktivitäten sind auf jeden Fall sinnvoller, als irgendwelche Geschäftsleute, die mit fingierten Parteigründungsversammlungen die Versammlungsverbote kreativ umgehen wollen, mit der Parole "Corona-Leugner raus dem Kiez" anzugehen und sogar die Schließung von Lokalitäten zu fordern, wie es kürzlich in dem Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg geschehen ist. Gegen solche autoritären Anwandlungen sind die Proteste im Rahmen der Zero Covid-Days auf jeden Fall eine Alternative.

In den letzten zwei Wochen hat die Initiative Zero Covid für einige Diskussionen gesorgt. Fast hunderttausend Unterschriften wurden gesammelt. Fast täglich gibt es digitale Diskussionsveranstaltungen zu dem Thema. Am heutigen 5. Februar wollen nun die Befürworter eines solidarischen Lockdowns, wie die Zero Covid-Initiative ihren Vorstoß bewirbt, auf die Straße gehen. In zahlreichen Städten, darunter Berlin, Hamburg, Nürnberg, Darmstadt und Münster, sind pandemiegerechte Kundgebungen und andere Aktionen geplant. In Hamburg wurden gleich zwei …

… Aktionen vorbereitet, die auch thematisch die Schwerpunkte des Zero Covid-Days deutlich machen. Vor einem Nobelhotel wird gefordert, die in der Pandemie geschlossenen Gebäude für Wohnungs- und Obdachlose und Geflüchtete zu öffnen, die auf der Straße oder in Sammelunterkünften leben müssen. Vor einer Amazon-Auslieferungsstation wird gefordert, dass eine Produktion, die nicht den unmittelbaren Grundbedürfnissen dient, in der Pandemie eingestellt werden soll. Die Beschäftigten sollen stattdessen ein solidarisches Grundeinkommen bekommen.

„Wer hat, der gibt“

Die Proteste werden von dem Bündnis „Wer hat, der gibt“ initiiert, das bereits im Herbst in verschiedenen Städten Demonstrationen organisiert hatte. Marc Schneider, der bei „Wer hat, der gibt“ in Hamburg aktiv ist, erklärt gegenüber Telepolis, dass die Initiative die Zero Covid-Aktionen unterstützt, weil man die Forderungen teilt und so die unterschiedlichen linken Proteste, die es in den letzten Wochen gab, vereinheitlichen will.

An den heftigen innerlinken Debatten über Zero Covid wolle man sich nicht beteiligen. Gerade aus anarchistischen Kreisen wurde Zero Covid als autoritäre Dystopie kritisiert. Bereits vor einigen Wochen mobilisierte eine linke Initiative unter dem Motto „Fck 2020 – für ein besseres Morgen“.

Dort wurde bereits kritisiert, dass die privaten Kontakte komplett runtergefahren werden, während die Wirtschaft weiterlaufen muss und große Konzernen mit Millionen unterstützt werden, indes kleine Betriebe und Selbstständige reihenweise schließen. Hier ergeben sich Gemeinsamkeiten mit der Zero Covid-Initiative.

Deren eher deklamatorisches Ziel, das Virus auf null zu bringen, steht bei vielen Gruppen gar nicht im Mittelpunkt. Das bestätigt auch Mark Schneider. Dieses pragmatische Vorgehen wird auch dadurch begünstigt, dass die Zero Covid-Initiative „keinen Lockdown bei den Grundrechten“, also keine Verbote von Kundgebungen und Demonstrationen fordert, was auch Christian Zeller, einer der Unterstützer in einer Diskussionsveranstaltung bestätigte.

Corona am Arbeitsplatz

Am 5. Februar startet im Rahmen der Zero Covid-Days auch die Twitterkampagne #CovidAtWork. „Was in der Privatwirtschaft passiert, muss an die Öffentlichkeit. Erzählt Euch von Euren Erfahrungen,“ heißt es in dem Aufruf. Hier können Beschäftigte von Corona-Fällen in ihren Betrieben ebenso berichten wie von Arbeitsplätzen, an denen der Abstand nicht eingehalten werden kann. Es wird sich zeigen, ob und wie diese Form des Whistleblowings genutzt wird.

Die beste Basis für der Kampf um eine bessere Gesundheit auch im Betrieb ist natürlich eine Organisierung der Beschäftigten, die dann auch mal die Arbeit niederlegen können. Dann kann natürlich das Öffentlich-Machen von Missständen eine unterstützende Funktion haben.

Lockdown für Lohnarbeit statt Ausgangssperre

Es wird sich zeigen, ob die Proteste im Rahmen der Zero Covid-Days mehr als ein Strohfeuer sind. Die Forderungen zumindest sind auch über eine linke Bewegung hinaus vermittelbar. So besetzten vor wenigen Tagen in Offenbach Wohnungslose leerstehende Häuser, in denen sie vor der kalten Witterung Schutz suchten und wurden von der Polizei geräumt.

Die Initiative „Offenbach solidarisch“, die die Wohnungslosen unterstützte, forderte bereits vor Monaten einen Lockdown für Lohnarbeit statt Ausgangssperre.

Solche Aktivitäten sind auf jeden Fall sinnvoller, als irgendwelche Geschäftsleute, die mit fingierten Parteigründungsversammlungen die Versammlungsverbote kreativ umgehen wollen, mit der Parole „Corona-Leugner raus dem Kiez“ anzugehen und sogar die Schließung von Lokalitäten zu fordern, wie es kürzlich in dem Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg geschehen ist. Gegen solche autoritären Anwandlungen sind die Proteste im Rahmen der Zero Covid-Days auf jeden Fall eine Alternative. (Peter Nowak)